Der Vul-Kahn erlischt

SID
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© Getty

St. Petersburg - Ein 0:4-Debakel zum Abschied - schlimmer als mit seiner höchsten Europapokal-Niederlage im Tor des FC Bayern hätte die internationale Karriere für Oliver Kahn kaum enden können.

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Doch der Kapitän ertrug den Halbfinal-K.o. im UEFA-Pokal gegen Zenit St. Petersburg auf dem Fußballplatz fast stoisch und überraschte beim nächtlichen Fazit im Mannschaftshotel mit erstaunlicher Gelassenheit: "Irgendwann ist man einfach froh, dass es dann auch mal vorbei ist."

Mit einem alkoholfreien Bier in der Hand zog der Torwart-"Titan" einen Schlussstrich unter 14 internationale Jahre mit den Bayern. "Es ist besser, so auszuscheiden als im Elfmeterschießen oder knapp oder unglücklich", meinte der 38-Jährige.

Der "Vul-Kahn" erlischt: Beim ersten Gegentor in Minute vier hatte Kahn seinem Ärger über die löchrige Abwehrmauer beim Freistoß von Pawel Pogrebnjak noch Luft gemacht.

Aufrütteln und mitreißen wie in Getafe konnte aber auch der "Immer-weiter-machen"-Kahn seine Mitspieler nach dem 0:2, 0:3 und 0:4 nicht mehr: "Heute waren wir einfach chancenlos", konstatierte er mit einer verblüffenden und beinahe schon irritierenden Gemütsruhe.

Zum dritten Mal vier Gegentore

Nach dem Schlusspfiff hatte Kahn weder getobt noch geflucht, er schüttelte auch keinen Mitspieler. Nein, seelenruhig ergriff er seine Wasserflasche, applaudierte kurz den Bayern-Fans hinter seinem Tor, reichte dem Schiedsrichter die Hand und schlich von dannen. Ein bitterer Abgang eines unbeugsamen Siegertypen. Doch Kahn nahm es hin: "Soll ich mich umbringen oder was? Für manche Sportler gibt es noch ganz andere Endstationen in diesem Geschäft."

In seinem 142. und letzten Europapokalspiel kassierte Kahn erst zum dritten Mal vier Tore als Bayern-Torhüter. Widerfahren war ihm dies zuvor nur 2005 beim 2:4 gegen den FC Chelsea und 2006 beim 1:4 gegen den AC Mailand - jeweils in der Champions League.

Der UEFA-Pokal war ohnehin nicht die wahre internationale Bühne für einen, der dreimal Welttorhüter des Jahres war. "Nichts gegen den UEFA-Cup, aber ihn als Maßstab dafür zu nehmen, wo wir letztendlich in Europa stehen, halte ich nicht für vernünftig", meinte Kahn.

"Abschied versaut? Nee!"

Von einem missratenen Schlusspunkt mochte der Veteran darum nichts wissen, im Gegenteil: "Abschied versaut? Nee! Was will ich denn mehr, als in der Saison zwei Titel zu gewinnen. Ich wäre auch mit einem dankbar gewesen", sagte Kahn in ungewohnter Bescheidenheit.

Maximal vier Bundesligaspiele wird er nun noch bestreiten; am Sonntag beim möglichen Titelgewinn in Wolfsburg, danach gegen Bielefeld und in Duisburg sowie am 17. Mai gegen Hertha BSC.

Nach dem Abpfiff wird der "Titan" zum allerletzten Mal mit Meisterschale und DFB-Pokal auf dem Münchner Rathaus-Balkon den Jubel der Bayern-Fans genießen.

"Jetzt lassen wir uns durch diese - ich muss schon sagen - harte Niederlage nicht die ganze Saison kaputtquatschen", erklärte der Bayern-Kapitän, der angesichts des geplatzten Triple-Traumes sogar einen lockeren Spruch über die Lippen brachte: "Wir haben es doch gewonnen: Erst Ligapokal, jetzt deutscher Meister und DFB-Pokal."

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