WM

Aufstieg in Lichtgeschwindigkeit

Von Tim Noller
Fabian Schär ist bei zahlreichen europäischen Topklubs im Gespräch
© getty

Wechsel zum FC Basel. Zack! Stammspieler. Nominierung für das Schweizer Nationalteam. Zack! Stammspieler. Fabian Schär nimmt die Entwicklungsstufen in seiner bisherigen Karriere mit einer unnachahmlichen Leichtigkeit. In Kürze könnte der nächste Schritt folgen. Europas Topklubs stehen bereits Schlange.

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Es ist ein gewöhnliches Sommer-Testspiel im St. Jakob Park in Basel. In der 17. Minute fliegt ein Freistoß in den Strafraum. Ein 1,86 Meter großer Innenverteidiger steigt am höchsten und nickt zum 1:1-Ausgleich ein. Die Nummer 16 des FC Basel heißt Fabian Schär. Der Gegner Borussia Dortmund. Das Spiel endet 3:1 für die Gäste.

Der Schweizer scheint bei den Dortmunder Verantwortlichen einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben. Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Neven Subotic ist die Not in der Abwehr groß. Manuel Friedrich oder Patrick Owomoyela sollen dem deutschen Vizemeister kurzfristig weiterhelfen, eine nachhaltige Lösung sieht jedoch anders aus.

Intelligenter Stratege

Da kommt Schär ins Spiel - und das ist nicht erst seit Subotics Verletzung. Der Schweizer hat seit 2012 einen kometenhaften Aufstieg hinter sich und wird neben dem BVB noch bei weiteren europäischen Schwergewichten gehandelt. Doch wer ist dieser Mann, den Ex-BVB-Star Alexander Frei als intelligenten Strategen preist?

Schär wurde in der Kleinstadt Wil im Schweizer Kanton St. Gallen geboren und schnürte seine Schuhe seit seiner Jugend für den Zweitligisten FC Wil. Mit seinen Leistungen rief der Verteidiger schnell Interessenten aus der ersten Schweizer Liga auf den Plan. Im Juli 2012 folgte er schließlich den Lockrufen des FC Basel.

Olympia-Teilnahme als Stammplatzbremse

Seit diesem Wechsel, den sich Basel eine halbe Million Euro kosten ließ, scheint sich der Youngster keinen Leerlauf in seiner Entwicklung mehr zu gönnen. Und das obwohl er sich beim FCB wegen seiner Olympia-Teilnahme in London 2012 zunächst auf der Bank wiederfand.

"Dann bekam ich meine Chance zu spielen, nutzte sie und begann immer mehr das Vertrauen des Trainers und der Mannschaft zu spüren. So wie es gelaufen ist, hätte ich es mir nie vorstellen können", sagt der 21-Jährige rückblickend.

Er wurde Stammspieler, marschierte mit Basel ins Europa-League-Halbfinale, wo gegen Chelsea Schluss war, und holte die Meisterschaft in der Schweiz. Dabei erwies sich Schär als wichtige Stütze in der Viererkette und war darüber hinaus mit seiner Kopfballstärke bei eigenen Standardsituationen brandgefährlich.

Nominierung für Hitzfelds Team

In der laufenden Spielzeit knüpfte er nahtlos an die Leistungen der Vorsaison an. Kein Wunder, dass auch Ottmar Hitzfeld auf das Talent aufmerksam wurde. Er nominierte Schär für das Testspiel gegen Rekordmeister Brasilien und integrierte ihn fortan in die Stammelf der Eidgenossen. Seit seinem Debüt im August bestritt er alle WM-Qualispiele, erzielte in vier Partien drei Treffer.

Trotz seiner Torgefahr ruft Schär jedoch auch Kritiker in seinem Heimatland auf den Plan. "Sein Stellungsspiel ist noch nicht optimal", sagte der Schweizer Rekordnationalspieler Heinz Hermann nach den Spielen gegen Island und Norwegen der "Basler Zeitung" und spielte auf zwei Unkonzentriertheiten an, die zu Großchancen führten.

Nationaltrainer Hitzfeld nahm seinen Spieler in Schutz: "Ich weiß, was Schär kann. Mit so etwas muss man rechnen, wenn man junge Abwehrspieler aufstellt." Er vertraut seinen Qualitäten und gibt ihm den Vorzug vor Johan Djourou, der momentan an den Hamburger SV verliehen ist.

"Muss an Schnelligkeit arbeiten"

Hitzfeld schätzt genau wie Murat Yakin, der Schär beim FC Basel trainiert, die Kopfballstärke des Verteidigers. Zudem verfügt er über ein intelligentes Aufbauspiel, wie es von einem modernen Innenverteidiger gefordert wird.

Selbstkritisch erkennt der Youngster aber auch noch Schwächen in seinem Spiel: "Da ich vergleichsweise groß bin, muss ich vor allem an der Schnelligkeit und Beweglichkeit arbeiten."

Doch nicht nur seine fußballerischen Anlagen scheinen den Schweizer zu Höherem zu berufen. Auch charakterlich sticht er in seinen jungen Jahren bereits hervor. "Ich übernehme gerne Verantwortung", sagt er selbstbewusst. Beim FC Basel tut er das nicht nur als Elfmeterschütze, sondern auch mit seiner Präsenz auf dem Platz.

Abwehrchef in Basel

"Ich versuche, in die Rolle des Abwehrchefs zu schlüpfen. Zumindest versuche ich, auf dem Platz lauter zu sein, irgendeinen auch einmal zusammenzustauchen und die Mannschaft zu dirigieren. Ich habe inzwischen einen solchen Stellenwert, dass die anderen auf mich hören", beschreibt er sein Standing in der Basler Mannschaft.

Auch neben dem Platz hat sich seit seinem Aufstieg einiges verändert. "Die Öffentlichkeit, die Medien - das sind Dinge, die sich mit der Zeit in Wil überhaupt nicht vergleichen lassen. Zudem bin ich erstmals von zu Hause weg, wohne allein. Auch das ist ein großer Schritt", so Schär, der vor seinem Wechsel zum FC Basel eine Ausbildung bei der Raiffeisenbank abschloss.

Mit diesem beruhigenden Gefühl im Rücken wirkt der Schweizer Nachwuchsspieler des Jahres 2013 sehr gefestigt, musste in seiner noch jungen Profikarriere allerdings auch noch keinen nennenswerten Rückschlag verkraften. Einen kritischen Zeitpunkt gab es dennoch.

Sinneswandel in der Jugend

"Als ich zu den B-Junioren ging, realisierte ich, dass ich zu bequem bin", berichtet er über die Zeit, als er in Wil den Sprung in die U 20 verpasste: "Klar, das war ein Schritt zurück, am Ende aber wirkte er sich positiv aus, weil ich wieder so richtig zur Freude am Fußball zurückgefunden habe. Von da an ist alles schnell gegangen."

Das kann man so sehen. Olympia, Europa-League-Halbfinale, Meisterschaft, Champions League, Nominierung für die A-Nationalmannschaft und nun winkt die WM in Brasilien. Das alles in zwei Spielzeiten.

"Klar träume ich von der WM in Brasilien. Wer tut das nicht? Es wäre unglaublich, dort dabei zu sein", erzählt er voller Vorfreude.

Topklubs stehen Schlange

Ob er bis dahin noch das Trikot des FC Basel überziehen wird, ist unklar. Ein Wechsel im Winter scheint nicht ausgeschlossen. Borussia Dortmund soll genauso wie die Borussia aus Mönchengladbach interessiert sein.

Aber auch in Italien steht der Innenverteidiger auf der Liste von Juventus, Neapel und Inter. Immer wieder wurde auch der FC Arsenal gehandelt.

Arsene Wenger wird ein guter Umgang mit Talenten nachgesagt, gleiches gilt auch für Jürgen Klopp. Gegen den Premier-League-Klub spricht allerdings das Schicksal zweier Landsleute von Schär. Auch Johan Djourou und Philippe Senderos wurde ein großes Talent nachgesagt. Beide wurden bei den Gunners nicht glücklich.

Eines scheint bei der Entscheidung jedoch gewiss: Fabian Schär wird seinen nächsten Karriereschritt genau abwägen. Denn wie sagte Alex Frei: "Er ist ein intelligenter Stratege."

Fabian Schär im Steckbrief

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