WM

Gyan schießt Ghana ins Viertelfinale

Von Andreas Lehner
Ein Schuss für Afrika: Asamoah Gyan erzielt den entscheidenden Treffer gegen die USA
© Getty

Ghana hält bei der WM in Südafrika weiter die Fahne des afrikanischen Kontinents hoch. Die Black Stars setzten sich im Achtelfinale gegen die USA in der Verlängerung mit 2:1 durch und treffen im Viertelfinale auf Uruguay, das am frühen Abend Südkorea bezwang.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor 35.000 Zuschauern im Royal-Bafokeng-Stadion in Rustenburg brachte Kevin-Prince Boateng Ghana in Führung (5.). Der Ex-Bundesliga-Profi Landon Donovan besorgte per Elfmeter den Ausgleich (62.). Asamoah Gyan war es vorbehalten, in der Verlängerung den entscheidenden Treffer zu erzielen (93.).

Ghana ist damit die dritte afrikanische Mannschaft nach Kamerun (1990) und dem Senegal (2002), die bei einer Weltmeisterschaft das Viertelfinale erreicht. Das Spiel gegen Uruguay findet am 2. Juli im Ellis Park in Johannesburg statt. Ghana muss dabei allerdings auf Dede Ayew und Jonathan Mensah verzichten. Beide sahen ihre zweite Gelbe Karte im Turnier.

Nachbetrachtung:

Kevin-Prince Boateng hatte vor dem Spiel angekündigt, nun für ganz Afrika spielen zu wollen. Ghana ist die letzte verbliebene afrikanische Mannschaft bei der Heim-WM, hält die Hoffnung auf einen historischen Moment weiter am Leben. Gegen die USA zeigten die Black Stars, dass ihnen diese Last nicht zu schwer ist.

Also lebt der Traum von der ersten afrikanischen Mannschaft im Halbfinale einer WM - oder sogar mehr - weiter. Ghana ist bei dieser WM die taktisch stärkste Mannschaft ihres Kontinents und scheint auch die Schwachstelle im Tor in den Griff bekommen zu haben. Allerdings dürfen sie sich gegen Uruguay nicht so viele Unsicherheiten in der Defensive erlauben. Forlan und Suarez bestrafen diese eiskalt.

Trotzdem ist Uruguay zwar ein harter, aber sicher auch schlagbarer Gegner. Entscheidend wird dabei auch sein, ob Boateng, der gegen die USA verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste, bis zum Viertelfinale fit wird. Er ist ordnende Hand und Antreiber im Mittelfeld.

Die Amerikaner müssen dagegen früher als gedacht die Heimreise antreten. In den USA war gerade eine große Euphorie rund um den Soccer zu spüren. Ein Viertelfinaleinzug hätte der weiteren Entwicklung sicher gut getan. Dem Team wurde aber erneut seine Schlafmützigkeit zu Beginn des Spiels und der Verlängerung zum Verhängnis. Diesmal konnten die US-Boys kein Comeback mehr starten.

Reaktionen:

Milovan Rajevac (Trainer Ghana): "Es war ein sehr schwieriges Spiel. Ich muss den amerikanischen Spielern und ihrem Trainer gratulieren, sie haben sehr gut gekämpft. Aber ich muss auch meiner Mannschaft gratulieren. Als sie den Ausgleich hinnehmen musste, hat sie einfach weitergemacht, ihre Stärke und ihre Kraft ausgespielt - und es noch geschafft. Das war eine exzellente Leistung."

Bob Bradley (Trainer USA): "Wir mussten heute immer einem Rückstand hinterherlaufen, das war einmal zuviel. Nachdem wir in der Verlängerung wieder in Rückstand gerieten, hatten wir physisch nichts mehr drauf, weil wir soviel in dieses Spiel investiert haben. Wir haben uns zuvor zu oft in Schwierigkeiten gebracht. Dafür mussten wir heute bezahlen."

Asamoah Gyan (Torschütze Ghana): "Wir haben nicht nur Ghana, sondern ganz Afrika stolz gemacht. Ich bin der glücklichste Mensch auf der Welt"

Landon Donovan (Torschütze USA): "Wir waren ein bisschen naiv heute. Auf diesem Niveau darf man keine Fehler machen, sonst wird man bestraft. Natürlich bin ich enttäuscht, dass wir ausgeschieden sind. Wir haben so hart gearbeitet und alles gegeben. Trotzdem bin ich sehr stolz."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Die USA auf zwei Positionen verändert: Clark spielt für Edu und Findley für Gomez. Bei den Ghanaern beginnt Inkoom für den Hoffenheimer Tagoe.

5., 0:1, K.P. Boateng: Schrecklicher Ballverlust von Clark an der Mittellinie. Boateng schnappt sich den Ball und nimmt Tempo auf. DeMerit weicht zu weit zurück und Boateng drischt den Ball aus 17 Metern mit links ins kurze Eck. Sein erstes Länderspieltor für Ghana.

35.: Kingson hält die Führung fest. Jonathan Mensah mit einem Querschläger in der eigenen Hälfte. Donovan reagiert sofort und schickt Findley. Der ist frei durch und zieht aus zehn Metern ab. Genau auf den Mann, Kingson wehrt ab.

47.: Donovan flankt von rechts in die Mitte. Jonathan Mensah ist zu unbeweglich und verpasst den Ball. Altidore legt am Elfmeterpunkt auf Feilhaber quer. Der geht zwei Schritte und versucht den Lupfer gegen Kingson. Aber der fährt die linke Hand aus und hat den Ball.

62., 1:1, Donovan (Elfmeter): Dempsey tunnelt John Mensah vor dem Strafraum und wird von Jonathan Mensah im Sechzehner umgegrätscht. Klarer Elfmeter. Donovan übernimmt Verantwortung und setzt den Ball direkt neben den rechten Innenpfosten. Kingson ist in der falschen Ecke.

81.: Langer Ball von Bocanegra. Altidore im Laufduell mit John Mensah. Der Amerikaner stellt den Körper rein und kommt acht Meter vor dem Tor im Fallen mit links zum Abschluss. Einen halben Meter am rechten Pfosten vorbei.

93., 1:2, Gyan: Langer Ball tief aus der eigenen Hälfte in die Spitze. DeMerit und Bocanegra stehen zu weit auseinander. Gyan nimmt den Ball mit der Brust mit, lässt sich auch von Bocanegras Bodycheck nicht stoppen und wuchtet das Ding aus zehn Metern über den Kopf von Howard ins Netz.

Fazit: Glücklicher, aber nicht unverdienter Sieg der Ghanaer, weil die Afrikaner die erste Hälfte dominierten und in der Verlängerung frischer waren.

Der Star des Spiels: Richard Kingson (SPOX-Note 1). Galt vor dem Turnier als große Schwachstelle der Black Stars. Rettete sein Team gegen die USA gleich mehrmals in die Verlängerung. Wirkte in jeder Situation ruhig und sicher. Boxte in der Schlussphase der Verlängerung fast alle hohen Bälle aus dem Strafraum.

Für die SPOX-User war Kevin-Prince Boateng der "Man of the Match"

Die Gurke des Spiels: Ricardo Clark (SPOX-Note 6). Leistete sich vor dem 0:1 einen haarsträubenden Ballverlust und machte gleich im Anschluss seinem Spitznamen Rambo alle Ehren und senste völlig ohne Not K.P. Boateng im Mittelfeld um. Wirkte auch danach total überfordert und fand nie seinen Platz auf dem Feld. Wurde nach einer halben Stunde erlöst.

Die Pfeife des Spiels: Viktor Kassai (Ungarn). Hatte mit der fairen Begegnung wenig Probleme, leistete sich aber ein paar kleine Unsicherheiten. Hätte den Amerikanern nach einer Stunde einen Freistoß an der Strafraumgrenze zusprechen müssen. Entschied dafür eine Minute später zurecht auf Strafstoß. Die Gelbe Karte gegen D. Ayew war zu hart.

Analyse: Die Ghanaer zeigten sich gut erholt von der Niederlage gegen Deutschland, die Amerikaner konnten dagegen den Schwung des Last-Minute-Sieges gegen Algerien nicht nutzen. Wie schon gegen England kassierten die US-Boys ein frühes Gegentor und liefen dann eine Halbzeit lang planlos dem Rückstand hinterher.

Die Ghanaer waren in allen Belangen überlegen. Sie hatten die bessere Raumaufteilung, das präziserer Passspiel und wirkten auch geistig und körperlich frischer. Allerdings verpassten die Afrikaner die Chance, aus ihrer Überlegenheit mehr Kapital zu schlagen und holten die Amerikaner so zurück in die Partie.

Deren Spiel bekam erst etwas mehr Struktur und Tempo als Coach Bradley den völlig indisponierten Clark vom Feld nahm und durch Edu ersetzte. Ebenfalls positiv bemerkbar machten sich die Hereinnahme von Feilhaber und die höhere Laufbereitschaft sowie die gesteigerte Aggressivität in den Zweikämpfen nach der Pause. Denn in der zweiten Hälfte spielte nur noch die USA, bis sich beide Teams knapp zehn Minuten vor Ende auf die Verlängerung einigten.

Dort nutzte Gyan die erste sich bietende Chance im Stil eines Klassestürmers und entschied die Partie zugunsten der Afrikaner. Die USA hatte nach dem 1:2 nichts mehr entgegen zu setzen.

USA - Ghana: Fakten zum Spiel