WM

Bachramow und die Gefallenen

Deutschland steht bei der WM 2014 in Brasilien zum achten Mal im Endspiel
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1974: Deutschland - Niederlande 2:1

Von allen möglichen Szenarien, wie man möglichst nicht in ein WM-Finale startet - die deutsche Elf erwischte an diesem Juli-Nachmittag 1974 gegen die Elftal das Schlimmste. Dabei war alles angerichtet: Heim-WM, 77.800 Zuschauer, den großen Coup vor Augen. Doch dann der Anstoß der Niederlande. 16 Ballkontakte, ohne deutsche Intervention. Das Leder gelangt im Mittelkreis zu Johan Cruyff, Nummer 17. Der Holländer nimmt Tempo auf, geht in den deutschen Strafraum - und Zack! Uli Hoeneß grätscht unbeholfen von links heran und bringt Cruyff zu Fall.

53 Sekunden ist das WM-Endspiel alt, als Schiedsrichter Jack Taylor strammen Schrittes in den deutschen Sechzehner marschiert und sich auf den Elfmeterpunkt stellt. Strafstoß! Zu der Zeit der erste in einem WM-Endspiel. Der früheste bis heute. Genau wie die Führung durch Johan Neeskens nach eineinhalb Minuten.

Der Horrorstart - und die große Blamage für Helmut Schöns Truppe? Von wegen! Das hatten die Kicker der Bundesrepublik zu diesem Zeitpunkt schon hinter sich. Im letzten Gruppenspiel gegen die DDR. Die Schmach von Hamburg. Jürgen Sparwasser schoss die DDR im einzigen deutsch-deutschen Duell der Geschichte zum 1:0.

Es war eine Demütigung, auf dem Weg ins Finale aber im Endeffekt nur ein kleiner Schönheitsfehler. In der ersten Runde Gruppenzweiter vor Chile und Australien, in der zweiten Runde Gruppensieger vor Polen, Schweden, Jugoslawien. Und jetzt also das Finale.

"Wenn die Mannschaft das Anfangstempo durchgehalten hätte, wäre sie Weltmeister geworden", sollte "De Telegraaf" später titeln. "Holland musste teuer bezahlen für Arroganz und Dummheit", der "Daily Telegraph". Denn die Niederländer schafften es tatsächlich, das Spiel trotz ihrer Überlegenheit, trotz des für sie perfekten Starts aus der Hand zu geben - und das noch in der ersten Halbzeit.

Den zweiten Strafstoß des Spiels, verursacht an Bernd Hölzenbein, verwandelte Paul Breitner lässig, kurz vor dem Halbzeitpfiff war es der Müller Gerd, der in seiner unnachahmlichen Weise zum 2:1 traf. Es folgte eine dramatische Schlussphase, ein zu Unrecht wegen Abseits aberkanntes Müller-Tor sowie ein klarer Elfer an Hölzenbein, der den Deutschen verwehrt wurde. Und Oranje, das den Ball nicht im deutschen Tor unterbrachte. Dank eines überragenden Sepp Maier. Und vielleicht auch der eigenen Arroganz und Dummheit.