"Wir haben das gleiche Problem wie Nürnberg"

Von Interview: Christian Bernhard
förster, marco, larisa, everton
© Getty

München - Wenn der 1. FC Nürnberg bei AE Larissa um den Einzug in die nächste UEFA-Cup-Runde spielt, könnte ausgerechnet ein Deutscher die Träume der Franken platzen lassen.

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In den Reihen des griechischen Pokalsiegers steht nämlich Marco Förster (im Bild rechts). Der 31-Jährige spielt bereits seit 2001 in der griechischen Liga.

Im SPOX.com-Interview erzählt Förster vor dem Duell gegen den Club (ab 20.45 Uhr im SPOX-LIVE-TICKER) von den Unterschieden zwischen Griechenland und Deutschland, von hellenischen Freunden mit Nürnberger Wurzeln und Polizei-Einsätzen auf dem Fußballfeld.

SPOX: Für Larissa geht es heute Abend um nichts mehr. Die Nürnberger müssen hingegen gewinnen. Was für ein Spiel erwarten Sie?

Marco Förster: Ich denke, es wird ein offenes Spiel. Wir wollen uns noch ordentlich aus dem Wettbewerb verabschieden und der Club muss auf Sieg spielen. Es könnte also interessant werden, weil beide Mannschaften einen schönen Fußball spielen.

SPOX: Larissa hat alle drei UEFA-Cup-Spiele in der laufenden Saison verloren. Wieso lief es nicht?

Förster: Wir haben das gleiche Problem wie Nürnberg. Wir haben uns viele Chancen erarbeitet und waren sowohl gegen Everton als auch gegen Alkmaar ebenbürtig. Leider haben wir keine Tore gemacht. Gegen St. Petersburg waren wir in Führung und haben dann durch zwei dumme Gegentore sogar noch verloren.

SPOX: Wie läuft es für Sie persönlich in dieser Saison?

Förster: Ich habe von 13 Ligaspielen sieben gespielt und stand im UEFA-Cup bei allen drei Partien auf dem Rasen. Logischerweise wünscht man sich immer zu spielen, aber der Trainer kann nicht alle aufstellen. Wir haben mit 28 Spielern einen sehr großen Kader, daher ist der Konkurrenzkampf sehr groß. Insgesamt bin ich zufrieden.

SPOX: Sie spielen jetzt schon sehr lange in Griechenland. Wie kam der Kontakt zustande?

Förster: Im Jahr 2000 hat mich mein Berater Klaus Funk angerufen und gemeint, er hätte was für mich in Griechenland. Da hab ich mir gesagt: Probiere es einfach mal, wenn es sportlich nicht klappt, hast du zumindest ein neues Land und eine neue Kultur kennengelernt. Im Endeffekt wurden es dann sieben Jahre, wobei ich zwischendurch versucht habe, wieder nach Deutschland zurückzukommen, aber es gab keine konkrete Anfrage. Alles in allem hätte ich nie gedacht, dass ich so lange bleiben würde.

SPOX: Wie haben Sie sich außerhalb des Fußballplatzes eingelebt?

Förster: Ich bin mit meiner Frau und unseren zwei Kindern hier und mittlerweile haben wir auch einige Freunde gefunden. Zwei davon sind sogar in Nürnberg geboren, die freuen sich besonders auf das Spiel.

SPOX: Fehlt Ihnen Deutschland?

Förster: Auf alle Fälle. Die Verhältnisse in Griechenland sind nämlich bei weitem nicht so gut wie in Deutschland. Besonders im organisatorischen Bereich ist es teilweise schon heftig. Es ist eben ein großer Unterschied, ob man in Griechenland lebt oder 14 Tage Urlaub macht.

SPOX: Wie sieht es bei EA Larissa aus? 

Förster: Der Verein bemüht sich sehr, besonders unser Trainer Georgios Donis legt großen Wert auf Professionalität. Von anderen Vereinen hört man aber, dass die Gehälter nicht pünktlich gezahlt werden oder dass es keinen Vereinsarzt gibt. Allein die Situation der Trainingsplätze ist oft katastrophal.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Förster: In Athen gibt es mehrere Erstligisten, die alle keinen eigenen Trainingsplatz haben und deshalb auf irgendwelchen gemieteten Plätzen trainieren müssen.

SPOX: Was unterscheidet den Profialltag in Griechenland von dem in Deutschland?

Förster: Die Griechen sehen das Fußballspielen mehr als Hobby und gehen lockerer an die ganze Sache heran. Auf der anderen Seite machen sie viel mit ihrem Ehrgeiz wett, was die griechische Nationalmannschaft bei der letzten EM eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Außerdem gibt es in Griechenland kein Mittelmaß. Nach einem Sieg schweben alle auf einer Euphoriewelle und bei einer Niederlage sind alle zu Tode betrübt. Da kommt einfach die südländische Mentalität durch.

SPOX: Haben Sie Kontakt zu anderen deutschen Spielern in Griechenland?

Förster: Zuletzt habe ich mich mit Fabian Gerber unterhalten, der bei Ofi Heraklion spielt. Mit Reiner Maurer hatte ich auch kurz Kontakt, weil der auch auf Kreta war.

SPOX: In Deutschland sieht man immer wieder Bilder von gewalttätigen Ausschreitungen griechischer Fans. Wie gehen Sie als Spieler damit um?

Förster: Solche Bilder tun logischerweise auch mir weh. Ich glaube, dass die Politik in diesem Zusammenhang viele Fehler macht. Wenn man sieht, dass nach Ausschreitungen oft nur ein Fan festgenommen und dann auch schon am nächsten Tag wieder freigelassen wird, dann kann etwas nicht stimmen. Allerdings sind die Ausschreitungen ein Spiegelbild der griechischen Gesellschaft.

SPOX: Haben Sie solche Ausschreitungen auch am eigenen Leib erlebt?

Förster: Ja. Im Heimspiel gegen PAOK Saloniki wurden vergangene Saison Leuchtraketen auf das Feld geschossen und die Polizei hat Tränengas eingesetzt. Das Spiel wurde dann für über eine Stunde unterbrochen und wir Spieler hatten auch Tränengas in den Augen.

SPOX: Verstärken solche Vorfälle Ihren Wunsch, nach Deutschland zurückzukehren?

Förster: Sicherlich, aber da gibt es mehrere Gründe. Ich möchte, dass meine Kinder in Deutschland groß werden. Außerdem sind die ganzen Freunde zuhause und die sieben Jahre hier in Griechenland reichen dann auch.

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