"Aufstieg wichtiger als Pokal!"

Von Interview: Andreas Lehner
Christian Heidel ist seit 1991 beim FSV Mainz 05. Sein Vertrag läuft noch bis 2013
© Getty

Exklusiv: Macher, Optimist, Stratege. Kurz: Erfolgstyp! Mainz-Manager Christian Heidel ist seit 18 Jahren in Diensten des FSV Mainz 05 und arbeitet zurzeit am erneuten Aufstieg in die Bundesliga. Vor dem Spiel beim Zweitliga-Schlusslicht Wehen-Wiesbaden sprach SPOX mit Heidel.

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SPOX: Herr Heidel, sind Sie schon im Derby-Fieber?

Christian Heidel: Das ganz große Derby-Feeling wie bei Spielen gegen Kaiserslautern oder Frankfurt gibt es da noch nicht. Dazu ist das Duell noch zu jung, die Rivalität muss erst noch wachsen. Aber für einen Mainzer ist es schon wichtig, dass er gegen Wiesbaden gewinnt, denn Mainzer und Wiesbadener haben ein besonderes Verhältnis.

SPOX: Klären Sie uns Nicht-Hessen auf.

Heidel: Mainz und Wiesbaden sind zwei völlig unterschiedliche Welten, auch die Menschen sind total verschieden. Vor allem in der Fassnacht-Zeit wird das immer wieder aufgegriffen. Es gibt kaum eine Fassnachtsrede, in der die Wiesbadener nicht auf die Schippe genommen werden. Das ist aber nicht böse gemeint, beide Städte verbindet ein neckisches Verhältnis.

SPOX: Nach Wehen geht's mit Aachen, Duisburg und Freiburg gegen drei direkte Konkurrenten. Stehen die entscheidenden Wochen an?

Heidel: Freiburg hat es geschafft, sich ein bisschen abzusetzen. Deshalb darf man sich keine Ausrutscher erlauben. Der Aufstieg wird in diesen Spielen sicher nicht entschieden, aber es kann eine Vorentscheidung fallen, wenn man in Spielen gegen Konkurrenten dreifach punktet. Und das ist unser Ziel.

SPOX: Sie sind in der Rückrunde zwar noch ungeschlagen, haben aber nur zwei Siege geholt. Für die Ansprüche der 05er sicherlich zu wenig.

Heidel: Keine Frage. Besonders in den Heimspielen haben wir zu viele Punkte gelassen. Um aufzusteigen, muss man zuhause stärker spielen.

SPOX: Warum klappt's am Bruchweg nicht wie gewünscht?

Heidel: Wir haben Probleme, gegen defensiv eingestellte Mannschaften die Tore zu machen. Das beste Beispiel ist das 1:1 gegen Augsburg. Die haben ein einziges Mal auf unser Tor geschossen, auch noch aus Abseitsposition, und der war drin. Wir dagegen hatten 16 Torschüsse und 59 Flanken, haben aber auch nur einmal getroffen. Das offenbart unser Grundproblem: Wir spielen uns zu wenig klare Chancen heraus.

SPOX: Ging die Mannschaft das Spiel nach dem Pokalerfolg gegen Schalke etwas zu leichtfertig an?

Heidel: Kein Spieler hat gegen Augsburg an den Pokal gedacht. Der Spielverlauf lässt diesen Schluss auch nicht zu. Die Jungs haben alles gegeben, da kann man ihnen keinen Vorwurf machen. In den entscheidenden Situationen hat einfach auch das Glück gefehlt. Generell ist für alle Spieler der Aufstieg wichtiger, als der Einzug ins Pokalfinale. Das Thema Pokal ist bis zum Halbfinale in der Schublade.

SPOX: Holen wir es kurz heraus. Im Halbfinale trifft Mainz auf Leverkusen. Wie war Ihre erste Reaktion auf das Los?

Heidel: Natürlich hätten wir sehr gerne ein Heimspiel gehabt. In den vergangenen Jahren hatten wir da leider fast ausnahmslos Lospech. In dieser Pokalrunde hatten wir mit Köln und Schalke immerhin zweimal Heimrecht. Aber wenn wir schon auswärts ran müssen, war mir Leverkusen am liebsten, weil es sicher eine Mainzer Faninvasion in Düsseldorf geben wird.

SPOX: Wie sehen Sie die Chancen aufs Finale?

Heidel: Wir haben gegen Leverkusen in der Bundesliga eine sehr gute Bilanz. Die hatten immer große Probleme mit uns. Ich hoffe, dass sie sich vor dem Halbfinale daran erinnern.

Schafft Mainz den Aufstieg? Auch unterwegs top-informiert sein!

SPOX: Positiver Nebeneffekt der Auswärtsaufgabe sind die Mehreinnahmen.

Heidel: Das ist richtig. Die Einnahmen im Bruchweg sind festgelegt. Man muss zwar erstmal abwarten, wie viele Zuschauer nach Düsseldorf kommen. Aber wir werden alles versuchen, um so viele Mainzer wie nur möglich ins Stadion zu locken. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass uns über 10.000 Fans begleiten werden.

SPOX: Im günstigsten Fall reicht ein Sieg gegen Leverkusen schon für die Europapokal-Qualifikation. Hat man das im Hinterkopf?

Heidel: In erster Linie will man ins Finale nach Berlin und dieses Gefühl und die besondere Atmosphäre erleben. Der UEFA-Cup wäre natürlich eine schöne Geschichte, steht aber nicht im Vordergrund.

SPOX: Im Mittelpunkt steht bei Ihnen Markus Feulner, dessen Vertrag im Sommer ausläuft. Können Sie ihn nur im Falle des Aufstiegs halten?

Heidel: Das muss man abwarten. Markus hat mir gesagt, dass er sich momentan noch nicht entscheiden will. Wir werden auch erst in konkrete Verhandlungen eintreten, wenn er soweit ist. Für uns ist es aber völlig egal, welcher Bundesligaverein ihm ein Angebot macht, das ändert nichts an unseren Möglichkeiten.

SPOX: Was spricht für einen Verbleib?

Heidel: Markus fühlt sich sehr wohl in Mainz und spielt in der Mannschaft eine tragende Rolle. Wenn er jetzt zu einem etablierten Bundesligisten wechseln würde, fängt er wieder bei Null an. Bei ablösefreien Spielern besteht immer die Gefahr, dass die einfach mal verpflichtet werden, weil sie nichts kosten.

SPOX: Jörn Andersen stand auch von Beginn an unter besonderer Beobachtung, weil er auf Jürgen Klopp folgte. Ist er ein Glücksfall für Mainz?

Heidel: Der Wert der Arbeit wird auch in Mainz am Erfolg gemessen. Nach der Verpflichtung von Jörn Andersen gab es wesentlich mehr Skeptiker als Optimisten. Die wenigsten haben damit gerechnet, dass wir um den Aufstieg spielen und ins Pokalfinale einziehen können. Im Moment können wir sehr zufrieden sein.

SPOX: Zufrieden dürften Sie auch mit den Auftritten in der Fremde sein. In der Auswärtstabelle liegt Mainz auf Platz eins. Also klarer Sieg in Wiesbaden.

Heidel: So einfach ist die Rechnung nicht. Für Wehen Wiesbaden ist ein Spiel gegen Mainz immer das Spiel des Jahres, deshalb nehmen wir das nicht auf die leichte Schulter. Aber ich gehe auch nicht davon aus, dass es ein richtiges Auswärtsspiel wird. Es werden sicherlich mehr Mainzer im Stadion sein.

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