"Beckenbauer hat Unrecht"

Von Kevin Bublitz / Mark Heinemann
Christian Beeck ist seit März 2007 Sportdirektor bei Union Berlin
© Imago

Als Spieler war Christian Beeck für seine harte Gangart bekannt, als Sportdirektor zeigt er auch andere Fähigkeiten. Im Interview spricht er über Union Berlins kuriosen Stadionumbau, die Einmaligkeit seines Vereins und Strukturprobleme im Osten.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Beeck, das neue Stadion ist endlich fertig und mit dem Test gegen die Hertha auch würdig eingeweiht worden. Sind Sie froh und erleichtert, endlich wieder richtige Heimspiele ausrichten zu können?

Christian Beeck: Wir sind sehr stolz auf unser renoviertes Stadion und freuen uns, endlich wieder zu Hause spielen zu dürfen.

SPOX: In der ersten Runde reist mit Werder Bremen gleich der nächste Bundesligist an. Freuen Sie sich, oder hätten Sie lieber erst einen kleinen Gegner gezogen?

Beeck: Mit dem Titelverteidiger haben wir einen richtigen Brocken bekommen, trotzdem wollen wir unsere kleine Chance nutzen.

SPOX: Wie groß ist die Vorfreude auf die 2. Liga?

Beeck: Die ist riesig, schließlich mussten wir fünf Jahre darauf warten. Für alle Beteiligten geht eine lange Leidenszeit vorbei.

SPOX: Sie starten mit zwei Heimspielen an den ersten drei Spieltagen in die neue Saison. Ein Vorteil?

Beeck: Das sage ich Ihnen, wenn die Saison gelaufen ist. Es kommt wie es kommt, wir müssen sowieso gegen alle spielen.

SPOX: Die Mannschaft war in der 3. Liga unheimlich abgeklärt und effektiv. Sie setzen auch in der 2. Liga vorrangig auf Ihr eingespieltes Team.

Beeck: Wir haben unseren Stamm behalten, weil wir von unseren Spielern überzeugt sind. Wir haben mit Brunnemann, Rauw sowie Peitz drei Spieler mit Zweitliga-Erfahrung dazu geholt. Wichtig wird unsere Geschlossenheit verbunden mit körperlicher und geistiger Robustheit sein, um den intensiveren Vorgängen in der 2. Liga standzuhalten.

Alle Transfers der 2. Bundesliga im Überblick

SPOX: Ein paar Worte zu Ihrem Trainer: Was macht Uwe Neuhaus aus?

Beeck: Uwe Neuhaus ist ein sehr akribischer, offener und ehrlicher Arbeiter der hundert Prozent zum 1. FC Union Berlin passt. Er hat einen riesigen Anteil am sportlichen Erfolg der letzten Jahre.

SPOX: Der Trainer hat sich in der letzten Saison auch dadurch ausgezeichnet, dass er aufflammende Unruheherde direkt erstickt hat. Eine extrem wichtige Eigenschaft, oder?

Beeck: Wir haben gemeinsam alle Probleme besonnen und im Sinne des Vereins entschieden. Die Ergebnisse geben uns recht, das wird auch in der kommenden Saison sehr wichtig werden.

SPOX: Viele Vereine sagen von sich, einmalig zu sein. Wieso ist Union ein Unikat?

Beeck: (lacht) Kommen Sie zu uns ins Stadion, dann wissen sie Bescheid. Das muss man erleben und fühlen. Beschreiben kann man es nicht.

SPOX: Stichwort Ostalgie: Wie gehen Sie mit der Gratwanderung um, kommerzieller werden zu müssen, um sich im Bundesligafußball etablieren, gleichzeitig aber noch authentisch wirken zu können?

Beeck: Wir sind bei diesem Thema auf dem richtigen Weg. Beides hat für uns eine hohe Wertigkeit und wir versuchen, keines von beidem zu vernachlässigen. Es ist schwierig, aber es ist möglich - das wollen wir beweisen.

SPOX: Einmalig sind sicher die Fans, die das neue Stadion in ihrer Freizeit mit aufgebaut haben.

Beeck: Der perfekte Wahnsinn schlechthin, mehr kann ein Fan seinem Verein nicht geben!

SPOX: Stehen Verein und Spieler nach dem Stadionprojekt Ihrer Fans jetzt in der Bringschuld?

Beeck: Über Schuld zu reden, wäre völlig verkehrt. Es geht hier um Leidenschaft, Emotionen und die Gier zu gewinnen, Punkte zu holen und die Klasse zu halten. Diese Dinge haben wir in der Mannschaft, denn so haben wir sie zusammengestellt.

SPOX: Das klingt überzeugend. Sie sprechen oft davon, dass Union Typen braucht. Wie müssen diese sein?

Beeck: Ganz einfach: Ausgestattet mit Siegermentalität, Teamfähigkeit, Persönlichkeit und gutem fußballerischen Handwerkszeug.

SPOX: Wodurch unterscheidet sich der Sportdirektor von dem früher polarisierenden Spieler Christian Beeck?

Beeck: Der Unterschied ist der Arbeitsplatz, der ist jetzt hinter dem Schreibtisch und ruhiger bin ich natürlich auch geworden. Das bringt die Erfahrung der Jahre so mit sich.

SPOX: Trotzdem sind Sie stets ein Mann klarer Worte. Wie sehen Sie das Verhältnis zur Hertha?

Beeck: Wir haben ein gutes Verhältnis, aber wenn ein richtiges Derby ansteht, dann muss Spektakel her und dazu gehört unbedingt Rivalität. Friede, Freude, Eierkuchen ist mit uns nicht zu machen und passt auch gar nicht zum Fußball.

SPOX: Es gibt mehrere Städte mit einem großen Bundesliga- und einem Zweitliga-Verein. Ist Union eher St. Pauli oder 1860?

Beeck: Weder noch - wir sind nicht vergleichbar, weil einzigartig. Nur die Verrücktheit, die haben die anderen auch.

SPOX: Bei Union ging es oft steil nach oben, dann aber auch wieder ebenso steil nach unten. Was hat der Verein daraus gelernt?

Beeck: Wir haben uns solide und besonnen aufgestellt, damit uns diese Fehler nicht wieder passieren. Wichtig ist, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit lernt. Ich denke, das haben wir.

SPOX: Wie bewerten Sie die bisherigen Neuzugänge und was erwarten Sie von Ihnen?

Beeck: Sie haben sich sehr gut eingefunden und werden eine ordentliche Rolle spielen. Wir haben uns - wie schon vor der letzten Saison - sehr positionsbezogen verstärkt und so den Konkurrenzkampf und die Trainingsqualität erhöht. So war es gedacht und so ist es eingetreten.

SPOX: Sie treffen am 15. Spieltag auf Energie Cottbus - aus sportlicher Sicht Ihre erfolgreichste Station. Gleichzeitig verspricht das Duell ein heißes Derby. Welche Bedeutung hat das Spiel für Sie, welche für die Region?

Beeck: Es ist aufgrund der Vergangenheit schon etwas Besonderes und weil Rivalität "Pfeffer" ins Spiel bringt. Aber ansonsten gilt, wie für alle anderen Spiele auch: Wir wollen gewinnen! Deshalb spielen wir Fußball.

SPOX: Franz Beckenbauer hat vor ein paar Jahren gesagt, dass Cottbus ein hoffnungsloser Fall sei. Im Endeffekt hat er zumindest kurzfristig mal wieder Recht behalten. Wie sehen Sie die Entwicklung in der Lausitz?

Beeck: Beckenbauer hat für mich nicht mal im Ansatz Recht. Die Lausitzer haben in den vergangenen 15 Jahren Überragendes geleistet. Unter diesen wirtschaftlichen Bedingungen Profifußball zu spielen, ist wie für andere Vereine jedes Jahr die Champions League zu erreichen.

SPOX: Eine klare Aussage. Vielleicht gleich noch eine weitere zum Schluss: Wie werden die Duelle gegen Cottbus ausgehen?

Beeck: Ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster: es wird vermutlich einen Sieger geben oder es gibt ein Unentschieden. (lacht) Im Ernst: ich kann nicht in die Zukunft schauen und ein Ergebnis hängt von so vielen Faktoren ab. Wir werden alles dafür tun, erfolgreich zu sein. Ob das reicht, werden wir dann sehen.

Union und Patschinski trennen sich endgültig