WM

Martin Büchel im Interview: "Feiern Punktgewinne, als gäbe es kein Morgen"

Martin Büchel absolvierte bisher 63 Länderspiele für Liechtenstein
© imago
Cookie-Einstellungen

SPOX: Gegen Italien spielen Sie daheim in Liechtenstein. Wie viele Leute passen ins Stadion von Vaduz?

Büchel: 7.000. Aber wenn es voll ist, sind es nicht die Liechtensteiner, die es füllen. Gegen Italien wird es ganz speziell, weil bei uns in Liechtenstein sehr viele Italiener leben.

SPOX: Liechtenstein hat knapp 35.000 Einwohner ...

Büchel: ... 37.000, das ist uns wichtig!

SPOX: Okay, 37.000. Kennen Sie alle Ihrer Mitspieler seit Kindheitstagen?

Büchel: Ich kenne die meisten schon sehr lange, aber derzeit ist das nicht so extrem, wie zu der Zeit, als ich gerade ins Nationalteam gekommen bin. Damals waren wir alle Kumpels, sind gemeinsam aufgewachsen und hatten eine wahnsinnige Gaudi auf und neben dem Platz. Brüderpaare gibt es aber immer noch einige in der Mannschaft.

SPOX: Haben Sie Verwandte im aktuellen Team?

Büchel: Nein, obwohl noch zwei Büchels dabei sind. Mit einem der beiden war ich sogar in der Schule.

SPOX: Nach der Schule sind Sie aus Liechtenstein zum FC Zürich gewechselt und haben dort einige Erstligaspiele in der Schweiz gemacht. Dann spielten Sie per Leihe in Spanien bei Deportivo La Coruna. Wie kam dieser Wechsel zustande?

Büchel: Ich hatte einen spanischen Berater und ihm immer gesagt, dass Spanien mein Traumland ist und ich da unbedingt mal spielen will. Als es dann geklappt hat war es ein Riesenerlebnis. Ich habe mit der U23 von Depor in der dritten Liga gespielt.

SPOX: Nach der halbjährigen Leihe sind Sie nach Zürich zurückgekehrt.

Büchel: Dort musste ich mich wegen einer Verletzung operieren lassen und außerdem gab es Probleme mit dem Trainer, der mich in die zweite Mannschaft verbannt hat. Mit 25 ist mein Vertrag ausgelaufen und dann habe ich mir die Frage gestellt, ob die ganzen Mühen noch Sinn machen - und mich dazu entschlossen aufzuhören.

SPOX: Wie sind Sie dann zum FC Unterföhring gekommen?

Büchel: Ich habe in München 2012 ein Osteopathie-Studium angefangen und wollte mit dem Fußball eigentlich nichts mehr zu tun haben. In Unterföhring habe ich dann eine Wohnung gefunden, bin irgendwann bei einem Spaziergang am Vereinsgelände des FCU vorbeigekommen und mir gedacht, ein bisschen kicken wäre schon nett. Ich hatte keine Ahnung, in welcher Liga die spielen, bin aber einfach hingegangen und habe gefragt, ob ich mittrainieren darf.

SPOX: Und?

Büchel: Der Trainer meinte, es kann nicht jeder kommen und einfach mitspielen, aber ich könne es gerne mal in der zweiten Mannschaft versuchen. Das hat mir eingeleuchtet, also bin ich zum nächsten Training der zweiten Mannschaft gegangen. Danach meinte der Trainer, ich könne gerne wieder kommen und als ich schon am Gehen war, hat er gefragt, wo ich früher gespielt hätte. Dann habe ich ihm meine Vereine aufgezählt und er meinte, die erste Mannschaft trainiert am nächsten Tag um halb sieben. Seitdem trainiere ich dreimal die Woche beim FCU und bin tagsüber in der Uni.

SPOX: Werden Sie manchmal wehmütig, wenn Sie ehemalige Kollegen in der Bundesliga spielen sehen?

Büchel: Klar, da gibt es so viele Spieler, mit denen ich einst zusammengespeilt habe: Raffael, Rodriguez, Mehmedi, der in der ersten Mannschaft von Zürich damals weniger gespielt hat als ich. Aber Ähnliches denke ich auch, wenn ich Premier League schaue.

SPOX: Warum, wen kennen Sie dort?

Büchel: Als Bournemouth vor ein paar Jahren noch in der dritten Liga gespielt hat war ich dort im Probetraining. Jetzt spielen sie mit fast der gleichen Mannschaft Premier League.

SPOX: Warum hat ein Wechsel nicht geklappt?

Büchel: Das war fußballerisch überhaupt nicht meins. Ich liebe es, klein-klein zu spielen, und dort habe ich als zentraler Mittelfeldspieler eigentlich nicht am Spiel teilgenommen. Der Innenverteidiger hat den Ball einfach hoch über mich Richtung Stürmer gedroschen. Das hat mir überhaupt nicht getaugt und deshalb habe ich das Probetraining am dritten Tag abgebrochen und zu meinem Berater gesagt, dass ich mich hier nie wohlfühlen werde.

SPOX: Träumen Sie davon, es noch einmal zurück in den Profifußball zu schaffen?

Büchel: Klar gibt es solche Gedanken, aber das wäre schon ein Riesenglück. Einen Berater habe ich nicht mehr, da müsste ich wieder selbst irgendwo anklopfen.

SPOX: Welche konkreten Ziele verfolgen Sie dann noch?

Büchel: Ich will mit Unterföhring aufsteigen, weil ich dann gegen die Reserven des FC Bayern und TSV 1860 spielen könnte. Bei den Löwen war ich mal im Probetraining, obwohl ich das als Bayern-Fan eigentlich nicht sagen darf. Mit der Nationalmannschaft wären 100 Länderspiele ein Traum.

SPOX: Dann fehlen noch 37.

Büchel: Das ist schon noch eine Menge, mehr als acht klappen im Jahr nicht. Wir sind ja leider nicht so oft bei Turnieren mit dabei, sonst könnte ich natürlich auch mal drei Spielen in zwei Wochen machen.

Martin Büchel im Steckbrief

Inhalt: