Ernüchternde Bilanz nach Ausschreitungen

SID
2. Liga, Rostock, Hansa, Ausschreitungen, Fans, Polizei
© DPA

Die Spuren der schwersten Fußball-Ausschreitungen seit sechseinhalb Jahren in Rostock waren noch zwei Tage später zu sehen: Glasscherben bedeckten den Stadionvorplatz, Steine aus dem Zug-Gleisbett lagen unweit einer Bahnstation in Hinterhöfen.

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Die Bilanz der Krawalle am Rande des Zweitliga-Spiels zwischen dem FC Hansa Rostock und dem FC St. Pauli (3:0) war erschreckend: Offiziell gab es 15 Verletzte, darunter waren sechs Polizisten.

"Ich kann nicht nachvollziehen, was in deren Köpfen vorgeht, wahrscheinlich sind die Birnen leer", sagte Hansa-Vorstandschef Dirk Grabow. Mitte der Woche wollen Verein und Polizei über den Stand der Ermittlungen informieren.

"Enttäuschend und frustrierend"

"Das sind keine Fußballfans, das sind Krawallmacher", meinte Theo Zwanziger, Präsident des DFB, und bezeichnete die Vorfälle als "enttäuschend und frustrierend".

Wir werden nie eine heile Welt haben, aber die Gesellschaft muss sich fragen, warum die Hemmschwelle für Gewalt so niedrig ist", sagte Zwanziger. Der DFB-Chef setzt auch künftig auf das Konzept der regionalen Fan-Projekte. In Rostock wird es am 30. September eröffnet.

Die Polizei war mit einer Deeskalationsstrategie und über 600 Beamten in Bereitschaft. "Beide Fan-Lager sind bis auf zwei Ausnahmen nie direkt aufeinandergetroffen", sagte Polizeisprecherin Dörte Lembke und verteidigte die Taktik der Polizei.

Nach ihren Angaben haben sich Rostocker Fans nicht an eine Abmachung gehalten, die zuvor zwischen Anhängern, Verein, Ordnungsdienst und Polizei getroffen wurde.

Wasserwerfer und Tränengas

Als Hansa-Anhänger versuchten, nach dem Spiel eine Absperrung zu durchbrechen, setzte die Polizei zwei Wasserwerfer und Tränengas ein. Laut Augenzeugenberichten kam es zu wilden Prügeleien zwischen Polizei und Fans.

Festnahmen habe es dabei aber nicht gegeben, erklärte Lembke. Schon vor der Partie waren 52 Personen vorläufig festgesetzt worden, 47 davon wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs. Sie befinden sich mittlerweile wieder auf freiem Fuß.

Die Hansa-Anhänger sollen in einen Hinterhof gestürmt sein und versucht haben, die Hamburger Fans zu provozieren. Es kam zu Stein- und Flaschenwürfen. Dabei wurden mehrere Autos beschädigt.

"Halbe Gehirnzelle"

"Es gibt immer wieder Leute mit einer halben Gehirnzelle. Man muss versuchen, diese Leute so schnell wie möglich auszusortieren", sagte Gäste-Trainer Holger Stanislawski.

Hansa-Chef Grabow meinte: "Wir haben im Vorfeld zu einem friedlichen Umgang aufgerufen. Es gibt aber immer wieder Idioten, die sich einfach nur prügeln wollen. Das kann man nicht verhindern. Wir werden jetzt alles unternehmen, um Beteiligte zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen."

Beide Fan-Lager sind seit Jahren verfeindet. In der Vergangenheit hatte es immer wieder massive Ausschreitungen gegeben.

"Die in den vergangenen Wochen und Monaten unternommenen Anstrengungen von Verein, Fans und Polizei, das Image des FC Hansa und seiner Anhänger zu fördern, sind durch die von Unbelehrbaren initiierten Vorfälle mit Füßen getreten worden", betonte Grabow.

Fan-Szenen haben sich verändert

Zuletzt hatte es am 3. Februar 2002 ein Spiel mit schweren Auseinandersetzungen zwischen Fans der beiden Nord-Klubs gegeben. "Die Fan-Szenen haben sich verändert", hatte Rostocks Fanbeauftragter Axel Klingbeil vor der Partie erklärt und auf ein friedliches Derby gehofft - vergeblich.

So war der Rostocker 3:0-Sieg nach Toren von Regis Dorn (30.) und Djordjije Cetkovic (71./87.) vor 23 000 Zuschauern am Ende kaum mehr wert als eine Randnotiz.

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