WM

Brasilien versinkt im Tränenmeer

SID
Kaka erzielte in 82 Spielen für die Selecao 27 Tore
© Getty

Felipe Melo wurde auf dem Weg in den Spielertunnel heftig attackiert, Trainer Dunga von den Fans als Esel beschimpft: Nach dem WM-Aus der Selecao bei der Fußball-WM in Südafrika und der ganz bitteren Niederlage gegen die "europäischen Brasilianer" aus den Niederlanden (1:2) brachen beim Rekordweltmeister alle Dämme.

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"Die Niederlage schmerzt sehr, viel mehr als die bei der WM 2006. Viel mehr. Mir fällt es schwer zu sprechen. Der Schmerz ist zu groß", sagte Kaka, nachdem der WM-Favorit wie schon 2006 in Deutschland bereits in der Runde der letzten Acht die Segel streichen musste. Vor vier Jahren waren die Südamerikaner gegen den späteren Vizeweltmeister Frankreich ausgeschieden (0:1).

Als der fünfmalige Weltmeister nach dem Spiel am Freitag im Teamhotel im Protea Hotel Marine kurz vor dem Rückflug in die Heimat beim Abendessen saß, herrschte zunächst eisige Stille.

"Eine Gruppe von Brüdern"

Dann stand Torhüter Julio Cesar auf und ergriff das Wort. Der Keeper vom Champions-League-Sieger Inter Mailand dankte ausgerechnet dem viel geschmähten Coach Dunga. "Du hast es geschafft, eine Gruppe von Freunden, von Brüdern zu formen. Wir wollten so sehr diesen Titel für dich gewinnen", sagte der Torhüter unter dem Applaus seiner Mannschaftskollegen.

Doch der frühere Stuttgarter Bundesliga-Profi scheint kaum noch eine Zukunft beim Rekordweltmeister zu haben. Zwar nahm der nationale Verband CBF noch nicht offiziell Stellung zum Thema Dunga, in der Heimat werden aber bereits die Namen der möglichen Kandidaten gehandelt. Die besten Karten scheint Luiz Felipe Scolari zu besitzen, der die Selecao 2002 in Südkorea und Japan zu ihrem fünften und letzten WM-Titel geführt hatte.

Dunga vor Abschied

Dunga hatte nach dem 1:2 gegen die Niederlande bereits seinen Abschied angekündigt. "Man wusste vom Beginn meiner Arbeit an, dass es vier Jahre sein werden", sagte der Weltmeister-Kapitän von 1994, der 2006 seinen Job beim Rekord-Weltmeister angetreten hatte. Neben dem Selecao-Coach wird wohl auch sein Assistent Jorginho (früher Profi bei Bayer Leverkusen und Bayern München) seinen Platz beim CBF räumen müssen.

Brasiliens Pechvogel Felipe Melo sollte sich auch erst einmal aus der Nationalmannschaft zurückziehen. Der Mittelfeldspieler, der per Eigentor den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich verursacht hatte (53.) und dann auch noch wegen Nachtretens gegen Arjen Robben vom Platz gestellt worden war (73.), musste sich auf dem Weg in den Spielertunnel übelste Beschimpfungen von Selecao-Fans anhören. Die Polizei konnte die aufgebrachten Anhänger gerade noch abdrängen.

Doch der 26-jährige Felipe Melo vom italienischen Rekordmeister Juventus Turin wollte trotz seines Eigentores und der Roten Karte die Schuld an der Niederlage nicht alleine tragen. "Ich bin nicht der Alleinschuldige, wir sind eine Gruppe. Ich habe meinen Anteil an der Schuld, wie jeder andere auch. Wir haben zusammen versagt", sagte Melo.

"Ich habe ihn nicht bespuckt"

Selbst den berechtigten Platzverweis nach seinem Tritt gegen Robben bezeichnete Felipe Melo als ungerechtfertigt: "Bei der Aktion hat der Schiedsrichter gemeint, dass es eine Rote Karte war. Aber ich habe ihn nicht ins Gesicht geschlagen oder auf ihn gespuckt. Ich musste auf den Ball treten, um ihn aus Robbens Füßen zu schlagen."

Trotz aller Ausflüchte kann sich Melo aber einen gemütlichen Urlaub in seiner brasilianischen Heimat wohl vorerst abschminken. "Felipe Melo sollte seine Ferien besser nicht in Brasilien verbringen", schrieb WM-Rekordtorschütze Ronaldo auf seinem Twitter-Account.

System Dunga scheitert an sich selbst