Hogler Stanislawski: "In Köln ist es extremer"

Von dapd
Holger Stanislawski verließ 1899 Hoffenheim und ging zum 1. FC Köln
© Getty

Der 1. FC Köln steht nach dem Abstieg und aufgrund wirtschaftlicher Probleme vor einem Neuanfang. Trainer Holger Stanislawski mahnt im Interview mit der "dapd" zu Bescheidenheit. Außerdem: Stani über die Chancen auf namhafte Transfers und "Gewalttäter, die den Fußball als Hüpfburg missbrauchen".

Cookie-Einstellungen
AD

Frage: Herr Stanislawski, lieben Sie in Köln die Herausforderung oder eher das unkalkulierbare Risiko?

Stanislawski: Der 1. FC Köln ist ein wahnsinnig interessanter Verein. Der Klub hat mit seinen Fans, mit dem Stadion, mit der Stadt, mit dem Umfeld ein unglaubliches Potenzial. Diesen Umbruch mitzugestalten bedeutet eine riesen Herausforderung für mich und ich bin stolz darauf, diesen Weg mit ebnen zu dürfen.

Frage: Obwohl mit Podolski der Star weg ist und ein Manager gesucht wird?

Stanislawski: Ich bin sicherlich nicht der Typ, der nach großen Namen schreit, obwohl kein Geld da ist. Es ist wichtig mit den Mitteln auszukommen, die einem zur Verfügung stehen. Wir stecken momentan in einer schwierigen Situation. Der Klub ist hoch verschuldet, große Transfers sind da nicht drin. Aber auf diese Herausforderung, mit einer guten Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern etwas aufzubauen, freue ich mich.

Frage: War und ist es für den FC in gewisser Hinsicht sogar von Vorteil, sich nach den Vorkommnissen der vergangenen Chaos-Saison in vielen Bereichen weitestgehend auf Null gestellt haben zu können?

Stanislawski: Die Kontoauszüge, die uns regelmäßig ins Haus flattern, müssen wir ernst nehmen. Wirtschaftlich ging es dem Verein schon mal besser und diesen Zustand wollen wir mittel- bis langfristig wieder erreichen. Wir stehen vor einem Neuanfang. Geld ist kaum vorhanden und der Verein und die Stadt wissen um diese Situation. Auf uns wartet spannende Arbeit.

Frage: Inwieweit belasten die schweren wirtschaftlichen Probleme Sie und die Arbeit mit der Mannschaft?

Stanislawski: Die wirtschaftliche Situation macht uns das Leben natürlich nicht einfacher. Ich wusste ja bereits im Vorfeld, was auf mich hier zukommt. Wenn ich mir das nicht zugetraut hätte, wäre ich jetzt sicherlich nicht in Köln, sondern am Strand unter Palmen. Es bringt nichts zu jammern und zu meckern, wir müssen die Situation so annehmen, wie sie ist und das Beste daraus machen.

Frage: Als weitere Konsequenz des Abstiegsjahres darf Köln nach dem Urteil des DFB wegen des Fehlverhaltens der eigenen Fans für das erste Spiel gegen Sandhausen maximal 22.500 Karten verkaufen. Inwieweit erachten Sie das Image des FC als dauerhaft beschädigt?

Stanislawski: Schläger, Kriminelle und Gewalttäter, die den Fußball als Hüpfburg missbrauchen, auf der sie sich austoben können, sind für mich nicht zu akzeptieren. Die Vorfälle aus der Vergangenheit sind weiterhin ein Thema mit denen sich der Verein intensiv beschäftigt. Das sehen Sie unter anderem daran, dass unser Präsidium den Dialog mit den Anhängern sucht und transparent und regelmäßig mit den Fans und Mitgliedern kommuniziert. Das ist der richtige Weg. Miteinander reden war schon immer das beste Mittel.

Frage: Bedeutet es für Sie Last oder Antrieb, mit Köln eine Mannschaft zu trainieren, die Öffentlichkeit und Medien zum Aufstiegsfavoriten erheben?

Stanislawski: Als Hamburger bin ich den Pressedruck gewohnt, obwohl es in Köln noch etwas heftiger zugeht. Diesen Verein zu trainieren bedeutet eine riesen Herausforderung und ich freue mich auf diese Aufgaben. Ob andere uns am Ende der Saison auf Platz eins, zwei oder acht sehen, interessiert mich nicht. Wir wollen erfolgreich Fußball spielen, nicht mehr und nicht weniger.

Frage: Was an der Medienstadt Köln ist im Vergleich zu Hamburg "noch etwas heftiger"?

Stanislawski: In Hamburg geht natürlich auch die Post ab, aber in Köln ist noch ein bisschen extremer. Daran merkt man, was der Verein in der Stadt für eine Wucht ausübt, welchen Stellenwert er hier besitzt und was er für die Leute hier bedeutet. Das ist schon einmalig.

Frage: Wie schätzen Sie die Liga in dieser Saison ein: Von der "stärksten 2. Liga aller Zeiten" kann keine Rede sein - oder doch?

Stanislawski: Die Liga wird wahnsinnig umkämpft sein, am Pfeffer wird es auch in dieser Saison nicht fehlen. Hertha BSC und Kaiserslautern wollen mit Sicherheit schnell wieder hoch. 1860 München und St. Pauli sind gestandene Mannschaften. Auch Ingolstadt und Braunschweig darf man nicht unterschätzen.

Frage: Sie haben in Ihrer Aufzählung den 1.FC Köln vergessen. Zählt für Sie nur Platz eins oder zwei oder ist auch der Relegationsrang gestattet?

Stanislawski: Alle drei Plätze wären für uns ein Erfolg, aber ich werde den Teufel tun und jetzt von meiner Mannschaft einen dieser Plätze einfordern. Wir stecken in einem Neuanfang. Die Jungs müssen sich finden und einspielen. Alles andere wird man sehen.

Holger Stanislawski im Steckbrief