Bennys große Liebe

Von Stefan Rommel
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München - "Ich war schon vor zwei Jahren in Nantes, und es ist immer noch dasselbe - außer dass alles völlig anders ist."

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Kevin Keegan war schon immer ein Feingeist und ein Garant für schmissige Bonmots. Vor 30 Jahren verzauberte der kleine Mann aus Yorkshire den HSV.

Er war in Hamburg ein Idol, eine Ikone, mit der Pop-Gruppe "Smokie" und dem Hit "Head over Heals in Love" schoss die Mighty Mouse auf Platz zehn der deutschen Charts. Die Stadt lag ihm zu Füßen.

Benny Bomber war einmal

Benjamin Lauth hatte bisher noch keine Anfragen aus der Musikszene. Aber Lauth heißt mit Spitznamen ja auch nicht Mighty Mouse. Vor ein paar Jahren hieß er mal Benny Bomber, aber das scheint schon fast länger her zu sein als Schalkes letzte Meisterschaft.

Damals war er alles in einer Person: Newcomer, Nationalspieler, Torschütze des Jahres. Und was spielerisches und Vermarktungspotenzial angeht, die dritte Kraft hinter Schweini und Poldi.

Vier Jahre später haben Schweinsteiger und Podolski mehr als 50 Länderspiele auf dem Buckel - und Benny Lauth findet sich in der 2. Liga wieder.

Zurück zum Ausgangspunkt

Im Sommer 2002 poppte der damals 21-Jährige wie aus dem Nichts beim TSV 1860 München in der Bundesliga auf. Nach zwei Jahren mit 22 Toren in 60 Spielen für die Löwen - die trotz Lauths Toren abgestiegen waren - wechselte der frisch gebackene Nationalspieler zum großen HSV.

Nach drei mehr oder weniger verlorenen Jahren in Hamburg ging es nach Stuttgart. Dort reizte er das Spektrum von einem Regionalligaeinsatz bis zum deutschen Meistertitel komplett aus. Der VfB wollte ihn aber auch nicht behalten. Hannover schlug zu - und gab ihn ein Jahr später wieder ab.

Jetzt geht Lauth wieder über Los, er ist zurück an der Ausgangsstation seiner kleinen Odyssee, zurück bei den Löwen. "Ich freu mich, dass ich wieder in München bin. Nicht nur sportlich, sondern auch privat. München ist einfach eine tolle Stadt, meine Freunde und Familie sind hier", sagt der 26-Jährige im Gespräch mit SPOX.com.

Lauths Augen glänzen, wenn er über seine Stadt und seinen Verein redet. Viel verändert hat sich in den vier Jahren nicht.

Integration kein Problem

"Ich kenne hier ja fast noch alle, Spieler, Trainer, Betreuer. Die Integration war überhaupt kein Problem, das ist mir alles sehr leicht gefallen." Immerhin hat er also nicht die Probleme wie Keegan seinerzeit bei dessen Ausflug nach Nantes.

Aber er hat Druck. Sehr viel Druck. Er ist eine der schillernden Persönlichkeiten im Unterhaus, seit seiner Rückkehr zu den Löwen reden die Fans plötzlich völlig unverhohlen vom Aufstieg. Obwohl die Mannschaft die schlechteste Rückrunde aller 18 Zweitligisten hinlegte und den Abstieg erst am vorletzten Spieltag endgültig verhindern konnte.

"2. Liga reicht mir nicht"

Das alles war gestern. Für die Fans zählt nur das Jetzt. Für Lauth auch, deshalb schürt er selbst die Erwartungshaltung, sich und der Mannschaft gegenüber.

"Ich will endlich wieder was erreichen. Mir reicht das auf keinen Fall, mit Sechzig auf Dauer nur in der 2. Liga zu spielen. Wir wollen uns dieses Jahr verstärken, dann schauen wie weit wir sind. Und dann weiter verstärken und so schnell wie möglich nach oben kommen."

Ob er damit ein oder zwei Jahre meint oder sogar mehr, will er nicht verraten.

Löwen eine Art Geheimfavorit

Sein Optimismus fußt auf mehreren Eckpfeilern. Zunächst haben die Löwen in der Hinrunde der abgelaufenen Saison bewiesen, dass sie oben mithalten können. Nach 17 Spieltagen war 1860 nur zwei Zähler hinter Rang drei zurück.

Zum anderen hat sich die "härteste 2. Liga aller Zeiten" in eine gemäßigte Zone verwandelt. Neben ein, zwei Topfavoriten bewegen sich einige Teams auf einem Niveau - unter ihnen der TSV 1860.

Aber vor allem haben sich die notorisch klammen Sechz'ger in Mathieu Beda mit einem gestandener Innenverteidiger verstärkt und greifen die Rekonvaleszenten Berkant Göktan und Markus Schroth quasi als Neuzugänge nach ihren langwierigen Verletzungen bald wieder richtig an.

"Wir brauchen Konstanz"

Die Truppe besteht aus einer guten Mischung aus jungen, aber schon erfahrenen Spielern und Routiniers wie Danny Schwarz oder Gregg Berhalter. Vermessen ist das Ziel Aufstieg nicht, öffentlich dazu bekennen will sich Lauth aber nicht.

"Gerade letzte Saison hat gezeigt: Ohne die gewisse Konstanz geht im Aufstiegsrennen gar nichts. Die brauchen wir einfach, wenn wir oben mitreden wollen. Sollten wir dann fünf, sechs Spieltage vor Schluss in Reichweite sein, dann können wir über den Aufstieg reden. Jetzt aber noch nicht."

Er hat gelernt aus der schweren Zeit, als sich die Schulterklopfer von einst in bissige Kritiker verwandelt hatten. Er ist vorsichtiger geworden.

Lauth, der Führungsspieler 

Trotzdem sieht er sich innerhalb der Mannschaft durchaus als Führungsspieler, trotz seiner erst 26 Jahre. So viel Selbstbewusstsein hat er sich bewahrt. "Ich hab' schon einige Erfahrungen gesammelt, die ich auch weitergeben werde. Wir haben sehr viele junge Spieler im Team, sogar noch jünger als ich. Und andererseits kann ich mich selbst auch noch an den Alten orientieren."

Sein Trainer Marco Kurz setzt in Lauth große Hoffnungen, bremst aber auch die Euphorie: "Wir wissen, was er kann. Er hat tolle Fähigkeiten am Ball, vor allem, wenn er ein wenig Platz hat. Aber wir wissen auch, dass noch einige Dinge fehlen, um ihn vollwertig in unser Spiel zu integrieren."

"Ich kann nicht zaubern"

In München-Giesing, der Heimat der Löwen, ist Lauth Tagesgespräch. Die Fans haben ihren gefallenen Engel selbstredend wieder in ihre Familie aufgenommen. Lauth hört das gerne.

"Ich freue mich sehr über den Rückhalt der Fans. Das gibt mir ein gutes Gefühl und Selbstvertrauen, das macht mich stark. Wenn ich meine Qualitäten einbringen kann, bin ich aber eine große Hilfe für den Verein", sagt er.

Nach kurzer Bedenkzeit sieht er aber auch die Risiken, die sein neuer, alter Status bei den Löwen-Fans mit sich bringt. Anders als vielleicht noch vor vier Jahren.

"In der hohen Erwartungshaltung liegt auch eine große Gefahr. Ich kann nicht zaubern, ich kann den Leuten keine 30 Tore pro Saison versprechen. Und ich kann ihnen auch nicht versprechen, dass wir aufsteigen."

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