WM

Belgien ringt Comeback-Amis nieder

Kevin de Bruyne war mit einem Tor und einem Assist der überragende Mann auf dem Platz
© getty

Geheimfavorit Belgien hat sich nach einer starken Vorstellung für das Viertelfinale der WM 2014 in Brasilien qualifiziert. Gegen Jürgen Klinsmanns US-Boys siegten die Roten Teufeln mit 2:1 (2:0, 0:0) nach Verlängerung.

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Die 50.000 Zuschauer in der Arena Fonte Nova in Salvador de Bahia sahen eine unterhaltsame erste Halbzeit, die torlos in die Pause ging. Im zweiten Abschnitt erarbeiteten sich die Belgier ein deutliches Übergewicht, vergaben aber größte Chancen teils kläglich, sodass die Partie in die Verlängerung ging.

Mit der ersten Aktion der Extra-Zeit gelang Kevin de Bruyne das erlösende 1:0 (93.), ehe der eingewechselte Romelu Lukaku erhöhte (105.). Bayern-Spieler Julian Green gelang in einer turbulenten Schlussphase als Joker nur noch der Anschlusstreffer (107.).

Belgien, das rekordverdächtige 39 Torschüsse Richtung US-Tor abgab, trifft im Viertelfinale am kommenden Samstag auf Argentinien.

Reaktionen:

Marc Wilmots (Trainer Belgien): "Wir hatten jederzeit die Spielkontrolle und haben dominiert. Das Einzige, was ich bemängeln muss: wir haben nicht getroffen. Bei Lukaku hatte ich mir erhofft, dass er als Joker trifft."

Jürgen Klinsmann (Trainer USA): "Wir haben alles für die Fans gegeben, es war ein Thriller, ein Drama. Es war ein extremes Spiel. Das Land kann stolz auf die Vorstellung der Mannschaft sein.

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Marc Wilmots, der einigen Stammkräften im Spiel gegen Südkorea noch eine Verschnaufpause gönnte, schickt wieder seine beste Elf auf den Platz. Lediglich Lukaku muss zuschauen, für ihn steht Origi auf dem Platz.

Im Gegensatz zur 0:1-Niederlage gegen Deutschland tauscht Jürgen Klinsmann bei den US-Boys zweimal. Davis und Beckermann müssen auf die Bank, Bedoya und Cameron stehen von Anfang an auf dem Platz.

1.: Was für ein Auftakt! De Bruyne setzt sich rechts gut durch und schickt Origi in den Strafraum. Der Angreifer läuft seinem Bewacher mühelos davon und zieht im spitzen Winkel stehend aus knapp zehn Metern ab. Howard fährt den Fuß raus und klärt in höchster Not.

23.: Vertonghen treibt einen Konter an und spielt links im Sechzehner auf de Bruyne. Ein Schritt in die Mitte lässt Zusi aussteigen, doch der Abschluss aus 15 Metern ist sehr schwach und geht klar vorbei.

54.: Vertonghen nimmt über links Tempo auf und bringt eine scharfe Hereingabe vor den Kasten. De Bruyne grätsch knapp vorbei, Besler schlägt ein Luftloch und auch Origi schafft es, die Kugel nicht zu treffen. Riesen-Chance!

56.: Alderweireld bringt eine gefühlvolle Flanke von rechts und Origi köpft aus zwölf Metern aufs kurze Eck. Howard kann nicht mehr eingreifen, doch der Ball klatscht nur auf die Latte.

60.: Origi setzt sich links im Strafraum gegen drei Gegner durch und spielt kurz ans Fünfereck, wo Mertens heranrauscht und den Ball aus wenigen Metern mit der Hacke knapp vorbei setzt!

69.: Witsel bekommt die Kugel zwanzig Meter vor dem Tor der US-Boys und wird nicht attackiert. Sein Flachschuss aus der Distanz streift knapp am linken Pfosten vorbei.

71.: Das muss es sein! Mirallas dribbelt sich durch fünf Leute in den Sechzehner, wird am Elferpunkt aber gestört. Der Ball springt rechts im Strafraum zu Origi, der freie Bahn hat, aber den herausstürmenden Howard anschießt.

88.: Es ist nicht zu fassen! De Bruyne nimmt Tempo auf und schickt Hazard links in den Strafraum. Sein Abschluss aus spitzem Winkel aus wenigen Metern geht nur ans Außennetz.

93., 1:0, de Bruyne: Der eingewechselte Lukaku setzt sich rechts im Mittelfeld stark durch und geht mit Wucht auf das US-Tor zu. Sein Querpass in den Sechzehner ist schlecht, doch die Amerikaner bekommen den Ball nicht weg. De Bruyne schnappt sich den Abpraller, umkurvt die Verteidiger und schießt aus sechs Metern von rechts flach in die lange Ecke.

105., 2:0, Lukaku: Konter Belgien über links. De Bruyne nimmt kurz vor dem Sechzehner das Tempo raus und steckt zum eingelaufenen Lukaku durch. Der Stürmer fackelt nicht lange und schweißt die Kugel halbhoch in die kurze Ecke.

107., 2:1, Green: Bradley chippt den Ball aus dem Mittelfeld in den Strafraum, wo der eingewechselte Green schön eingelaufen ist. Der Bayern-Spieler nimmt den Ball am Elferpunkt volley und trifft die Kugel nicht voll, legt den Ball so aber butterweich an Courtois vorbei ins rechte Eck.

114.: Unglaubliche Freistoßvariante USA, nach zwei Kurzpässen kommt Dempsey aus zehn Metern zum Abschluss. Courtois springt ihm entgegen und rettet in höchster Not!

Fazit: Die Belgier gewinnen ein Spiel knapp in der Verlängerung, das von den Chancen her nach 90 Minuten mit einem Kantersieg enden muss. Die US-Boys kämpfen tapfer, stoßen aber an ihre Grenzen.

Der Star des Spiels: Kevin de Bruyne (SPOX-Note 1,5). Der Wolfsburger lief gegen die USA heiß und war an den meisten Offensivaktionen als Initiator beteiligt. Hatte mit die meisten Ballkontakte der Roten Teufel (96) und suchte selbst immer wieder den Abschluss. Erzielte das wichtige 1:0 in der Verlängerung und bereitete das 2:0 vor. Bei den USA überragend: Keeper Tim Howard mit 15 (!) Paraden.

Der Flop des Spiels: Jermaine Jones (SPOX-Note 4,5). Der ehemalige Schalker sollte das Spiel als Sechser kontrollieren, was ihm aber zu keiner Zeit gelang. Hatte trotz seiner zentralen Position relativ wenig Ballkontakte und gewann nur 42,9 Prozent seiner Zweikämpfe. Zudem eine verheerende Passquote von 67,5 Prozent.

Der Schiedsrichter: Djamel Haimoudi (Algerien) hatte die Partie im Griff und tat sich durch eine gute Kommunikation mit den Spielern hervor. Insgesamt ein unauffälliger, weil fehlerfreier Auftritt des Algeriers. Bei Wondolowskis riesiger Chance (90.+3) von seinem Assistenten, der zu Unrecht auf Abseits entschied, im Stich gelassen.

Das fiel auf:

  • Klinsmann überraschte und bot Allrounder Johnson nicht als Rechtsverteidiger, sondern auf dem Flügel - mit Cameron als Verteidiger hinter ihm - auf. Jones gab den alleinigen Sechser, während Zusi auf der halbrechten Position im Mittelfeld unterwegs war.
  • Nach der Verletzung des Neu-Gladbachers war Klinsmann gezwungen, zum "Standard-System" zurückzukehren. Der eingewechselte Yedlin ging rechts in die Viererkette, Cameron ins defensive Mittelfeld und Zusi auf die offensive Außenbahn.
  • Die US-Boys versuchten, das Spiel über die Außen schnell zu machen und profitierten dabei von der langsamen Rückwärtsbewegung der offensiv stark eingebundenen Außenverteidiger der Roten Teufel. Immer wieder boten sich den Amerikanern Räume, die aber wegen des unpräzisen Spiels nach vorne nicht immer genutzt werden konnten.
  • Auf der anderen Seite schwamm die US-Abwehr immer dann, wenn die Belgier mit Tempo Richtung Tor gehen konnten. Der Schnelligkeit von Origie und dem Kombinationsspiel hatten die US-Boys wenig entgegenzusetzen. Sie blieben im Abschluss aber viel zu harmlos.
  • Im zweiten Abschnitt zogen die Belgier das Tempo an und zeigten den US-Boys ihre Grenzen auf. Teilweise gab es Chancen im Minutentakt, während Entlastungsangriffe zur Seltenheit wurden. Das einzige, was einem Schützenfest im Weg stand, war die erschreckende Chancenverwertung.
  • Die Hereinnahme von Lukaku erwies sich als Glücksgriff von Wilmots. Der bullige Angreifer war mit seiner Dynamik für die ausgepumpte Abwehr der Amerikaner nicht zu halten und war an beiden Toren direkt beteiligt.

Belgien - USA: Die Statistik zum Spiel