Einäugig unter Blinden

Von Stefan Moser
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© Imago

München - Seit über zehn Jahren ist der UEFA-Cup per kaiserlichem Verdikt nun schon der "Cup der Verlierer". 1996 fällte Franz Beckenbauer dieses leicht süffisante Urteil - doch es hat bis heute Gültigkeit. Fragen Sie mal bei Werder Bremen nach.

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Die Rechnung ist dabei im Grunde ganz einfach: Wer zweimal gegen Olympiakos Piräus verliert, der ist zu schlecht für die Champions League - und muss eben in den UEFA-Cup. Und das ist zunächst mal eine bittere Pille.

"Die Enttäuschung ist noch zu groß, über den UEFA-Cup kann ich jetzt noch nicht nachdenken", sagte etwa der Bremer Clemens Fritz nach der 0:3-Pleite gegen Piräus am Dienstag. (Weitere Reaktionen im Video bei SPOX.TV!)

Für Larisa, Elfsborg oder Aberdeen mag das Tingeln durch Europa noch ein aufregendes und lehrreiches Abenteuer sein, doch Mannschaften wie Bayern oder Bremen haben eben einen anderen Anspruch - nur leider stellt sich die Wirklichkeit dagegen manchmal quer.

Zu schwach für die Champions League

Nach eigenem Selbstverständnis sind sie zwar zu gut für den Verlierer-Cup, nach Lage der Fakten aber auch akut zu schwach für die Königsklasse. Ein wenig wie der Einäugige unter Blinden. 

Die richtige Einstellung zu diesem unprätentiösen Wettbewerb zu finden, ist nicht ganz einfach. Für einen Topklub aus der Bundesliga bedeutet der UEFA-Cup schon beinah ein Imageproblem. Es sei denn natürlich, man gewinnt das Ding.

"Natürlich bietet dieser Wettbewerb nicht die Atmosphäre wie die Champions League, aber wenn man die nächsten beiden K.o.-Runden übersteht, dann ist auch dieser Wettbewerb sportlich und finanziell reizvoll. Das haben wir doch im vergangenen Jahr gesehen", erklärte Werder-Geschäftsführer Klaus Allofs.

Finale als Ziel

In der letzten Saison erreichte Bremen immerhin das Halbfinale, musste sich nach zwei empfindlichen Niederlagen gegen Espanyol Barcelona aber schließlich von seinen Titelträumen verabschieden.

Das offizielle Ziel der Vereinsführung in diesem Jahr lautet seit Dienstagabend: City of Manchester Stadium, 14. Mai 2008, Finale. "Unser Ziel muss es sein, weiter zu kommen als im letzten Jahr", so Allofs.

Auch damals stieg Werder als Gruppendritter hinter Chelsea und Barcelona in den UEFA-Cup ab und erreichte über die Stationen Ajax Amsterdam, Celta Vigo und AZ Alkmaar das Halbfinale.

In diesem Jahr wartet mit Tottenham, Everton, Villarreal, Atletico Madrid, Panatinaikos Athen, Spartak Moskau, Basel oder Bordeaux auch beileibe nicht nur Laufkundschaft. Für eine Mannschaft wie Bremen aber immerhin lösbare Aufgaben.

Bundesliga goes UEFA-Cup

Die "Verlierer" aus der Champions League, die das 32er-Feld komplettieren heißen Marseilles, Rosenborg, Benfica Lissabon und Slavia Prag. Dazu kommt entweder Lyon oder die Glasgow Rangers aus Gruppe E sowie Eindhoven oder Fenerbahce Istanbul aus Gruppe G. Alles attraktive Gegner, aber auch keine Übermannschaften.  

Bleiben noch Vertreter aus der Bundesliga. Hamburg und Leverkusen sind schon für die nächste Runde qualifiziert, Nürnberg und die Bayern haben beste Aussichten. Gut möglich, dass also gleich fünf deutsche Vertreter an der UEFA-Cup-Endrunde teilnehmen.

Das gab es zuletzt 1989/90, als mit dem FC Karl-Marx-Stadt auch noch eine Mannschaft aus der DDR-Oberliga mit von der Partie war. Köln und Bremen erreichten damals das Halbfinale, scheiterten aber an Juventus Turin bzw. dem AC Florenz.

Historischer Triumph

Ansonsten aber ist die deutsche Bilanz im UEFA-Cup der jüngeren Vergangenheit eher mager. Vor zehn Jahren gewann mit dem FC Schalke (Finale gegen Inter Mailand) der letzte Bundesligist den Pokal. 

Doch in diesem Jahr nun gehen mit Bremen und den Bayern gleich zwei deutsche Mannschaften als Favoriten in die Endrunde. Auch Hamburg und Leverkusen haben durchaus Chancen.

Möglicherweise wiederholt sich ja auch der bislang größte deutsche Triumph im UEFA-Cup: In der Saison 1979/80 kamen mit Frankfurt, Mönchengladbach, Stuttgart und München alle vier Halbfinalisten aus der Bundesliga.

Den Titel holte sich die Eintracht im Finale gegen Gladbach. Damals ein Riesenerfolg - den "Cup der Verlierer" gab es noch nicht.

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