Hansa versinkt nach Abstieg im Chaos

SID
Hansa Rostock muss erstmals den bitteren Gang in die 3. Liga antreten
© Getty

Schulden in Millionenhöhe, nur acht Spieler unter Vertrag, und die Lizenz hängt am seidenen Faden: Hansa Rostock versinkt nach dem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte in die 3. Liga endgültig im Chaos.

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Der einstige Leuchtturm des Ost-Fußballs ist vorerst ausgeknipst, vom direkten Wiederaufstieg redet an der Ostsee derzeit niemand. "Das ist der schwärzeste Tag für Hansa. Es wird einen heftigen Einschnitt geben", sagte Aufsichtsratschef Hans-Ulrich Gienke. "Das Wichtigste ist nun, die Lizenz zu bekommen und Hansa spielfähig in der 3. Liga zu machen."

Zwar steht Hansa sportlich nach dem 0:2 (0:1) im Relegationsrückspiel gegen den FC Ingolstadt (Hinspiel 0:1) völlig zu Recht in der 3. Liga. Angesichts des Schuldenbergs von etwa neun Millionen Euro will der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bis Ende des Monats Nachweise für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vereins sehen.

Umstrukturierung im Vorstand

Gienke will den DFB durch Gespräche mit Banken und Sponsoren sowie einem Sparkonzept zufriedenstellen. Gleichzeitig soll die Großbaustelle Vorstand angegangen werden, denn durch den Abstieg sind die Verträge der Führungskräfte ausgelaufen. "Wir haben uns einen Vorstandsvorsitzenden ausggeguckt und bereits Gespräche geführt", sagte Gienke. Hansa-Idol Stefan Beinlich sei dies aber nicht.

Trotz der katastrophalen Leistung in der Relegation wackelt der Stuhl von Trainer Marco Kostmann noch nicht. "Am Trainer werden wir aus der heutigen Sicht festhalten", sagte Gienke und fügte schnell hinzu: "Aber die endgültige Entscheidung überlassen wir natürlich dem neuen Vorstand."

Nur acht Spieler mit Vertrag

Die ohnehin aufgebrachten Fans werden solche Aussagen aber nicht unbedingt beruhigen. Während der Begegnung forderten die Anhänger bereits den Rauswurf von Kostmann, nach dem Spiel randalierten über 100 Vermummte vor dem Stadion und beschossenen den VIP-Parkplatz mit Pyrotechnik. Die mit 900 Beamten vertretene Polizei sorgte relativ schnell für Ruhe und nahm fünf Randalierer vorläufig fest.

Unstrittig ist, dass die Zusammenstellung einer konkurrenzfähigen Mannschaft schon eine fast unlösbare sein wird, ob der Trainer nun Kostmann ("Werde mich nicht davonstehlen") heißt oder nicht. Lediglich acht Spieler haben einen Vertrag für die 3. Liga, Dexter Langen ist der darunter der einzige Stammspieler.

Geht es nach den Fans, dürften sich außer Torwart Alexander Walke ohnehin alle Profis einen neuen Arbeitgeber suchen. Dabei ist der Keeper noch unentschlossen. "Ich habe mir über meine Zukunft noch keine Gedanken gemacht, war voll auf die Relegation konzentriert. Leider ist durch den Abstieg für die Menschen hier eine Welt zusammengebrochen", sagte Walke.

Rostock schielt nach Bielefeld

Beim Gehalt müsste der Schlussmann wohl große Einschnitte akzeptieren, sollte er bleiben. Der Etat dürfte sich auf etwa 7,5 Millionen Euro nahezu halbieren, die Fernsehgelder schrumpfen von fünf Millionen auf 800.000 Euro. Auch an der Geschäftsstelle dürfte der radikalste Umbau seit 20 Jahren nicht vorbeigehen, viele der Festangestellten zittern um ihren Arbeitsplatz.

Ein wenig Hoffnung auf den Klassenerhalt gibt es dennoch. In Rostock schaut man in den kommenden Wochen interessiert nach Bielefeld. Erhält die in finanzielle Schwierigkeiten geratene Arminia keine Lizenz, spielt Rostock im kommenden Jahr vielleicht doch noch zweitklassig.

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