Absturz eines Zauberers

Von Andreas Lehner
Ein Star im Rampenlicht oder ein Schatten seinerselbst? Denilson beim FC Dallas
© Getty

Einst war er der teuerste Transfer aller Zeiten - und spielte jüngst für ein paar Tausend Dollar in Vietnam. Denilson wollte den Weltfußball als Zauberer erobern. Übrig blieb ein bemitleidenswerter Weltenbummler ohne Job.

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Sein Wechsel weckte große Hoffnungen. In Vietnam erwarteten sie internationales Flair, endlich war ein Weltstar in ihre Liga gekommen: Denilson.

Vor mehr als zehn Jahren glaubte man auch in Sevilla und bei Real Betis an den großen Aufschwung, als sie den damals teuersten Transfer aller Zeiten auf die Beine stellten, den als Jahrhunderttalent gefeierten Brasilianer für umgerechnet 60 Millionen Deutsche Mark vom FC Sao Paulo holten und ihn mit einem Zehn-Jahres-Vertrag ausstatten.

Geholt, um zu zaubern

Aber dann kam alles anders. Ein Werbespot mit Roberto Carlos und Rivaldo "war seine bisher gelungenste Rolle" spottete die französische Sportzeitung "L'Equipe" nach einem Jahr. In der Mannschaft war er isoliert. "Ich traue mich nicht, meine Mitspieler anzusprechen, weil ich nicht weiß, ob sie Lust haben, mit mir zu reden."

Seine technische Qualität war unumstritten, seine Übersteiger eine Augenweide. Aber mit dem Tempo und der Härte der spanischen Liga kam er nicht zurecht. An seiner Spielweise wollte er aber nichts ändern. "Ich wurde geholt, um zu zaubern, und das werde ich auch weiterhin tun."

Ergänzungsspieler beim größten Triumph

Im zweiten Jahr mit Denilson stieg Betis ab, der Star flüchtete für ein Jahr auf Leihbasis in die Heimat zu Flamengo Rio de Janeiro.

Nach seiner Rückkehr schaffte es Betis zurück in die Primera Division. Als der Verein seinen Höhepunkt erreichte und 2005 die Qualifikation für die Champions League schaffte, war Denilson aber nur noch Ergänzungsspieler.

Auf Pfannenstiels Spuren

In Europa startete er einen letzten Versuch bei Girondins Bordeaux, aber auch hier wurde er nach einem Jahr nicht mehr gebraucht.

Seine weiteren Stationen lesen sich so, als wolle er Lutz Pfannenstiel als König der aktiven Weltenbummler Konkurrenz machen: Al Nasr Dubai, FC Dallas, SE Palmeiras, Itumbiara und schließlich Xi Mang Hai Phong in Vietnam.

Keine Frage, das Engagement hatte nichts mit sportlichen Anreizen zu tun. "Ich weiß nichts über den vietnamesischen Fußball. Ich bin hier wegen meiner Leidenschaft für den Fußball", wurde Denilson zitiert. Und natürlich wegen des Geldes. Der Sponsor des Vereins, ein Zementhersteller, hatte ein paar Dollar locker gemacht und sich einen Image-Schub erhofft.

Randale und brennende Sitze

Laut dem vietnamesischen Fußballverband (VFF) sollte er "viel mehr" verdienen, als der bisherige Topverdiener Lee Nguyen, der 10.000 Dollar pro Monat kassiert. Die ersten beiden Partien verpasste Denilson wegen einer Verletzung, was bei den Fans gar nicht gut ankam.

Immerhin hatte der Verein die Eintrittspreise wegen des Brasilianers um 30 Prozent angehoben, Topzuschlag sozusagen. Die für ihre Brutalität gefürchteten Anhänger zündeten während einer Partie Tribünensitze an und warfen alle möglichen Gegenstände aufs Feld.

Ein Spiel, ein Tor, Kündigung

Denilson gab eine öffentliche Erklärung ab und versprach den Fans, dass "ich ihnen noch wundervolle Augenblicke und Spiele bringen werde. Ich bin erst 31 und will lange in Vietnam bleiben".

Im nächsten Spiel stand er von Beginn an auf dem Platz, erzielte gleich in den Anfangsminuten einen Freistoßtreffer, wurde zur Halbzeit ausgewechselt und kündigte anschließend seinen Vertrag.

Richtig reich wurde Denilson, der in zwei WM-Finals (1998, 2002) auf dem Platz stand, dadurch nicht. Wie der VFF mitteilte, hatte er einen leistungsgebundenen Vertrag unterschrieben, der ihm angeblich 12.000 Dollar pro Einsatz und 5000 Dollar pro Tor versprach. Nun ist er auf der Suche nach einem neuen Verein - oder besser gesagt: Nach einem neuen Geldgeber.

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