Taylor: "Wenn Ausländer, dann Klinsmann"

Von Interview: Kevin Bublitz / Mark Heinemann
Paderborns Matthew Taylor kam vor der Saison von Rot Weiss Ahlen nach Ostwestfalen
© Imago

Vor drei Jahren kam Matthew Taylor aus den USA zum Fußballspielen nach Deutschland. Mittlerweile kickt der 29-Jährige beim SC Paderborn. Taylor im Interview über das "Bratwurst Festival", den neuen US-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann und seine Zeit als Mitspieler von Jay Goppingen.

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SPOX: Herr Taylor, wie zufrieden sind Sie mit dem Saisonstart des SC Paderborn?

Matthew Taylor: Wir stehen mit acht Punkten aus sechs Spielen im Mittelfeld. Mit dem Start können wir bis auf das Spiel bei Union Berlin doch zufrieden sein.

SPOX: Wohin führt der Weg des SCP in dieser Saison?

Taylor: Das ist schwer. Im Fußball geht es so schnell und mit einem Spiel kann sich alles ändern. Gerade in der 2. Bundesliga ist alles sehr dicht beieinander. Gewinnst du zwei Spiele, bist du oben dabei, verlierst du diese Spiele, steckst du plötzlich in der unteren Tabellenhälfte.

SPOX: Sie haben in den ersten vier Pflichtspielen vier Tore erzielt, fanden sich aber zuletzt nur von der Bank wider. Kann man da trotzdem zufrieden sein?

Taylor: In der Liga habe ich nur ein Tor gemacht, aber auch nicht so viel gespielt. Ich denke, wenn ich auf dem Platz stand, habe ich meine Leistung gebracht. Ich habe mein Ziel und das lautet nicht, von der Bank zu kommen. Um das zu erreichen, muss ich mich noch steigern und weiter hart arbeiten. Aber klar, es ist nicht leicht, wenn man auf der Bank sitzt.

SPOX: Sie hätten nach Ihrer Zeit beim FSV Frankfurt den leichten Weg zurück in die USA wählen können. Wieso sind Sie geblieben?

Taylor: Ich bin noch nicht fertig hier. Meine Zeit in Frankfurt war schwer und es wäre sicher leichter gewesen, wieder in die Heimat zu gehen. Aber ich möchte mich hier beweisen und zeigen, dass ich erfolgreich in der 2. Liga spielen kann. Und natürlich möchte ich mir einen guten Namen in den USA machen, die nächste Weltmeisterschaft wäre für mich ein Traum. Dazu muss ich mich beim SCP unverzichtbar machen und spielen, sonst habe ich keine Chance, in die Nationalelf berufen zu werden.

SPOX: Sie stammen aus Columbus in Ohio. Eines der beliebtesten Wohnviertel dort ist das German Village. Da kann es ja kein Zufall sein, dass Sie Ihr Geld nun in Deutschland verdienen.

Taylor: Ich bin dort zwar geboren, habe aber seit meinem dritten Lebensjahr in Kalifornien gewohnt. Ich habe dort noch Familie und ich weiß, dass sie da das "Bratwurst Festival" feiern. Es ist kein Geheimnis, dass die Amerikaner die deutsche Küche und Kultur sehr mögen. Das war aber nicht der Grund, wieso ich nach Deutschland gekommen bin.

SPOX: Sondern?

Taylor: Ich war in Australien und habe dort Paul Agostino kennengelernt. Er meinte, dass ich meine Zeit in Australien verschwende und in Deutschland spielen müsse. Er hat mir dann einen Kontakt vermittelt und so bin ich damals in Koblenz gelandet.

SPOX: War für Sie immer schon klar, dass sie Profifußballer werden möchten?

Taylor: Nein. Bis zu meinem 16. Lebensjahr habe ich alles Mögliche gespielt - Football, Basketball, Baseball. Die Entscheidung habe ich erst an der High School getroffen. Ich habe gemerkt, dass ich beim Fußball am meisten Spaß habe. So richtig ernsthaft betreibe ich den Sport also erst seitdem ich 17 Jahre alt war.

SPOX: Was vermissen Sie am meisten hier in Deutschland?

Taylor: Das sonnige Wetter! Es gibt einige Dinge, die mir fehlen. Meine Familie, meine Freunde, der Strand und das Essen. Mein erstes Jahr war schwer, da habe ich wirklich alles vermisst. Aber mittlerweile fühle ich mich sehr wohl hier. Paderborn ist eine sehr schöne Stadt und Deutschland ist ein sehr nettes und offenes Land - nur den Winter könntet ihr abschaffen (lacht).

SPOX: Wie sehr wird Fußball in den USA denn mittlerweile wahrgenommen?

Taylor: Das ist in den letzten Jahren viel, viel besser geworden. Als ich jung war, gab es kein Fußballformat im amerikanischen Fernsehen. Wenn ich heute zu Besuch bin, kann ich rund um die Uhr Fußball gucken. Egal ob Bundesliga, Primera Division oder die Premier League - das Angebot ist mittlerweile sehr gut.

SPOX: Jürgen Klinsmann ist nun neuer Nationaltrainer. Ist das der nächste Schritt für den Fußball in den USA?

Taylor: Ich glaube, es ist für beide Seiten einen Versuch wert. Jürgen lebt schon lange in Amerika und fühlt sich sehr wohl. Er kennt nicht nur den amerikanischen Fußball seit weit über einem Jahrzehnt, sondern eben auch die Mentalität. Wenn ein ausländischer Trainer mit einem großen Namen für diese Position in Frage kommt, dann ist es Klinsmann.

SPOX: Klinsmann hat in Deutschland viele neue Ansätze eingebracht. Dafür musste er später auch viel Kritik einstecken, auch wenn einige Ideen bis heute Bestand haben. Wird er es in den USA leichter haben?

Taylor: Man muss doch erstmal festhalten: Jürgen hat Lust auf Fußball.Ich finde, das ist immer gut. In den USA kann man sicher noch einige Dinge probieren und in andere Bahnen lenken, weil der Fußball nicht so extrem unter dem Mikroskop seziert wird. Das Interesse der Presse hält sich noch in Grenzen. Er wird in Ruhe arbeiten und seine Ideen verwirklichen können. Das ist nicht nur eine gute Chance für den amerikanischen Fußball, sondern auch für Jürgen.

SPOX: Sie haben mit Klinsmann gemeinsam bei den Orange County Blue Stars gespielt. Er lief damals unter dem Decknamen "Jay Goppingen" auf. Sie wussten aber schon, wen Sie vor sich haben, oder?

Taylor: (lacht) Na klar, der falsche Name stand nur auf dem Spielberichtsbogen. In der Kabine wussten natürlich alle Bescheid. Ich denke, er hat das nur gemacht, um Ruhe vor den europäischen und besonders vor den deutschen Medien zu haben. Uns war es aber allen klar, wer da mit uns auf dem Platz steht. Das war natürlich eine überragende Sache für uns.

SPOX: Was konnten Sie von dieser Erfahrung mitnehmen?

Taylor: Man kann immer von den besten Spielern der Welt lernen. Es sind die kleinen Dinge, die Bewegungsabläufe, das Verhalten vor dem Tor. Jürgen ging damals auf die 40 zu, aber auf dem Platz war er immer noch jung, ist viel gelaufen und hatte immer noch unheimlich viel Spaß am Tore schießen. Davon abgesehen war er immer sehr freundlich und hat viele Späße gemacht.

Matthew Taylor im Steckbrief

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