Nächtlicher Anruf: Putin gratuliert Advocaat

SID
Zenit, Uefa-Cup, Advocaat
© Getty

Manchester - Als eine gute Stunde nach dem Abpfiff auch noch der russische Regierungschef Wladimir Putin am Handy zum UEFA-Cup-Sieg gratulierte, war das Glück für St. Petersburgs Trainer Dick Advocaat perfekt.

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"Es ist eine große Ehre, mit Ihnen zu sprechen. Sie machen einen guten Job für Russland und ich für St. Petersburg. Danke, Mr. Putin, Dankeschön. Auf Wiederhören", beendete der kleine General nach rund einer Minute das Telefonat mit einem der mächtigsten Männer der Welt.

Glücklich über den unerwarteten Anruf, noch mehr aber natürlich über seinen ersten internationalen Titel durch das verdiente 2:0 (0:0) über die Glasgow Rangers reichte Advocaat das Telefon wieder an dessen Besitzer zurück - und blickte leicht verklärt in die kleine Runde im Schatten des City-of-Manchester-Stadiums.

"Was hätte ich mehr sagen sollen?"

Advocaat am Ziel seiner Träume

Mit dem Sieg über die Defensiv-Künstler aus Schottland war der frühere Mönchengladbacher Coach Advocaat nach dem über weite Strecken höhepunktarmen Spiel am Ziel seiner Träume.

Zenit St. Petersburg steht indes nach dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte vielleicht erst am Anfang einer rosigen Zukunft.

Die Highlights des UEFA-Cup-Endspiels bei SPOX.TV

Erst der Anfang? 

"Wir haben in diesem Jahr in Europa unglaublichen Fußball gegen wirklich gute Mannschaften gespielt. Hoffentlich können wir diesen Weg weitergehen. Auch wenn wir von den großen Teams noch ein bisschen weit weg sind", sagte der 60-Jährige, den seine in goldene Siegertrikots gekleideten Kicker über den von weißem Konfetti übersäten Rasen auf Händen trugen.

Den großen Favoriten München ließ Advocaats Team eindrucksvoll auf der Strecke, so leicht wie die Bayern aber machten es die Rangers den Russen nicht.

Mauernde Schotten 

Auch im Finale mauerten die Glasgower, die mit fünf Toren die wenigsten Treffer eines UEFA-Cup-Finalisten in einem Wettbewerb erzielten, mit ihren bescheidenen fußballerischen Mitteln.

72 Minuten hielt das Bollwerk, dann sorgte ein Pass des zum Mann des Spiels gekürten Andrej Arschawin auf Torschütze Igor Denisow (72.) für die Vorentscheidung. Konstantin Syrijanow (90.+3) machte vor 47 726 Zuschauern, von denen rund hundert nach dem Schlusspfiff halbnackt auf den Platz liefen, alles klar.

Angst vor Ausverkauf

"Ich hoffe, dass es für Russland der Start für neue Stadien, neue Plätze und bessere Möglichkeiten für den Nachwuchs ist", sagte Advocaat, der einen Ausverkauf seiner Truppe fürchtet und auch um seinen Ende des Jahres auslaufenden Vertrag pokern wird.

Spieler wie Arschawin oder Torschützenkönig Pawel Pogrebnjak, die nun bei der EM wirbeln wollen, dürften auf so mancher Einkaufsliste stehen. "Wenn man erfolgreich ist, muss man schauen, dass man die Spieler hält und drei, vier neue Spieler dazu holt, um noch besser zu werden."

Tor-Geiz nicht geil

Für den Fußball war es gut, dass die Mannschaft siegte, die auch Fußball spielen wollte. (Tor-)Geiz ist eben doch nicht geil. Hätte Glasgow mit seiner destruktiven Mauertaktik den Pott geholt, wären im schlimmsten Fall gar Nachahmer auf den Plan gerufen worden.

Offensiv präsentierten sich nur die Fans, die ihre Stars sogar auf dem Weg zur Ehrung für Platz zwei noch einmal antrieben. Durch das Spalier der St. Petersburger mussten sich die Mannen um Kapitän Barry Ferguson dorthin quälen.

Tränen bei den Rangers 

Und als Zenit-Kapitän Anatoli Timoschtschuk den begehrten Pokal wenig später um 22.48 Uhr MESZ begleitet von einem Feuerwerk in den Abendhimmel reckte, flossen auch einige Tränen; Advocaat fühlte mit seinem Ex-Team.

Während Manchester nach der geplatzten Feier der 100.000 Rangers- Fans einem Schlachtfeld glich, machten zehntausende Menschen in St. Petersburg die Nacht zum Tage. Und als der Alkohol ausging, behalfen sich einige Fans sogar mit Weißdorn-Schnaps aus 24-Stunden-Apotheken.

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