WM

Kaiser verzichtet auf Reise zur WM

SID
Beckenbauer zeigt sich überrascht von seiner Sperre durch die FIFA
© getty

Der "Kaiser" zieht die Konsequenzen: Deutschlands Fußball-Galionsfigur Franz Beckenbauer will der WM in Brasilien nach seiner 90-Tage-Sperre durch die FIFA die kalte Schulter zeigen.

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"Die WM ist für mich gestrichen, auf die geplante Reise nach Brasilien werde ich verzichten. Ich gehe davon aus, dass ich bei der FIFA nicht mehr willkommen bin", sagte der 68-Jährige der Bild-Zeitung - und wird nun zum reinen TV-WM-Konsumenten.

Ursprünglich wollte Beckenbauer, bei den letzten WM-Turnieren immer gern gesehener Gast und bei der Heim-Weltmeisterschaft 2006 als Präsident des Organisationskomitees noch der große Zampano, zum Halbfinale ins Land des Rekord-Weltmeisters reisen.

Nun steht er am Pranger, ist provisorisch für 90 Tage für jegliche nationale und internationale Tätigkeit im Fußball vom Weltverband gesperrt. Hintergrund ist Beckenbauers Verweigerung einer Aussage gegenüber FIFA-Chefermittler Michael J. Garcia in Zusammenhang mit der umstrittenen WM-Vergabe 2022 an Katar.

Der "Kaiser" ist wankelmütig geworden und lässt sich ein Hintertürchen offen: Nach Darstellung seines Beraters Marcus Höfl will Deutschlands Fußball-Lichtgestalt Franz Beckenbauer "die Entwicklung der nächsten Tage" abwarten, ehe er eine definitive Entscheidung über einen Verzicht auf die Reise zur WM in Brasilien treffen wird. Dies schrieb Höfl als "Klarstellung" bei "Twitter".

"Dachte es wäre ein Aprilscherz"

"Ich habe erst einmal auf das Datum heute geschaut. Ich dachte, es wäre der erste April und damit ein Aprilscherz", sagte Beckenbauer bei Sky Sport News HD. Der "Kaiser" war einst Mitglied im Exekutivkomitee der FIFA, der "Regierung des Weltfußballs".

Nun versucht Garcia, Deutschlands einstigem Ausnahmekicker, Kapitän der Weltmeister-Elf von 1974 und Teamchef der Weltmeistermannschaft von 1990, am Zeug zu flicken.

"Die Sperre durch die FIFA hat mich überrascht, ändert aber nichts an meiner Einschätzung. Franz Beckenbauer ist für mich ein Ehrenmann, der nichts zu verbergen hat. Ich gehe davon aus, dass er zur Aufklärung der offenen Fragen beitragen wird", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach dem "SID".

Beckenbauer hatte zuletzt den Vorwurf der fehlenden Kooperationsbereitschaft schon in der Bild vehement bestritten. "Das ist ein bisserl andersherum. Ich war bereit, alle relevanten Fragen zu beantworten, nur die kamen in Juristen-Englisch, die ich bei einer so komplizierten Materie nicht vollständig verstanden habe", sagte er: "Ich bat daraufhin höflich um eine Unterredung in deutscher Sprache, und diese wurde abgelehnt. Daraufhin war meine Reaktion: Dann eben nicht."

Fall unterliegt offiziellen Untersuchungsverfahren

Die FIFA wirft Beckenbauer jedenfalls vor, sich den Ermittlungen Garcias zu verweigern. Obwohl er wiederholt angefragt wurde, in einem persönlichen Interview oder durch die Beantwortung schriftlicher Fragen, die in Englisch und Deutsch gestellt wurden, Informationen zu liefern.

Der Fall unterliegt nun dem offiziellen Untersuchungsverfahren, das von Vanessa Allard, Mitglied der Untersuchungskammer, geleitet wird.

Beckenbauer, der lediglich noch als Ehrenpräsident von Bayern München ein Amt im Fußball bekleidet (Beckenbauer: "Wenn der Ehrenpräsident für 90 Tage ruht, wird er das überleben"), war bis März 2011 Exko-Mitglied der FIFA.

Bei den WM-Vergaben für 2018 (Russland) und 2022 (Katar) hatte er am 2. Dezember 2010 nach Angaben der Bild für die russische beziehungsweise die US-amerikanische Bewerbung gestimmt.

Sullivan verhängt Sperre

Die Sperre wurde vom stellvertretenden Vorsitzenden der rechtsprechenden Kammer der FIFA-Ethikkommission, Alan Sullivan, auf Antrag von Garcia ausgesprochen und gilt ab sofort. "Ich habe von der FIFA noch nichts bekommen. Man wird mich aber wohl noch benachrichtigen. Mal sehen, was da drin steht", sagte Beckenbauer.

Sein Name war zuletzt erstmals von der britischen Zeitung Sunday Times ins Spiel gebracht worden. Die Lichtgestalt des deutschen Fußballs hatte sich gegen die Vorwürfe aber gewehrt. "Ehrlich gesagt: Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Ich habe oft genug erklärt, dass ich für das Thema Korruption der falsche Ansprechpartner bin", hatte er erklärt.

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