Jos Luhukay: "Ich unterschreibe alles, solange..."

Von dapd
Jos Luhukay schaffte schon mit dem FC Augsburg den Aufstieg in die Bundesliga
© Getty

Hertha BSC zählt nach dem bitteren Gang in die Zweitklassigkeit zu den Topfavoriten auf den Aufstieg ins Oberhaus. Trainer Jos Luhukay spricht im Interview mit der "dapd" über Saisonziele, Derbys als Herzensangelegenheit und die Nachwehen der Strafe durch den DFB.

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Frage: Herr Luhukay, Hertha BSC beschäftigte zuletzt vier Trainer in einer Saison. Bedeutet das für Sie nicht ein unkalkulierbares Risiko?

Jos Luhukay: Der Trainerjob ist immerzu mit Risiken verbunden. Es ist für mich Motivation und Herausforderung, Hertha zurück in die Bundesliga zu führen. Den sportlichen Ehrgeiz, diese Aufgabe zu bewältigen, habe ich.

Frage: Auf Sie wartet eine Menge an Problemen: Auch Otto Rehhagel hatte den Abstieg nicht verhindern können, als Spätfolge der chaotischen Relegation sind mit Torhüter Thomas Kraft und Lewan Kobiashwili nun zum Start der neuen Saison zwei Leistungsträger gesperrt. Und mit Raffael wurde der Star der Mannschaft verkauft.

Luhukay: Zum einen sind Probleme da, um sie zu lösen. Zum anderen ist Hertha ein großer Klub mit einem fantastischen Stadion und unglaublichem Fanpotenzial. Dazu ist es trotz der Abgänge nach wie vor eine gute Mannschaft. Ich glaube an dieses Team, wir haben eine gute Mischung gefunden.

Frage: War und ist es für Hertha sogar unerlässlich, nach den Vorkommnissen der vergangenen Saison vieles auf Null zu stellen?

Luhukay: Im Grunde fängt man doch vor jeder Saison bei Null an. Die Probleme, die Hertha in der Vergangenheit hatte, kann und will ich nicht beurteilen. Ich kann nur die Zukunft beeinflussen, das möchte ich langfristig tun. Bis jetzt bin ich sehr zufrieden, die Mannschaft ist fleißig; sie legt im Training hohe Bereitschaft an den Tag.

Frage: Als weitere Konsequenz der Relegationsspiele darf Hertha nach dem Urteil des DFB wegen des Fehlverhaltens der eigenen Fans für das erste Spiel gegen Paderborn maximal 27.500 Karten verkaufen. Inwieweit erachten Sie das Image von Hertha als dauerhaft beschädigt?

Luhukay: Ich hoffe und wünsche mir, dass es jetzt wieder nur um Fußball geht und wir so erfolgreich spielen, dass wir uns Sympathie und Anerkennung verschaffen. Was zu der Strafe durch den DFB geführt hat, darf sich in dieser Form natürlich nicht wiederholen. Zwar sind in der Zweiten Liga auch 27.500 Fans nicht immer Alltag, trotzdem würden wir gegen Paderborn selbstverständlich gerne mehr Zuschauer begrüßen. Aber so wollen wir denen, die dabei sein werden, ein sehr gutes erstes Spiel bieten.

Frage: Hertha steht von Beginn an unter Ergebnisdruck. Bedeutet es für Sie Last oder Antrieb, mit Berlin eine Mannschaft zu trainieren, die Öffentlichkeit und Medien zum Aufstiegsfavoriten erheben?

Luhukay: Vor allem Antrieb. Zwar hat die Mannschaft gegenüber der Bundesliga natürlich an Qualität eingebüßt, aber meine Motivation ist es, aus dem neuen Kader ein starkes Team zu formen.

Frage: Sie haben einst in der Medienstadt Köln gelebt und gearbeitet. Wie ist es jetzt in Berlin, noch "schlimmer"?

Luhukay: Es ist noch viel umfangreicher als damals in Köln. Das kann ich schon sagen, obwohl in der Vorbereitung noch nichts Entscheidendes passiert ist. Ich kann mir also vorstellen, wie es während der Saison sein wird, aber darüber, dann jeden Tag im Fokus zu stehen, mache ich mir keine Gedanken.

Frage: Wie schätzen Sie die Liga in dieser Saison ein: Von der "stärksten 2. Liga aller Zeiten" kann keine Rede sein - oder doch?

Luhukay: Das wird man abwarten müssen, bis die Mannschaften sich nach den ersten Spieltagen positioniert haben. Eine Gruppe von sechs, sieben Mannschaften wird sich jedenfalls ziemlich sicher nichts schenken im Kampf um die ersten drei Plätze.

Frage: Welche Mannschaften erwarten Sie da?

Luhukay: Neben Hertha die beiden anderen Absteiger Köln und Kaiserslautern, dazu 1860 München und St. Pauli. Und dazu werden wie immer ein oder zwei Überraschungsmannschaften kommen.

Frage: Womöglich auch Herthas Berliner Rivale 1.FC Union? Und werden die Derbys auch für Sie etwas Besonderes sein?

Luhukay: Natürlich kann auch Union vorne mitspielen, warum nicht! Derbys sind in erster Linie zwar Herzensangelegenheiten für die Fans, aber aus meiner Vergangenheit mit Köln und Mönchengladbach kann ich sagen, dass solche Spiele auch für Trainer und Spieler speziell sind. Es geht in ihnen um die Ehre und darum, sich die Sympathie der Fans zu erspielen.

Frage: Aber am Ende zählt nur der Aufstieg. Zählt für Sie nur Platz eins oder zwei oder ist auch der Relegationsrang gestattet?

Luhukay: Ich unterschreibe alles, solange Hertha am Saisonende aufsteigt. Am liebsten wäre mir das über Platz eins oder zwei, aber notfalls akzeptiere ich auch, wenn uns die Hintertür Relegation zurück in die Bundesliga führt.

Jos Luhukay im Steckbrief