Die Entdeckung der 2. Liga

Von Haruka Gruber
Fehlt dem VfL Bochum verletzt beim Saisonfinale gegen den MSV Duisburg: Kevin Vogt
© Imago

Früher duellierte er sich mit Mario Götze und Lewis Holtby, Kevin Vogt selbst blieb aber unter dem Radar. Diese Saison gelang ihm der Durchburch: In der U 21 - und als neues Vorzeige-Talent des VfL Bochum. Im Fernduell gegen Greuther Fürth um den dritten Platz, der zur Relegation berechtigt, muss Trainer Friedhelm Funkel jedoch auf Vogt verzichten. Der 19-Jährige fällt wegen einer "üblen Szene" für das Saisonfinale gegen den MSV Duisburg (So., 13.15 Uhr im LIVE-TICKER) aus. Vogt über die folgenschwere Kollision, seine Seuche und Erinnerungen an Wurst und Fanta.

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SPOX: Am vergangenen Sonntag hielt jeder, der Ihre Kollision mit Osnabrücks Jan Tauer sah, den Atem an. Zunächst wurde bei Ihnen ein Kreuzbandriss befürchtet. Wie geht es Ihnen?

Kevin Vogt: Ich habe mir die Bilder im Fernsehen angeschaut und ich muss sagen: Das sah richtig übel aus. Die Kernspinuntersuchung hat ergeben, dass ich mir einen Innenbandriss zuzog, was mich ärgert, weil ich so das Saisonfinale verpasse. Andererseits muss ich froh sein, dass es kein Kreuzbandriss war und ich im Sommer wieder in die Vorbereitung einsteigen kann. Ich bin mir sicher: Auch ohne mich werden wir am letzten Spieltag Duisburg besiegen und unser großes Ziel erreichen.

SPOX: Sie klingen trotz des Ausfalls recht zuversichtlich. Dabei hätte man angesichts Ihrer trotz der Jugend langen Krankenakte erwarten können, niedergeschlagener zu sein.

Vogt: Ich hatte eine Zeitlang wirklich die Seuche: Bänderrisse in beiden Sprunggelenken, Außenbandanriss im Knie, der Bruch der rechten und linken Leiste - und das sind nur die schwerwiegenden Verletzungen, die mir spontan einfallen. Dafür stand ich in dieser Saison bis zum Osnabrück-Spiel die ganze Zeit zur Verfügung.

SPOX: Mit 17 Jahren gehörten Sie zu den Top-Talenten Deutschlands, mit 18 waren sie wegen all der Ausfälle fast vergessen. Was hat sich verändert?

Vogt: Drei Dinge haben mir besonders geholfen: Ich kenne meinen Körper mittlerweile besser und kann dadurch im Kraftraum spezifischer an den Schwachstellen arbeiten. Außerdem legte ich insgesamt fünf Kilo zu, um einfach mehr Masse zu haben. Und ich gehe nicht mehr so ungestüm in die Zweikämpfe, sondern verhalte mich cleverer.

SPOX: Und welche Rolle spielte Trainer Friedhelm Funkel für Ihren Durchbruch im Profifußball?

Vogt: Ich kann nur sagen: Danke. Dafür, dass er mir das Vertrauen geschenkt hat und mich mit seiner konstruktiven Kritik dazu ermutigt, mich immer weiter zu verbessern. Er fordert sehr viel von uns jungen Spielern - aber das verbindet er mit einer sehr guten Ansprache, ohne das Loben zu vergessen.

SPOX: Funkel war es auch, der in Ihnen einen Mittelfeldspieler moderner Prägung erkannte, obwohl Sie als reiner Defensivspezialist auf der Sechs oder in der Innenverteidigung galten.

Vogt: Mir gefällt es richtig gut, im Mittelfeld nicht nur abzuräumen, sondern auch offensiv gestalten zu dürfen, indem ich selbst die Initiative ergreife und in den Strafraum ziehe oder den letzten Pass spiele. So bin ich unberechenbarer und kann mich gleichzeitig ins Spiel gegen den Ball einbringen.

SPOX: Sie trafen in der Jugend auf Mario Götze oder Lewis Holtby. Während es diese schnell zu Prominenz schafften, wurden Sie trotz Begabung nie als herausragender Nachwuchsspieler wahrgenommen - wahrscheinlich auch, weil Sie im weniger glamourösen Bochum unter Vertrag stehen. Ärgerte Sie das?

Vogt: Das sind doch nur Klischees, die mich nie gestört haben. Der DFB ist früh auf mich aufmerksam geworden und mir selbst war immer klar, dass ich einigermaßen geradeaus laufen und mit dem Ball umgehen kann. Ich finde es klasse, was für einen Riesensprung Mario und Lewis gelungen ist. Heutzutage hat sich allerdings herumgesprochen, welch gute Arbeit in Bochum geleistet wird, sonst wären nicht Matthias Ostrzolek und ich jüngst zur U 21 berufen worden...

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SPOX: ...was Ihrem Marktwert nicht schadete. Warum haben Sie Ihren Vertrag dennoch vorzeitig bis 2014 verlängert?

Vogt: Ein Wechsel kam für mich schlicht und ergreifend nicht in Frage. Vorstand Thomas Ernst hat frühzeitig das Gespräch gesucht und mir den zukünftigen Weg des Vereins skizziert: Entscheidend sei es, weiter junge Spieler mit regionalem Bezug zu fördern. Das hat mir sehr gut gefallen. Die Entwicklung des VfL ist mir eine Herzensangelegenheit.

SPOX: Weil Sie gebürtiger Bochumer sind?

Vogt: Ich bin ein Bochumer Junge, durch und durch. Der Opa und der Vater haben schon bei meinem Heimatverein in Bochum-Langendreer gespielt. Und mein Vater ist wie ich dann zum VfL gewechselt, bis er in der A-Jugend wegen einer Verletzung aufhören musste.

SPOX: Waren Sie als Jugendlicher in der Ultra-Szene wie Manuel Neuer auf Schalke?

Vogt: Ein Hardcore-Fan war ich nicht. Aber sonst habe ich schon alles mitgemacht, was dazu gehört. Ich war Balljunge oder stand mit meinem Vater in der Ostkurve, mampfte eine Wurst und trank eine Fanta. Als Kind stellte ich mir vor, wie abgefahren es wäre, in diesem Stadion aufzulaufen und die gesamte Stadt zu repräsentieren.

SPOX: Das Verhältnis zwischen dem VfL und den anspruchsvollen Fans ist seit Jahren ein heikles Thema. Hat sie sich verbessert?

Vogt: Ich möchte nicht zu weit in die Vergangenheit abdriften. Aber auf diese Saison bezogen konnte ich vollkommen nachvollziehen, dass die Fans anfangs ihren Unmut geäußert haben. Unser Fußball war nicht schön und wir dümpelten im Mittelfeld herum. Da kann ich mich gut in die Fans hineinversetzen. Mit der Zeit jedoch haben alle registriert, wie sehr wir uns bemühen - und jetzt pushen wir uns gegenseitig. Dieses Zusammenspiel beflügelt - und wird uns dabei helfen, gegen Duisburg den dritten Platz zu sichern.

Bochums Vorzeige-Talent: Kevin Vogt im Steckbrief

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