WM

Schneider: "Noch einmal Finale mit Ballack"

Von Interview: Liane Killmann
Bernd Schneider (r.) nimmt im WM-Finale 2002 mit Carsten Ramelow Brasiliens Rivaldo in die Zange
© Getty
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SPOX: Es war nicht nur die erste WM, die von zwei Nationen ausgerichtet wurde, sondern auch die erste in Asien. Wie müssen wir uns Fußballbegeisterung in Fernost vorstellen?

Schneider: Die war riesengroß, gerade in Südkorea. Das Team ist natürlich auch weit gekommen, bis ins Halbfinale gegen uns. Vor diesem Spiel gab es nur noch begeisterte Menschen in roten T-Shirts auf den Straßen, das war der Wahnsinn. Auch in Japan herrschte Begeisterung. Und die Menschen waren sehr zuvorkommend, die haben immer gelächelt.

SPOX: Womit haben Sie sich die Zeit vertrieben zwischen den Spielen?

Schneider: Ich habe mit meinem Kumpel Oliver Neuville an der Leinwand Playstation gespielt.

SPOX: Fußball?

Schneider: Nee, damals gab es 'Jetski', das war sensationell. Das haben wir erst in Japan bekommen. Da haben wir stundenlang gezockt.

SPOX: Und wer hat gewonnen?

Schneider: Wir sind auch gegeneinander gefahren. Aber wer da jetzt gewonnen hat? (Überlegt.) Ich sage jetzt einfach mal: 'Ich!' (lacht). Das ist natürlich die reine Wahrheit.

SPOX: Klar. Nun waren sie in Asien weit weg. Was bekamen Sie von dem Jubel in Deutschland mit?

Schneider: Damals fing die Euphorie langsam an. Anders als heutzutage. In Asien hatten wir höchstens mal eine Zeitung. Im Hotel gab es nur ARD und ZDF, weil die Medienleute im Nachbarhotel wohnten und eine Leitung zu uns rüber gelegt hatten.

SPOX: Im Halbfinale kassierte Michael Ballack diese fatale dritte Gelbe Karte, gleichbedeutend mit der Finalsperre. Wie haben Sie das erlebt?

Schneider: Es gibt vier, fünf Spiele, die ich gerne noch einmal spielen würde. Eines davon ist das WM-Endspiel von 2002 mit Michael Ballack. Es war klar zu sehen, dass er sich für die Mannschaft geopfert hat. Er hat sicher nicht drüber nachgedacht, dass es seine dritte ist. Der Südkoreaner wäre sonst frei durchgewesen, wahrscheinlich wäre es ein Tor geworden.

SPOX: Sie spielten aber auch ohne Ballack ein überragendes Finale. Ihren Spitznamen "Weißer Brasilianer" mussten Sie danach nicht mehr erklären. Roberto Carlos dürfte hinterher schwindelig gewesen sein, oder?

Schneider: Er kannte mich ja schon aus dem Champions-League-Finale. Das war definitiv einer meiner Lieblingsgegner. Wir haben beide mit offenem Visier gegeneinander gespielt. Er nach vorne, ich nach vorne, ohne sinnlos die Beine zu zertreten. Aber eigentlich wäre ich lieber nach zehn Minuten ausgewechselt worden, weil ich schlecht gespielt hätte, und wir wären Weltmeister geworden.

SPOX: Auch wenn das Endspiel verloren ging, konnten Sie für sich etwas Positives daraus mitnehmen?

Schneider: Na klar! Dass wir es den vielen Kritikern gezeigt haben. Dass wir eigentlich nicht sooo schlecht sind. Dass wir unser bestes Spiel im Endspiel gemacht haben. Selbst die Kritiker haben sich am Schluss gewünscht, wir hätten lieber schlecht gespielt und gewonnen.

SPOX: Wie hat die Mannschaft die Silbermedaille von Yokohama gefeiert?

Schneider: Ganz ordentlich! Der Bundeskanzler Gerhard Schröder war da mit seiner Frau. Es gab eine Feier im Hotel noch am selben Abend. Da hat eine Band gespielt, ich habe ganz vergessen, welche das war. Am nächsten Morgen sind wir dann schon wieder zurückgeflogen.

SPOX: Und dann war in Deutschland Party angesagt?

Schneider: Ja, das hatte ich so nicht erwartet. Ich kannte das nicht. Nur aus dem Fernsehen. Dieser Jubel, als wir in Frankfurt ankamen und dann am Römer. Das war ein toller Abschluss.

SPOX: Konnten Sie nach diesem ereignisreichen Jahr gut abschalten, im Urlaub einfach mal nichts machen?

Schneider: Das fiel mir schon schwer. Gerade weil ich vier Spiele verloren hatte und vier Mal Vizemeister wurde. Das kommt nicht allzu oft vor. Die Niederlagen musste ich erst verarbeiten. Aber Zeit, lange zurückzuschauen, gibt es in diesem schnelllebigen Geschäft nicht. Wenn du gestern überragend gespielt hast, zählt es nicht mehr.

SPOX: Im Vorfeld der WM haben Sie vor der schwierigen Gruppe der Deutschen gewarnt. Jetzt wird es tatsächlich noch einmal eng. Was ist denn gegen Serbien schief gelaufen?

Schneider: Man kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Moral, Einsatzbereitschaft, Laufbereitschaft, das hat ja alles gestimmt, auch nach dem Rückstand. Aber sie haben ihre Möglichkeiten nicht genutzt. So einfach ist das. Dann kam noch der verschossene Elfmeter dazu. Und es war ärgerlich, dass der Schiedsrichter bei so leichten Fouls mit Gelb nur so um sich wirft.

SPOX: Gegen Ghana gibt es ein echtes Endspiel. Wie lautet Ihre Prognose?

Schneider: Deutschland konnte schon immer gut mit Drucksituationen umgehen. Ich gehe ganz fest davon aus, dass wir den Platz als Sieger verlassen und uns für das Achtelfinale qualifizieren.

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