WM

Krul bringt die Elftal ins Halbfinale

Tim Krul wurde für Elferschießen eingewechselt und wurde zum Matchwinner
© getty

Die Niederlande hat sich mit Mühe und Not für das Halbfinale der WM 2014 in Brasilien qualifiziert. Gegen das Überraschungsteam aus Costa Rica siegte die Elftal erst im Elfmeterschießen mit 4:3 (0:0, 0:0).

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Die 51.179 Zuschauer in der Arena Fonte Nova in Salvador sahen ein Spiel, das schwer in die Gänge kam, nach dem Seitenwechsel aber dramatisch wurde. Robin van Persie vergab in den Schlussminuten der regulären Spielzeit zwei riesige Möglichkeiten fahrlässig, so dass die Partie torlos in die Verlängerung ging.

Da auch in der Extra-Zeit keine Tore fielen, musste das Elfmeterschießen für die Entscheidung herhalten. Louis van Gaal wechselte dazu sogar Ersatz-Keeper Tim Krul für Jasper Cillissen ein, der mit zwei Paraden dann tatsächlich zum Matchwinner wurde.

Die Niederlande treffen damit im Halbfinale am 9. Juli in Sao Paulo auf Argentinien, das sich gegen Belgien durchsetzte.

Reaktionen:

Louis van Gaal (Trainer Niederlande): "Systeme, die gegeneinander spielten. Ich dachte, dass wir mit drei Stürmern Costa Rica weh tun konnten, aber das stimmte nicht. Es ist die beste Gruppe, mit der ich jemals zusammengearbeitet habe. Besser als bei Bayern oder anderen. Das haben wir gemerkt, als wir zusammengekommen sind."

Jorge Luis Pinto (Trainer Costa Rica): "Es schmerzt, aber wir sind glücklich. Wir haben Wunderbares erreicht gegen große Kaliber des Fußballs. Wir haben nicht einmal verloren, auch wenn wir jetzt nach Hause müssen. Wir haben eine gute Show gezeigt, schönen Fußball. Ich habe meinen Spielern gesagt, dass ich sehr stolz auf sie bin."

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Louis van Gaal bringt bei den Niederlanden zwar nur zwei neue Leute, würfelt seine Mannschaft dennoch ordentlich durch. Martins Indi kommt neu in die Dreier-Innenverteidigung, Blind rutscht dafür auf die linke Seite und verdrängt Kuyt nach rechts. Verhaegh muss dafür ebenso auf die Bank wie der angeschlagene de Jong, für den Depay von Beginn an auf dem Platz steht.

Jorge Luis Pinto vertraut der Elf aus dem Achtelfinale gegen Griechenland. Lediglich Duarte muss bei Costa Rica seine Gelbrot-Sperre absitzen, für ihn kommt Acosta in die Innenverteidigung der Fünferkette.

22.: Lange hat's gedauert, aber die erste Chance hat es gleich in sich! Robben bedient Kuyt auf rechts, der mit einem Flachpass Depay am Sechzehner findet. Anstatt abzuschließen bedient der Youngster links van Persie mit einem wunderbaren Zuspiel, doch der Stürmer scheitert frei aus zehn Metern an Navas. Auch den Nachschuss von Sneijder aus 16 Metern hat der Keeper im Nachfassen.

29.: Van Persie geht nach einem Fehlpass von Ruiz mit Tempo auf die Abwehr zu und bedient links im Strafraum Depay. Der legt sich die Kugel noch einmal vor und schießt aus acht Metern aus spitzem Winkel auf die kurze Ecke. Wieder ist Navas da und rettet stark mit dem Fuß.

35.: Schöne Freistoß-Variante der Costa Ricaner. Bolanos bringt die Flanke aus dem rechten Halbfeld an den zweiten Pfosten, wo Borges den Ball per Kopf in die Mitte weiterleitet. Aus sechs Metern versucht sich Acosta an einem Fallrückzieher - van Persie klärt im Fünfer!

39.: Sneijder steht zum Freistoß bereit und zirkelt die Kugel mit viel Schmackes aus knapp 30 Metern Richtung linkes Kreuzeck. Navas fliegt und fischt die Kugel raus. Starke Parade!

82.: Sneijder steht links vom Sechzehner zum Freistoß bereit. Alle erwarten eine Flanke, doch der Spielmacher schnippelt den Ball frech direkt auf den Kasten. Navas ist schon geschlagen, doch der Ball klatscht nur an den Pfosten.

84.: Van Persie fällt der Ball nach einer Freistoß-Flanke von Robben vor die Füße. Rechts im spitzen Winkel dreht sich der Niederländer und versucht's mit dem Gewaltschuss - wieder ist Navas da!

89.: Das muss es doch sein! Sneijder mit einer butterweichen Flanke von links, van Persie ist am Fünfer mutterseelenallein vor dem Tor, säbelt aber an der Kugel vorbei. Das war der Matchball!

90.: UN-FASS-BAR! Nach einem Freistoß bekommt Blind den Ball am linken Sechzehnereck und bringt die Kugel flach vors Gehäuse von Navas. In der Mitte läuft der Ball an den stolpernden Freunden und Feinden vorbei, bis er rechts am Fünfer bei van Persie landet. Der Stürmer schafft es tatsächlich, aus sechs Metern ohne Torwart im Kasten Tejeda anzuschießen, von dessen Fuß der Ball an die Latte und wieder raus geht.

117.: Bolanos tankt sich mit der letzten Kraft rechts in den Strafraum, lässt Vlaar stehen und steht plötzlich frei vor Cillessen. Der Abschluss aus spitzem Winkel dann aber zu unplatziert und genau auf den Schlussmann.

119.: Sneijder bekommt den Ball links am Strafraum, hat viel zu viel Platz und schlenzt ihn aufs lange Eck. Navas streckt sich vergebens, doch wieder knallt der Ball nur gegen die Latte!

Elfmeterschießen:

0:1 Borges

1:1 van Persie

Krul hält gegen Ruiz

2:1 Robben

2:2 Gonzalez

3:2 Sneijder

3:3 Bolanos

4:3 Kuyt

Krul hält gegen Umana

Fazit: Die Niederlande siegt in höchster Not, aber im Endeffekt verdient. Costa Rica war ein tapferer Gegner, wer aber in 120 Minuten nur einen Schuss aufs Tor des Gegners bringt, hat in einem WM-Halbfinale nichts zu suchen.

Der Star des Spiels: Tim Krul. Er kam, sah und siegte! Der Ersatzkeeper wurde in der 120 Minute fürs Elfmeterschießen eingewechselt und entschied das Spiel mit zwei Paraden im Shootout.

Der Flop des Spiels: Robin van Persie (SPOX-Note 5). Der Stürmer hing lange komplett in der Luft und lieferte eine veheerende Vorstellung ab. Gewann nur drei seiner 14 Zweikämpfe und hatte mit seinen wenigen Ballkontakten keinen Einfluss auf die Partie. Vergab in der Schlussphase zwei Mal die Chance zum Sieg kläglichst und lief alleine fünf Mal ins Abseits.

Der Schiedsrichter: Ravshan Irmatov (Usbekistan) wurde durch seinen turnierübergreifend neunten Einsatz zum WM-Rekord-Schiedsrichter, konnte aber das Vertrauen der FIFA nicht rechtfertigen. Zeigte keine klare Linie und lag oftmals in der Zweikampfbewertung daneben. Hätte Gamboa dagegen nach seinem taktischen Foul an Robben zwingend Gelb geben müssen (35.), bei Martins Indis Tackle gegen Campbell (60.) nicht auf Elfmeter zu entscheiden, war dagegen vertretbar. Der Freistoß gegen Diaz wegen vermeintlichen Handspiels (103.) war ein Witz.

Das fiel auf:

  • Die Niederländer starteten in einem 5-2-3. Depay begann als offensiver Linksaußen, Robben auf der rechten Seite. Das Zentrale Mittelfeld besetzten Wijnaldum und Sneijder, während Kuyt und Blind die Außenverteidiger bei gegnerischem Ballbesitz bzw. die äußeren Mittelfeldspieler bei eigenen Ballbesitz gaben, wo das System zu einem 3-4-3 wurde.
  • Mit einer sehr hochstehenden Abwehr trat Oranje den Angriffsbemühungen der Mittelamerikaner entgegen. Dabei tat sich vor allem Martins Indi hervor, der, sofern Costa Rica den Ball länger in Besitz hatte, immer wieder aus der Abwehr herausrückte und auf Höhe der defensiven Mittelfeldspieler attackierte.
  • Costa Rica auf der anderen Seite ließ die Elftal bis zur Mittellinie kommen, um dann erst ins Pressing zu gehen. Sneijder und Wijnaldum hatten dabei große Probleme, das Spiel zu gestalten, sodass Robben sich immer wieder fallen lassen musste, um Bälle zu verteilen. Der Flügelspieler fehlte deshalb auch bei vielen Angriffen.
  • Trotze des kräftezehrenden Spiels gegen Griechenland legten die Ticos nach einer knappen Stunde eine Schippe drauf und rissen das Spiel immer mehr an sich. Die entstandenen Räume nutzten die Niederländer wiederum, um endlich einmal Tempo bei ihren Angriffen aufzunehmen.
  • Was Costa-Rica-Coach Pinto auf der Pressekonferenz mit seinen Warnungen vor Robben vor dem Spiel angefangen hatte, setzten seine Spieler auf dem Rasen konsequent fort. Nach jedem Foul, in das der Flügelspieler involviert war, belagerten mehrere Ticos den Unparteiischen und zeigten eine Schwalbe an, obwohl fast allen Szenen ein klares Foul voraus ging.
  • In der Verlängerung drängte die Elftal auf die Entscheidung und richtete das System etwas offensiver aus. Kuyt agierte etwas offensiver, womit sich die Formation fast in ein 4-3-3 verschob.

Niederlande - Costa Rica: Die Statistik zum Spiel