WM

Ghana schlägt enttäuschende Serben

Von Thomas Gaber / Martin Rösch
Marco Pantelic hatte im Angriff der Serben einen schweren Stand
© Getty

Die Black Stars haben im ersten Spiel der Gruppe D das höher eingeschätzte Serbien mit 1:0 (0:0) bezwungen. Asamoah Gyan verwandelte einen von Zdravko Kuzmanovic verursachten Handelfmeter in der 84. Minute zum Sieg.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor 40.000 Zuschauern in Pretoria war Ghana über 90 Minuten die bessere Mannschaft gegen biedere Serben.

So diskutierten die mySPOX-User während des Spiels

Nachbetrachtung:

Serbien wurde hoch gehandelt - und ist tief gefallen. Die Wundertüte der WM entpuppte sich zum Auftakt als harmloser Haufen, der bis auf ein paar einstudierte Standards nichts zu bieten hatte und sich durch Undiszipliniertheiten selbst in eine denkbar schlechte Position manövrierte.

Zwei Siege gegen Deutschland und Australien sind Pflicht, um das Achtelfinale noch zu erreichen. Die Leistung gegen Ghana gibt wenig Anlass zu Hoffnung. Das plumpe Rezept, lange Bälle auf Pantelic zu schlagen, ging nicht auf.

Trainer Antic bleibt bis zum Spiel gegen Deutschland wenig Zeit, um herauszufinden, warum seine Spieler ihr Potential nicht ansatzweise ausschöpfen konnten. Das Problem des Trainers: Seine 1A-Elf enttäuschte, Alternativen gibt es kaum.

Die Köpfe der Mannschaft, Star-Verteidiger Vidic und Champions-League-Sieger Stankovic drückten sich vor der Verantwortung, Jungstar Krasic war den hohen Erwartungen nicht gewachsen.

Gegen die DFB-Elf geht es für Serbien schon um alles oder nichts. Deutschland in der Form muss nicht bange sein vor dieser Mannschaft. Doch ein angeschlagener Boxer ist bekanntlich am gefährlichsten.

Ghana dagegen ist die positive Überraschung des Turniers. Die Black Stars machen aus der Not eine Tugend. Der Ausfall von Superstar Essien wurde durch Kompaktheit, Leidenschaft und enorme Disziplin wettgemacht. Trainer Rajevac ist es gelungen, ein Team ohne Stars auf den Punkt fit zu bekommen.

Ghana hat die Basis gelegt für ein ähnlich gutes Abschneiden wie bei der WM 2006, als bei der ersten Teilnahme gleich das Achtelfinale erreicht wurde. Damals rannten naive Ghanaer gegen Brasilien ins Verderben. Die Mannschaft von 2010 ist einen Schritt weiter. Und das ohne die Seele Essien.

Reaktionen:

Asamoah Gyan (Torschütze Ghana): "Mit der Hilfe von Gott haben wir drei Punkte gewonnen. Ein Sieg im ersten Spiel ist sehr wichtig. Alle zu Hause, meine ganze Familie werden jetzt feiern. Darauf haben Ghana und Afrika gewartet."

Hans Sarpei (Ghana): "Wir fahren jetzt ins Hotel. Dann sollten wir uns auf die nächsten Spiele konzentrieren."

Zdravko Kuzmanovic (über sein Handspiel): "Das war Blödsinn von mir. Ich kann mich bei der Mannschaft nur entschuldigen. Ich wollte mit dem Kopf hin, mein Arm ging auch hoch, der Ball geht an die Hand."

Radomir Antic (Trainer Serbien): "Die Gelb-Rote Karte war spielentscheidend. Ein Fehler hat den Unterschied gemacht. Ghana war heute einfach glücklicher als wir. Vor dem Elfmeter hatten sie keine echte Chance. Das Ergebnis ist ein großer Schock für uns, jetzt müssen wir all unsere Energie für das Spiel gegen Deutschland sammeln."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Serbiens Coach Antic entscheidet sich für Lukovic anstelle von Subotic in der Innenverteidigung. Kolarov bekommt hinten links den Vorzug vor Obradovic.

Bei Ghana sitzt Kapitän Appiah auf der Bank. Kevin-Prince Boateng spielt im 4-2-3-1 im defensiven Mittelfeld neben Annan.

30.: Die Antic-Elf bleibt nur bei Standards gefährlich. Diesmal versucht es Kolarov aus 22 Metern halbrechts direkt. Der gefühlvolle Schlenzer rauscht nur knapp am rechten Eck vorbei.

55.: Tagoe hat auf rechts nicht zum ersten Mal alle Freiheiten und darf in aller Ruhe flanken. Ayew kommt am zweiten Pfosten zum Kopfball, zielt aber einen Meter vorbei.

61.: Pfosten! Die serbische Hintermannschaft nach einem langen Einwurf von rechts im Tiefschlaf. Gyan steigt als Einziger hoch und köpft die Kugel aus sieben Metern an den rechten Außenpfosten.

74.: Gelb-Rote Karte für Lukovic. Der Serbe hält im Mittelfeld äußerst ungeschickt Annan fest. Klare Sache. Das ist die zweite Gelbe für den Innenverteidiger.

79.: Aus dem Nichts die Riesenchance für Serbien. Lazovic setzt sich auf links klasse bis zur Grundlinie durch und legt nach hinten ab. Pantelic verpasst noch, aber Krasic ist dahinter zur Stelle. Der Schuss des Blondschopfs geht aus acht Metern genau auf Kingson, der mit den Fäusten klärt.

83.: Elfmeter für Ghana! Kuzmanovic klärt eine lange Ayew-Flanke von links vor dem lauernden Boateng mit der Hand. Keine Diskussion und Gelb für den Stuttgarter.

84., 0:1, Gyan: Ghanas Stürmer lässt Stojkovic keine Chance. Oben links schlägt's ein.

Fazit: Ghana stürzt das hochgehandelte Serbien mit Leidenschaft und Spielkunst. Serbien spielte schwach und schlug sich am Ende auch noch selbst.

Der Star des Spiels: John Mensah. Ghanas Abwehrchef und Interimskapitän organisierte seine Viererkette brilliant. Starkes Stellungsspiel und robustes, aber faires Zweikampfverhalten zeichneten Mensah aus. In der ersten Halbzeit hätte er Ghana nach einem Freistoß beinahe in Führung geköpft.

Wer ist Euer "Man of the Match"? Hier geht's zum Voting!

Die Gurke des Spiels: Milos Krasic. Der blonde Engel sollte im Offensivspiel der Serben eine Schlüsselrolle einnehmen. Doch vom Spieler des ZSKA Moskau war überhaupt nichts zu sehen. Krasic tauchte völlig ab und offenbarte zudem bei der Ballannahme technische Schwächen. Auch seine Ausflüge in die Mittelfeldzentrale oder ins Sturmzentrum blieben erfolglos. In der Schlussphase vergab Krasic die Großchance zum Sieg. Ein möglicher Star der WM ist gleich im ersten Spiel tief gefallen.

Die Pfeife des Spiels: Hector Baldassi. Der Chilene zog, wie seine Kollegen in den vorangegangenem Spielen, die strenge Linie der Referees durch. Zigic und Mensah bekamen fürs erste heftigere Einsteigen die Gelbe Karte. Baldassi war ein angenehm zurückhaltender Schiedsrichter, der die weitgehend faire Partie jederzeit im Griff hatte.

Analyse: Die Rollen waren vor dem Spiel klar verteilt. Ghana wurde ohne die Seele des Spiels, Michael Essien, wenig zugetraut. Doch die Black Stars haben sich den Sieg verdient gegen über die Maßen enttäuschende Serben.

Der Mannschaft von Trainer Antic gelang es zu keinem Zeitpunkt, ein vernünftiges Angriffsspiel aufzuziehen. Kurzpassspiel, anständige Ballstafetten und Torgefahr, alles Attribute des serbischen Fußballs, fielen komplett aus. Der Ball wurde meist schon aus der Viererkette lang nach vorne auf Pantelic geschlagen, der aber bei Vorsah und Mensah in besten Händen war. Krasic und Ivanovic auf den Außenpositionen hingen in der Luft.

Auch von der Mittelfeldzentrale Stankovic/Milijas ging keinerlei Kreativität aus. Das Tempo war sehr überschaubar. Wenn's für Ghana-Keeper Kingson gefährlich wurde, dann nach Standards. Einziger Pluspunkt im Spiel der Serben: die hohe Laufbereitschaft bei Ballbesitz Ghana. Bis auf Pantelic waren alle Serben blitzschnell hinter dem Ball.

Ghana zeigte die technisch reifere Spielanlage. Boateng, der ein klasse Spiel machte, und Annan verteilten die Bälle auf die Flügel, wo Ayew und Tagoe, unterstützt von den Außenverteidigern Sarpei und Paintsil, ihre Geschwindigkeitsvorteile gegenüber Ivanovic und Kolarow ausspielen konnten. Das Umschalten nach der Balleroberung klappte deutlich besser als bei den Serben.

Ghana erspielte sich einige gute Tormöglichkeiten, doch die letzte Entschlossenheit fehlte. Ein albernes Handspiel des eingewechselten Stuttgarters Kuzmanovic brachte Ghana letztlich den hochverdienten Dreier.

Serbien - Ghana: Daten zum Spiel