Ende süß-sauer

Von Stefan Rommel
Augsburg
© Getty

Wenn Fußballer in die rhetorische Trickkiste greifen, dann endet das nicht selten in amüsanten Bonmots. In solchen, die die Kicker dann ein Leben lang verfolgen, fast wie ein böser Fluch.

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Auch Andreas Rettig hat sich jetzt einen Ausflug in die wunderbare Welt der Stilmittel gegönnt.

Rettig, im Hauptberuf Manager des FC Augsburg, fand die unverhohlene Kritik an den letzten Auftritten des FCA und vor allem an dessen Trainer Holger Fach so ungerecht, dass er sich einer blumigen Metapher bediente, um seinem Unmut etwas Luft zu machen.

Rettig wollte den Besuch eines Fußballspiels mit dem eines Restaurant-Besuchs vergleichen - und das hörte sich in der "Augsburger Allgemeinen" dann so an:

"Dort stehen auch keine 15 Leute schon während des Kochens um den Koch und sagen, er rührt in die falsche Richtung. Wenn es nicht schmeckt, kann man es dem Koch nach dem Essen sagen oder das Restaurant wechseln."

Die Stimmung kippt

Im Klartext: Holger Fach rührt etwas an in Augsburg. Was genau, steht noch nicht so ganz fest. Und ob er damit alles richtig macht, offenbar auch nicht. Nach fünf Niederlagen aus den ersten sechs Saisonspielen drängt sich aber der Verdacht auf, dass irgendetwas nicht so recht gelingen mag.

Dabei könnte er nötiges Basiswissen durchaus haben, schließlich war er in seiner Zeit als Spieler bei Bayer Uerdingen nebenbei auch in der Fan-Gaststätte aktiv. Und wenn es den Fans nicht passt, dann könne man ja immer noch das Restaurant, also den Klub, wechseln. 

Diese Aussagen und die 0:2-Heimniederlage gegen Mainz 05 im Einklang mit dem beschämenden Auftritt im DFB-Pokal gegen Bayer Leverkusen (0:2), als Fach etliche Stammkräfte für das wichtigere Ligaspiel gegen Mainz schonte, lassen die Stimmung rund um den FC Augsburg langsam kippen.

"Keine Volksabstimmung"

Die Fans gehen im wahrsten Sinne des Wortes auf die Barrikaden. Nach dem Spiel gegen Mainz forderten sie vehement den Rauswurf von Fach, in den Fan-Foren und an den Stammtischen findet sich so gut wie kein einziger Fürsprecher mehr für den 46-Jährigen.

Rettig, der Fach zum Ende der vergangenen Saison in höchster Abstiegsnot geholt hatte, lässt das - zunächst auch zu Recht - kalt. "Auch wenn ich die Reaktion der Fans verstehen kann, eine Volksabstimmung über den Trainer wird es bei uns nicht geben", so Rettig und erklärt gegenüber "Bild": "Holger Fach ist auch nach Oberhausen Trainer."

Also keine Trainerdiskussion. Und doch droht ein schnelles Ende der Ehe zwischen Augsburg und Holger Fach. Denn auch dem erfahrenen Macher Rettig sollte es zu denken geben, dass das Vertrauen zumindest der Anhängerschaft in den Leitenden Angestellten vollkommen verloren ist.

Fach widerspricht sich selbst

Fach hat auf Grund seiner Vita schon von Beginn an einen schweren Stand in der Fuggerstadt, kam mit der Empfehlung von drei Kurzauftritten bei Borussia Mönchengladbach, dem VfL Wolfsburg und SC Paderborn nach Augsburg.

Nach läppischen sieben Punkten aus insgesamt elf Spielen beim FCA wird der Coach von den Anhängern im besten Fall nur noch mit beißendem Spott überhäuft.

Einige grobe Fehler muss sich Fach in der Tat ankreiden lassen. Erst ließ er das Pokalspiel gegen Leverkusen mehr oder weniger kampflos abschenken, um danach doch wieder den Druck aus der anstehenden Mainz-Partie zu nehmen.

Der FSV sei keine der Mannschaften, der der FCA auf Augenhöhe begegnen kann. Erst danach, mit dem Spiel bei Rot-Weiß Oberhausen, beginne für seine Mannschaft die heiße Phase, messen lasse er sich erst nach zehn Spieltagen.

"Warum sollte ich hingehen?"

Es sind Achterbahnfahrten wie diese, die Zweifel an Fachs Kompetenz in punkto Mannschaftsführung und Motivation aufkommen lassen. Dazu legen die meisten Fachs Distanz zu den Fans als schnöselige Arroganz aus.

Nach der Partie gegen Mainz trotteten einige Spieler und Manager Rettig zur Fan-Kurve. Fach verschwand zunächst in der Kabine. Kein außergewöhnlicher Vorgang. Das Ganze danach aber lapidar mit einem "Warum sollte ich hingehen? Ich lasse mich auch nach Siegen nicht feiern", zu kommentieren, stößt den Anhängern sauer auf.

Alles begann gut... 

Dabei begann die Saison sehr erfolgversprechend. In den ersten Spielen lieferte die Mannschaft nach dem Grusel-Fußball der Vorsaison ansprechende Leistungen ab und gab eindrucksvoll Hoffnung auf Besserung.

Dann aber leistete sich Fach ein öffentliches Scharmützel mit Michael Thurk und degradierte den Angreifer auf die Bank. Mourat Hdiouad, in den letzten beiden Spielzeiten eine feste Größe im Mittelfeld, schafft es unter Fach derzeit gerade so in den Kader. Eingesetzt wird er nicht, der Marokkaner habe zu große konditionelle Defizite, die es erst aufzuholen gilt.

...und wird immer stumpfsinniger

Die anfängliche Spielkultur weicht mehr und mehr einem stumpfsinnigen Gekicke. Die Mittelfeldreihe mit gestandenen und technisch versierten Zweitligaspielern wie Tobias Werner, Daniel Baier oder Patrick Mölzl hat bei eigenem Angriff Betriebsferien, weil die Bälle meist nur hoch und weit nach vorne geschlagen werden.

Dazu gesellen sich fragwürdige Personalentscheidungen. Gegen Mainz musste der als Spielmacher geholte Baier auf der rechten Außenbahn ran, der schlaksige Dino Toppmöller - im Kerngeschäft Stürmer und zudem offenbar noch nicht ganz fit - füllte dafür die Rolle im zentralen offensiven Mittelfeld aus.

Von den Zugängen haben bisher nur Sandor Torghelle und mit Abstrichen Andrew Sinkala überzeugen können. Noch so ein Manko, das langsam zum Vorschein kommt. Viel zu oft lag der FCA in der Vergangenheit mit seinen Personalplanungen daneben.

Auch Rettig in der Kritik 

Da muss sich auch Rettig angesprochen fühlen. Von den Spielertransfers seit seinem Amtsantritt im Juli 2006 entpuppten sich zu viele als Flops, auch die Verpflichtungen von Fach und Ralf Loose gingen über seinen Tisch.

Ein rauer Herbst stellt sich in der Rosenau vor, es rumort in Augsburg. Treue Fans kündigen bereits ihre Mitgliedschaft. Und wie schon letzte Saison geht die Angst um. Draußen im Süden baut der FCA sein neues Stadion, 2009 soll die Impuls-Arena fertig sein. Dann aber bitteschön auch einen Zweitligisten beherbergen.

Schicksalsspiel bei RWO?

"I hope we have a little bit lucky", fand Lothar Matthäus einst einen lustigen Wahlspruch. Holger Fach und der FC Augsburg könnten eine satte Portion vom Glück derzeit gut gebrauchen.

Nach der Partie in Oberhausen ist Länderspielpause - für wackelige Trainer ein Horror. Schließlich bleibt dann immer ein wenig Zeit, um zu reagieren. Und sich im Bedarfsfall um neues Personal zu kümmern.

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