WM

Nicklas Bendtner: Der Beste auf dem Planeten

Von Marcus Giebel
Nicklas Bendtner erzielte in 32 Länderspielen für Dänemark elf Treffer
© Getty

32 Teams nehmen an der Weltmeisterschaft in Südafrika teil. Jedes Teilnehmerland hat seine eigene Geschichte zu erzählen. SPOX greift aktuelle Entwicklungen auf, lässt Protagonisten zu Wort kommen oder beleuchtet historische Ereignisse. Heute: Dänemark.

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Eine Sekunde, die alles verändert. Ein einziger Wimpernschlag, in dem eine hoffnungsvolle Karriere beendet und ein ganzes Leben völlig aus der Bahn geworfen werden kann. Und das alles nur wegen einer kleinen Konzentrationsschwäche, einer kurzen Ablenkung.

Doch Nicklas Bendtner hat Glück gehabt. Großes Glück. An diesem Tag im September 2009. Auf dem Weg zum Training seines FC Arsenal verliert der Däne die Kontrolle über seinen Aston Martin. Der Sportwagen kommt von der Straße ab, durchbricht einen Zaun und prallt mit voller Wucht gegen einen Baum.

Nahezu unverletzt entsteigt Bendtner dem völlig demolierten Fahrzeug. Ein Reifen ist weggeflogen, die Motorhaube ebenso wie das Dach eingedrückt. Eines ist sicher: Ein Beifahrer wäre nicht so glimpflich davon gekommen, wie der Stürmer.

Aston Martin als Lebensretter

Bis auf Schmerzen an Schultern und Knien bleibt Bendtner unversehrt. Er weiß, bei wem er sich - neben seinem Schutzengel - zu bedanken hat: "Der Aston Martin ist mein Traumauto. Schließlich hat er mir das Leben gerettet."

Wenige Tage später steht ein neues Modell in der Garage des mittlerweile 22-Jährigen. Darauf angesprochen, ob er sich sofort wieder in ein solch PS-starkes Gefährt setzen könne, antwortet Bendtner lapidar: "Man muss auch mal Risiken eingehen. Sonst ist das Leben langweilig."

Er sagt eben, was er denkt. Ob es Journalisten, Teamkollegen und der Öffentlichkeit passt, oder nicht. "Wenn mich jemand fragt, ob ich der beste Stürmer der Welt bin, würde ich das bejahen, weil ich davon überzeugt bin", ist nur eine der Aussagen, die ihn in den Augen vieler als arrogant herüberkommen lassen.

Das Warten auf weitere Hattricks

Bendtner sieht das freilich ganz anders. "Es gibt einen Unterschied zwischen Arroganz und An-sich-glauben", sagt's - und kündigt nach seinem Dreierpack in der Champions League beim 5:0 über den FC Porto ganz ungeniert weitere Hattricks im Arsenal-Trikot an.

Diese lassen bislang auf sich warten, auch wenn Bendtner aufgrund der Verletzung von Robin van Persie in diesem Jahr häufig auf seiner Lieblingsposition im Sturmzentrum ran durfte. Sein Coach Arsene Wenger ist trotz der noch fehlenden Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor überzeugt von seinem Big Dane: "Wenn er seine Leistung abruft, ist er für jede Abwehr der Welt eine Gefahr. Aber mit 22 Jahren kann er immer noch dazulernen."

Bendtners Lieblingsfeind, das Boulevardblatt "Sun", stößt dagegen gern in die offene Wunde. Nach seinen sechs vergebenen Hochkarätern gegen Burnley kurz vor der Porto-Gala titelte die Zeitung: "Bendtner hat die Arroganz von Thierry Henry, aber leider nicht seine Klasse vor dem Tor."

Folgenschwerer TV-Auftritt

Dabei ist Bendtner nicht nur wegen seiner Aussagen wie gemacht für die Klatschpresse. Seit vergangenem Jahr ist er mit der dänischen Baronin Carolin Fleming zusammen, der Ex-Frau des Bankiers Rory Fleming. Nach einem gemeinsamen Auftritt im Fernsehen sprach Bendtner sie an - 13 Jahren Altersunterschied zum Trotz.

Zu Hause gelten sie seither als das Pendant zu David und Victoria Beckham. "Wir waren noch nicht zusammen in Dänemark. Aber wenn wir nach der WM in unserer Heimat vorbeischauen sollten, werden wir sicher ein großes Thema sein. So ist das nun mal", weiß Bendtner.

Mittlerweile haben sie sich den Namen des Partners auf die Handgelenke tätowieren lassen, Gerüchte über Bendtners Umzug in Flemings Villa machen die Runde. Bendtner betont zumindest: "Mein Leben hat sich sehr verändert. Früher war ich viel unterwegs und habe getan, was junge Menschen so machen. Aber das war, bevor ich meine Freundin traf."

Schwierigkeiten mit Mannschaftskameraden

Abgeblitzt ist der forsche Däne dagegen bei Teamkollege Eduardo da Silva. Vor der Saison wollte er die Rückennummer 9 des Kroaten übernehmen. Doch der ließ sich nicht erweichen. Seither trägt er die 52 auf dem Rücken.

Ohnehin hatte es Bendtner nicht immer leicht mit den Mannschaftskameraden. Mit Emmanuel Adebayor geriet er in der Kabine häufig aneinander, vor zwei Jahren mussten Mitspieler die beiden Sturköpfe vor einer handfesten Auseinandersetzung während des Ligapokalspiels gegen Tottenham Hotspur bewahren.

Das Resultat: eine blutende Nase beim laut Adebayor respektlosen Dänen.

"Mannschaftsdienlich und kopfballstark"

Seit dem Abgang des Stürmers aus Togo jedoch spielt Bendtner befreiter auf. Und führt Arsenal erneut in die Champions League. Das erkennt auch Wenger an: "Er verhält sich sehr mannschaftsdienlich und gibt unserem Spiel mit seiner Kopfballstärke eine neue Note."

Dennoch ist seine Zukunft bei den Gunners offen. Denn im Sommer soll Marouane Chamakh von Girondins Bordeaux nach Highbury kommen. Der Marokkaner wäre ein weiterer Konkurrent im Angriff. Und nicht wenige glauben, dass die Zeit von "Super Nick" bei Arsenal trotz eines Vertrags bis 2014 abgelaufen ist.

"Bei der WM ist alles möglich"

Für die dänische Auswahl ist er hingegen unverzichtbar. Bendtner ist mit Abstand das größte Sturmtalent im Team von Trainer Morten Olsen. Das Turnier in Südafrika hat er fest im Blick. Die Erwartungen sind - wie es sich für Bendtner gehört - riesig.

"Die Niederlande sehe ich als absoluten Favoriten auf den Gruppensieg, aber ich denke, dass wir die Power und die Mentalität haben, um uns durchzusetzen und ebenfalls die K.o.-Phase zu erreichen. Und dann ist alles möglich", sagte er kürzlich im SPOX-Interview.

Keeper Sörensen verletzt

Doch der Europameister von 1992 plagt sich mit Verletzungssorgen. Torwart Thomas Sörensen zog sich im Ligaspiel mit Stoke City gegen den FC Chelsea eine Ellbogenverletzung zu. Die Nummer eins gibt zwar schon leichte Entwarnung: "Ich habe noch ein bisschen Hoffnung, weil die Verletzung nicht so schlimm ist wie zunächst befürchtet."

Allerdings hatte Olsen stets betont, nur vollkommen fitte Spieler nach Südafrika mitnehmen zu wollen. Wohl auch der Grund, warum Bendtner ihm das wahre Ausmaß des Unfalls vom September lange verheimlicht hat. Die Leistenprobleme, wegen denen er wochenlang pausieren musste, sind noch immer nicht abgeklungen.

Jagd auf den Stürmer-Thron

"Durch die vielen Spiele in den vergangenen Wochen konnte ich nie richtig regenerieren. Aber es wird von Tag zu Tag besser", verrät Bendtner der dänischen Zeitung "BT", und schiebt gleich hinterher: "Ich werde bei der WM fit sein."

Und in der neuen Saison den Großangriff auf Didier Drogba, Wayne Rooney und Lionel Messi starten. Bendtner schickt schon mal eine Kampfansage an die Stürmer dieser Welt: "Durch die Leistenprobleme nach dem Unfall bin ich noch nicht da, wo ich hinwollte. Aber wenn ich nach der WM einen Monat zur Regeneration habe und mein Körper wieder in Ordnung ist, kann man von mir weit mehr erwarten."

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