Rentabler Parkplatz

Von Haruka Gruber
Edu, Ibisevic, Hoffenheim
© Getty

München - Die kurze Episode passte einfach zu gut in das Bild, das die Medien von John Shittu seit Jahren zeichnen.

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Ein moderner Sklavenhändler sei er. Einer, der in seiner Funktion als Spielerberater Jugendliche aus seinem Heimatland Nigeria nach Europa verschifft, um schnell Euro, Pfund oder Krone abzustauben.

Und daher war es nicht weiter verwunderlich, was ihm vor zwei Jahren widerfuhr. Shittu reiste mit dem Flieger nach Oslo - und wurde beim Auschecken vom Zoll festgehalten. Statt der erlaubten 1500 hatte er 39.000 US-Dollar im Gepäck.

Schnell war von Schmuggel, Schmiergeldern und schwarzen Konten die Rede - dabei, so Shittu, habe er keine dunklen Absichten verfolgt, "ich wollte doch nur meine Klienten von Lyn Oslo besuchen". Und die hießen damals John Obi Mikel, Chinedu "Edu" Ogbuke Obasi, Ezekiel Bala und Emmanuel Seriki.  Vier Nigerianer, die Shittu kurz zuvor im Paket aus Afrika nach Norwegen vermittelte - oder verhökerte, wie seine Kritiker unken.

Hoffenheims Transfercoup

Seitdem hat sich einiges getan. Nach einem aufsehenerregenden Hickhack inklusive Morddrohungen, einer vermeintlichen Entführung und Auto-Verfolgungsjagden wechselte Mikel im letzten Jahr für 25 Millionen Euro zum FC Chelsea.

Edu wiederum wollte es eine Nummer kleiner angehen lassen und entschloss sich trotz Angeboten von Arsenal, Tottenham, Celtic Glasgow oder ZSKA Moskau, vor sieben Wochen nach Hoffenheim zu ziehen. Lyn wurde der Abgang immerhin mit kolportierten fünf Millionen Euro versüßt.

Nach der Odyssee über Nigeria, Oslo und London, wo Edu seinen besten Freund Mikel während des Durcheinanders für einige Wochen beistand, ist er schlussendlich in Hoffenheim angekommen. Dem 3300-Einwohner-Städtchen unweit von Heidelberg. Und das mit 21 Jahren. Das Schicksal eines Sklaven, meinen einige Beobachter zynisch.

"Äußerst seriöser Eindruck"

Ralf Rangnick wehrt sich jedoch gegen derartige Unterstellungen. So erzählt der 1899-Trainer SPOX.com, dass am Transfer des Stürmers nichts zu beanstanden sei. Das Wort Sklavenhandel wollte er demnach nicht in den Mund nehmen.

"Bevor Edu zu uns kam, haben wir John Shittu nach Hoffenheim eingeladen. Dieser Einladung ist er schnell gefolgt und war eineinhalb Tage bei uns", erinnert sich Rangnick. "Er hat einen äußerst seriösen Eindruck gemacht und sich alles angeschaut. Er war sehr wissbegierig und hat viele Fragen ins Detail gestellt. Man hat gemerkt, dass ihm das Wohl seines Schützlings sehr wichtig ist."

Sowieso habe Shittu einen Ruf, der ihm nicht gerecht werden würde. "Wenn es ihm nur um Profit gehen würde, wäre Edu sehr wahrscheinlich nicht zu uns gewechselt. Ich kann nur bekräftigen: Unsere Zusammenarbeit verlief sehr professionell. Das sieht man doch alleine daran, dass wir vier Monate lang verhandelt haben und nichts durchgesickert ist."

Fünf Spiele, fünf Scorer-Punkte

Und auch an dem Prozedere, dass Edu zunächst in Oslo zwischengeparkt wurde, wäre nichts zu beanstanden. Durch seine Zeit in Norwegen habe er eine taktisch sehr gute Ausbildung erhalten und sich an die körperlichen Anforderungen gewöhnt, sagt Rangnick.

Es kommt daher nicht von ungefähr, dass Edu prompt zu einer der Zweitliga-Attraktionen avancierte. Drei Tore und zwei Assists lautet die Bilanz des nigerianischen Nationalspielers nach fünf Spielen.

Edus Wertsteigerung

Ein rentabler Weiterverkauf kommt für Hoffenheim dennoch nicht in Frage - zumindest nicht kurz- und mittelfristig.

Ein kleines Hintertürchen lässt Rangnick jedoch offen: "Wir verschwenden keinen Gedanken an einen Transfer. Aber wenn der Zeitpunkt irgendwann doch kommen sollte, müsste der Interessant mehr, sehr viel mehr bieten als das, was wir Oslo überwiesen haben."

Spätestens dann wird Shittu wieder als Vielflieger gefragt sein.

Übrigens: Seit dem 15. Juni 2007 darf jede Person, die über die Außengrenze in die EU ein- oder aus der EU ausreist, nur 10.000 Euro in bar mitführen. Nur so zur Info, Herr Shittu.

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