WM

Brasilien zerlegt Weltmeister Spanien

Von Stefan Rommel
Schossen die Selecao zum Sieg über den Weltmeister: Fred (r.) und Neymar
© getty

Brasilien ist Confed-Cup-Sieger 2013. Der Gastgeber besiegte Welt- und Europameister Spanien mit 3:0 (2:0) und holte sich zum vierten Mal den Titel.

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Vor 76.000 Zuschauern erzielten Fred nach 94 Sekunden und Neymar (44.) vor der Pause die Tore für die Selecao. Wiederum Fred machte nur zwei Minuten nach dem Wechsel den Deckel auf die Partie.

Sergio Ramos vergab in der 54. Minute die Chance, vielleicht doch noch einmal zurück ins Spiel zu kommen, als er per Foulelfmeter scheiterte. Gerard Pique sah in der 68. Minute nach einem Foulspiel an Neymar die Rote Karte.

Für Brasilien war es nach den Unruhen im Vorfeld um die Selecao der krönende Abschluss eines nahezu perfekten Confed Cups. Spanien dagegen kassierte nach 29 Pflichtspielen in Folge die erste Niederlage.

Fred wurde zusammen mit Spaniens Fernando Torres mit je fünf Treffern Torschützenkönig, Neymar wurde zum besten Spieler des Turniers ausgezeichnet.

Vor der Partie war es in Rio de Janeiro wieder zu Demonstrationen und heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen.

Reaktionen:

Luiz Felipe Scolari: "Das konnte keiner erahnen. Unser Ziel ist ein viel schwierigeres Turnier. Aber wir haben einen Weg gefunden, den wir jetzt weitergehen werden - und dies mit viel Selbstvertrauen."

Neymar: "Ich hätte das ehrlich gesagt nicht erwartet. Ich bin sehr zufrieden, dass wir uns auf so einem Niveau präsentieren konnten. Der Titel war sehr wichtig für uns. Es ist ein großer Schritt nach vorne und wir sind sehr glücklich damit. Ein Finale wie dieses zu Hause zu bestreiten ist ein unglaubliches Gefühl."

Paulinho: "Wir wussten, dass wir ihnen nur ganz wenig Platz lassen dürfen, um eine Chance auf den Sieg zu haben. Das haben wir optimal umsetzen können."

Luiz Gustavo: "Das ist ein wunderschönes Gefühl, ein solches Finale in diesem Stadion zu gewinnen. Was will man mehr?"

Vicente Del Bosque: "Sie hatten etwas Glück mit den frühen Toren Anfang der ersten und Anfang der zweiten Hälfte, aber ich will keine Ausreden für unsere Niederlage suchen. Brasilien hat den Titel verdient und wir müssen ihnen gratulieren. Ich denke wir haben ein gutes Turnier gespielt, außer heute. Brasilien war einfach besser."

Iniesta: "0:1 in Rückstand zu geraten nach nur einer Minute, an einem Ort wie diesem, hat es für uns sehr schwer gemacht. Für sie war nach dem 1:0 alles leichter, wir müssen uns eingestehen, dass sie vieles besser gemacht haben als wir."

Pique: "Brasilien hat uns eine klare Botschaft für die WM im nächsten Jahr geschickt. Sie haben gezeigt, dass sie ein Team sind, dass das Spiel bestimmen kann, aber ich glaube, dass es nicht unmöglich ist sie zu schlagen. Neymar ist ein Supertalent. Er hat wunderbare Aktionen im ganzen Turnier gebracht, auch heute. Ich bin sehr glücklich, dass ich nächstes Jahr mit ihm in einem Team spiele."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Brasilien lässt Dante erneut auf der Bank. Spanien mit Mata in der Startelf. Ansonsten keine Überraschungen.

2., 1:0, Fred: Hulk flankt von der rechten Seite. Spanien in der Mitte in Gleichzahl und schlecht postiert. Casillas bleibt beim Ball in den Fünfer auf der Linie. Von Neymar prallt der Ball zu Fred, der im Liegen aus drei Metern über Casillas schaufelt.

8.: Neymar mit dem versuchten Pass in die Gasse, den Arbeloa abfälscht. Fred mit der Hacke auf Oscar. Schuss aus elf Metern, hauchzart links am Tor vorbei.

32.: Katastrophaler Fehlpass von Alba in der Vorwärtsbewegung. Neymar bekommt den Ball an der Mittellinie, spielt dann auf Fred in die Gasse. Der schließt aus elf Metern frei vor Casillas ab, der Keeper rettet mit dem Fuß.

41.: Torres mit der überragenden Bewegung im Mittelfeld, dreht sich um drei Gegenspieler und steckt auf Mata durch. Brasilien nur noch mit einem Verteidiger hinter dem Ball. Mata spielt sofort quer rüber zu Pedro. Kurze Annahme, Schlenzer vorbei an Cesar. Aber David Luiz kratzt den Ball mit einer sensationellen Grätsche noch vor der Linie weg.

44., 2:0, Neymar: Spanien wieder in der Viererkette unsortiert, drei Spieler stehen sich auf engstem Raum am Sechzehner auf den Füßen herum. Oscar spielt relativ simpel auf Neymar, den Arbeloa nicht im Auge hat. Kurzer Antritt, trockener Schuss ins kurze Eck. Casillas bekommt die Fäuste nicht mehr hoch, der Ball schlägt unterm Dach ein. Viertes Turniertor.

47., 3:0, Fred: Brasilien gewinnt drei Zweikämpfe in Folge, dann spielt Oscar den Pass auf Neymar. Der bleibt geschickt weg und lässt Ramos so ins Leere laufen. Fred ist halblinks kurz vor dem Strafraum und schlenzt den Ball an flach an Casillas vorbei ins rechte Eck.

54., Ramos verschießt Elfmeter: Navas dreht sich am Rande des Sechzehners einmal schnell, Marcelo tritt ihm ungeschickt in die Wade. Klarer Elfer. Ramos läuft an und touchiert mit seinem Flachschuss nur den linken Pfosten.

68., Rot gegen Pique: Wieder Ballverlust der Spanier, dann geht es schnell. Neymar geht mit Tempo auf Pique zu und legt den Ball vorbei. Pique grätscht und zieht das Bein hoch, das noch als quasi letzter Mann. Kuipers zeigt Rot.

Fazit: Absolut verdienter Sieg für hochkonzentrierte und aggressive Brasilianer. Spanien an diesem Tag deutlich unter Form und ohne Antworten auf die Fragen der Selecao.

Der Star des Spiels: Neymar war an zwei Toren direkt und indirekt als Vorlagengeber beteiligt, dazu erzielte er das 2:0 selbst und holte den Platzverweis von Pique raus. Alle spielentscheidenden Aktionen hatten Neymar-Bezug. Wenigstens ebenso imposant war sein Instinkt für die großen und kleinen Situationen im Spiel, der über so manches überdimensioniert wirkende Dribbling entschädigte. Defensiv stark: Luiz Gustavo und David Luiz.

Der Flop des Spiels: Alvaro Arbeloa war erst unglücklich beim frühen Gegentor, dann den Rest der ersten Halbzeit komplett neben sich. Positionierte sich falsch im Raum, hatte gegen Neymars Explosivität kein Mittel, patzten bei zweiten Gegentreffer und wandelte am Rande des Platzverweises. Folgerichtig erfolgte seine Auswechslung nach 45 Minuten.

Der Schiedsrichter: Björn Kuipers aus den Niederlanden hatte ein ungeheuer intensives, bisweilen hartes Spiel zu leiten. Nach einigermaßen großen Schwierigkeiten zu Beginn bekam er die Partie nach und nach besser in den Griff. Wertete Marcelos Handspiel im Strafraum nicht als Elfmeter - zumindest diskutabel. Gab Arbeloa nach dessen Foul an Neymar "nur" Gelb, was vertretbar war. Der Elfmeterpfiff war korrekt.

Das fiel auf:

  • Brasilien von Beginn an enorm aggressiv und lauffreudig. Die Gastgeber attackierten Spanien früh und hartnäckig, suchten anders als viele andere Gegner sofort den Körperkontakt zum Gegenspieler, manchmal auch über das legale Maß hinaus. Der Grundgedanke, das eigenen Spiel durchzudrücken und nicht nur auf Spanien zu reagieren, erwies sich aber als goldrichtig.
  • Im Zentrum rückten wahlweise einer oder zwei Mittelfeldspieler immer wieder mit Tempo auf den ballführenden Spanier raus, einer der Innenverteidiger schob dafür auf die Mittelfeldposition durch. Das funktionierte phasenweise brillant - war aber auch anfällig, wie bei der Entstehung zu Pedros Großchance, als keinerlei Absicherung mehr da war.
  • Spanien kam mit der brasilianischen Gangart kaum zurecht, fand nur in Bruchstücken mal zu seinem gewohnten Spiel. Xavi und Iniesta wurden immer schon hart attackiert, wenn sie noch mit dem Rücken zum gegnerischen Tor standen. Mata und Pedro waren größtenteils nicht anspielbar, lediglich Torres bewegte sich auch mal tief. Die langen Zuspiele in die Spitze waren aber zu ungenau.
  • Überhaupt wirkte Spanien auch in den wenigen Phasen ohne Druck auf den Ball unkonzentriert und fahrig. Das Passspiel war unruhig, die Mannschaft wirkte müde und konnte die "Ausfälle" von Pedro, Mata, Arbeloa oder dem bis auf eine Szene blassen Torres nicht auffangen. Am Ende standen - natürlich auch bedingt durch die Unterzahl nach Piques Platzverweis - bescheidene 52 Prozent Ballbesitz.
  • Erstaunlich, wie ausgewogen Brasilien sein Spiel anzulegen vermochte. Zwischen Defensive und Offensive herrschte eine tolle Balance, der Wechsel zwischen arbeiten und spielen gelang fast perfekt.

Brasilien - Spanien: Daten und Fakten zum Spiel