Rostocks zaghafter Kampf gegen den freien Fall

Von Daniel Reimann
Auf verlorenem Posten: Rene Rydlewicz ist als Manager von Hansa Rostock umstritten
© Getty

Hansa Rostock taumelt dem Abstieg entgegen und flüchtet sich in Aktionismus. Der Vorstand musste gehen, der Manager durfte bleiben. Aber im Hintergrund zieht ein anderer die Fäden.

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Acht Spieltage ist die Rückrunde alt. Acht Spieltage, an denen der FC Hansa Rostock jämmerliche drei Pünktchen erbeutete.

Nachdem Hansa zu Beginn der Rückserie noch einen komfortablen Zehn-Punkte-Vorsprung auf den Relegationsplatz vorweisen konnte, schmolz dieses Polster auf schlanke zwei Zähler. Auch die Entlassung vom Retter der Vorsaison, Andreas Zachhuber, brachte nicht den erwarteten Umschwung.

Wirkung des Trainerwechsels verpufft

"Der erhoffte Effekt des Trainerwechsels ist nicht eingetreten", stellte Neu-Trainer Thomas Finck ernüchtert fest. Zur Bestätigung genügt ein Blick auf Fincks Start-Bilanz: Drei Spiele, ein Punkt, kein Tor.

Der harmlose Angriff ist eines der wesentlichen Probleme. Im internen Torschützen-Ranking unterbieten sich die Rostocker Offensivkräfte gegenseitig, die treffsichersten Spieler (Sebastian, Bartels, Jänicke) haben kümmerliche drei Tore erzielt. Die ungenügende Chancenverwertung lässt die Fans in aller Regelmäßigkeit verzweifeln.

200 Vermummte wollten VIP-Bereich stürmen

Schließlich verloren 200 Rostock-Anhängern nach der 0:1-Pleite gegen Ahlen die Fassung.

Der Mob von Vermummten versuchte, in den VIP-Bereich vorzudringen, um Vorstands-Boss Dirk Grabow an den Kragen zu gehen. Nur die Polizei konnte dies verhindern.

Bei der Bewertung dieser Aktion wurden die unterschiedlichen Ansichten in der Rostocker Führungsetage abermals deutlich. So sprach Sportchef Rene Rydlewicz von einer "verständlichen Reaktion", während Vorstands-Boss Dirk Grabow das Handeln der Fans zurecht verurteilte: "Es kann kein Verständnis für Gewalt, Hass und Zerstörung geben."

Grabow geht, Rydlewicz bleibt

Am Montag zog der Verein auf einer außerordentlichen Versammlung des Aufsichtsrates die nächste Reißleine - jedenfalls teilweise. Zwar wurde Dirk Grabow von seinem Amt als Vorstandsvorsitzender entbunden, er bleibt jedoch Schatzmeister.

Grabows freier Posten wird nun kommissarisch vom bisher ehrenamtlichen Marketing-Vorstand Jörg Hempel übernommen. "Wir wollten ein Signal nach außen setzen und den Verein in einer komplizierten Lage wieder in ruhigeres Fahrwasser leiten", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Ulrich Gienke.

Hektisch und aktionistisch

Der Wunsch der Rostocker Fans wurde immerhin in mancher Hinsicht erhört. Doch reicht die Symbolkraft dieser Halb-Entlassung aus, um im Abstiegskampf das Ruder noch herumzureißen und um die aufgebrachten Anhänger zu beruhigen?

Schon nach Zachhubers Entlassung änderte sich nichts. Wie durch die Entmachtung Grabows plötzlich der sportliche Erfolg eintreten soll, bleibt ein Geheimnis der Rostocker Führungsetage. Die Entscheidungen wirken hektisch und aktionistisch. Der ehemalige "Leuchtturm des Ostens" ist kein stabiler Fixpunkt mehr.

Beinlich als Schattenmann

Generell vermissen die Rostocker Anhänger die Entschlossenheit bei den Funktionären, den Abstieg um jeden Preis vermeiden zu wollen. Auch der neue Vorstand lässt Autorität und Konsequenz vermissen.

Der ebenfalls kritisierte Rydlewicz darf seinen Posten entgegen aller Erwartungen behalten. Ihm wurde, zumindest bis Saisonende, das Vertrauen ausgesprochen. "Wir sind nach wie vor davon überzeugt, mit ihnen und der aktuellen Mannschaft die Klasse zu halten", sagte Gienke.

Als potenzieller Nachfolger wird aber Stefan Beinlich gehandelt. Gerüchten zufolge soll dieser schon jetzt im Hintergrund in beratender Funktion tätig sein und die Fäden ziehen.

Grabow nicht mehr Hansa-Boss