WM

Brasilien trifft FIFA auf goldenem Mittelweg

SID
Sepp Blatter erwartet in Brasilien 2014 eine außergewöhnliche Weltmeisterschaft
© Getty

Mit einer Zangengeburt nach monatelangem zähen Verhandlungen hat der brasilianische Kongress am Mittwoch das Rahmengesetz für die Weltmeisterschaft 2014 verabschiedet.

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Insgesamt 63 Änderungsanträge mussten zuvor abgestimmt werden. "Es ist letztlich der goldene Mittelweg geworden, immerhin konnten wir 80 Prozent aller Interessen gerecht werden", sagte der Vorsitzende der parlamentarischen Kommission, Vicente Candido.

Er gehört wie Staatspräsidentin Dilma Rousseff der regierenden Arbeiterpartei PT an. Dieser hatte eine schmerzhafte Niederlage gedroht.

Zugeständnisse waren nötig

Wäre es beim vorherigen Entwurf des WM-Gesetzes geblieben, wäre eine Verabschiedung kaum möglich gewesen. Deswegen mussten Zugeständnisse gemacht werden. Strittigster Punkt: Der Alkoholausschank in den Stadien. Während die FIFA auf bereits gemachte Zusagen der Regierung beharrt hatte, regte sich in weiten Teilen der Opposition Widerstand gegen den Alkohol-Ausschank in den Stadien.

So wählte die Parlamentarier-Kommission einen typisch brasilianischen Weg: Sie gab die Entscheidung weiter. Da die Frage des Alkohol-Ausschanks in den Stadien in den einzelnen Bundesstaaten sehr unterschiedlich gehandhabt wird, soll nun auch die Entscheidung individuell gefällt werden.

Eine landesweite Vorgabe sei nach Ansicht der Parlamentarier nicht durchsetzbar gewesen. Und so werden sich die FIFA und deren Sponsoren noch ein wenig gedulden müssen, um zu erfahren, ob in den WM-Stadien Alkohol fließen darf oder nicht.

WM-Tickets für Behinderte und Bedürftige

Klarheit dagegen für die gewerbetreibenden Unternehmen, deren Einrichtungen sich in der sogenannten FIFA-Zone im Radius von zwei Kilometern rund um die Stadien befinden: Diejenigen, die in dieser Zone bereits über ein Gewerbe verfügen, werden es während der WM auch weiter betreiben dürfen.

Ebenfalls ratifiziert wurde, dass ein Prozent des Kartenkontingents ist für körperlich Behinderte reserviert werden. Bei Spielen der brasilianischen Nationalmannschaft werden zehn Prozent der Tickets unter die Preiskategorie vier fallen. Sie sind für Studenten, Rentner sowie Sozialhilfeempfänger vorgesehen.

Das Gesetz muss noch vom Senat und der Staatspräsidentin selbst bestätigt werden, dies gilt jedoch als reine Formsache. Für die FIFA und die brasilianische Regierung bedeutet die Entscheidung einen wichtigen Schritt zur Normalisierung der Beziehungen, die zuletzt als gespannt galten, nachdem FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke heftige Kritik an den WM-Vorbereitungen geübt hatte.

Seine Aussage, dass Brasilien "einen Tritt in den Hintern" benötige, hatte für diplomatische Verstimmungen gesorgt.

Rebelo wollte Valcke austauschen

Brasiliens Sportminister Aldo Rebelo hatte danach gefordert, einen anderen Ansprechpartner an die Stelle Valckes zu setzen. Diese Forderung kam die FIFA nicht nach. Stattdessen geriet die brasilianische Regierung ihrerseits unter Druck: Im Jahr der Wahlen auf Kommunalebene hatten die Mitglieder der politischen Basis von Staatspräsidentin Dilma Rousseff immer mehr Druck ausgeübt und finanzielle Mittel für ihre politischen Wahlprojekte gefordert.

Da die Präsidentin mit den Zusagen auf sich warten ließ, seien auch politische Entscheidungen von den Politikern verschleppt worden. In dieser Woche habe die Präsidentin für jeden Abgeordneten ihrer Basis umgerechnet eine Million Euro freigemacht, um deren Arbeitsmoral zu steigern, hieß es. Dies könnte auch Auswirkungen auf die Abstimmung um das WM-Gesetz gehabt haben.

Die brasilianische Regierung kann sich nun auf das Vorantreiben der Stadien-Bauarbeiten konzentrieren, die bürokratischen Fragen sind mit dem Gesetz weitgehend geklärt.

FIFA-Präsident Joseph S. Blatter war zufriedengestellt. "Die brasilianische Regierung hat sich mit der Verabschiedung des Gesetzes an alle Zusagen gehalten. Trotz der Verzögerung bei den Vorbereitungen bin ich überzeugt, dass Brasilien eine außergewöhnliche WM organisieren wird", sagte Blatter.

Die WM-Qualifikation 2014 im Überblick

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