1860-Trainer Daniel Bierofka im Interview: "Ein Stadion mit Löwenkäfigen brauche ich nicht"

Daniel Bierofka beim DFB-Pokal-Viertelfinale im Februar 2008 im Zweikampf mit Willy Sagnol.
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SPOX: Nach dem Abstieg verließ 1860 die Allianz Arena und kehrte ins Grünwalder Stadion zurück. Was macht es so speziell?

Bierofka: Die Fans können vor dem Spiel in den umliegenden Kneipen etwas trinken, müssen dann nur über die Straße gehen und stehen vor dem Stadion. Das sind englische Verhältnisse und dieses Flair überträgt sich auf den Platz und die Mannschaft. Es wird nur angefeuert, nie gepfiffen und alles ist viel emotionaler als in der Allianz Arena - im positiven Sinne. Leider ist das aber nur eine romantische Momentaufnahme.

SPOX: In welchem Stadion spielt 1860 nach einem möglichen Aufstieg?

Bierofka: In der 3. Liga dürften wir nach Renovierungsarbeiten noch im Grünwalder Stadion spielen, aber ab der 2. ist das nicht mehr möglich. Einerseits erfüllt es nicht die Lizenzkriterien und andererseits bräuchten wir ohnehin eine größere Kapazität und VIP-Einrichtungen, um höhere Einnahmen zu erzielen. Dann gibt es die Optionen Olympiastadion oder Neubau.

SPOX: Was wäre Ihnen lieber?

Bierofka: Am liebsten hätte ich ein eigenes Stadion, selbst der FC Augsburg hat das geschafft.

SPOX: Mit eingebauten Löwenkäfigen, wie es sich Investor Ismaik einst wünschte?

Bierofka: Nein, Löwenkäfige brauche ich nicht. Ein normales, schönes Stadion für 35.000 bis 40.000 Menschen würde mir reichen.

SPOX: War es im Rückblick falsch, gemeinsam mit dem FC Bayern die Allianz Arena gebaut zu haben?

Bierofka: Der FC Bayern hat 1860 gebraucht, um das Stadion zu finanzieren. Alleine hätten sie das nicht geschafft. Aus unserer Sicht wäre es im Nachhinein betrachtet sicher besser gewesen, ein eigenes Stadion gebaut und so unsere Identität bewahrt zu haben. Obwohl wir sportlich weit voneinander entfernt waren, hoben wir uns in der Allianz Arena kaum vom FC Bayern ab. Jetzt manifestiert sich der Unterschied zwischen dem großen Weltverein FC Bayern und dem kleinen Arbeiterverein 1860 auch in Sachen Stadion. Es gibt keine Schnittstellen mehr zwischen den beiden Vereinen.

SPOX: Bei Ihnen persönlich gibt es dafür eine Schnittstelle mit dem FC Bayern. Sechs Jahre lang spielten Sie in der dortigen Jugendabteilung, ehe Sie 2000 zu 1860 wechselten. Gab es zu Beginn Anfeindungen?

Bierofka: Natürlich musste ich mir den einen oder anderen flapsigen Spruch anhören, aber die Fans merkten sofort, dass ich immer Vollgas gebe. Dann war meine Vergangenheit schnell vergessen. Mittlerweile bin ich seit 13 Jahren im Verein und habe alle Höhen und Tiefen mitgemacht. Für mich ist das kein normaler Job mehr, sondern Herzblut.

SPOX: Interimistisch betreuten Sie die Profis bereits zweimal in der 2. Liga. Wie groß sind die Unterschiede zur Regionalliga in der alltäglichen Arbeit?

Bierofka: Wir bereiten uns auf unsere Gegner in der Regionalliga genauso akribisch vor wie in der 2. Liga. Weil aber die Regionalligavereine - abgesehen von den zweiten Mannschaften der Profiklubs -weniger Trainingseinheiten haben, ist das taktische Niveau niedriger. Während Zweitligisten auch mal während eines Spiels variabel umstellen, spielen die meisten Regionalligisten ihr Konzept vom Anpfiff bis zum Abpfiff durch. Darauf kann man sich sehr gut einstellen.

SPOX: Gibt es Unterschiede abseits des Rasens?

Bierofka: In Stadien wie denen von Seligenporten, Eichstätt oder Buchbach ist alles sehr eng. Da stehen die Zuschauer einen Meter hinter der Trainerbank und man hört ihre Beleidigungen sehr gut. Da fallen nicht jugendfreie Worte, aber das gehört dazu.

SPOX: 1860 ist aktuell Tabellenführer, müsste für einen Aufstieg aber auch als Meister noch die Relegation gewinnen. Wie finden Sie diese Regelung?

Bierofka: Für die Planungen ist das verheerend. Die Regionalliga ist die einzige Liga Deutschlands, in der der Meister nicht direkt aufsteigt. Das muss schnellstmöglich geändert werden.

SPOX: Im Hintergrund tobt bei 1860 weiterhin ein Machtkampf zwischen Befürwortern und Gegnern von Investor Ismaik. Wie stehen Sie dazu?

Bierofka: Das interessiert mich nicht, das blende ich aus.

SPOX: Wann hatten Sie letztmals Kontakt zu Ismaik?

Bierofka: Im Sommer. Seitdem lässt er mich in Ruhe arbeiten und das ist auch gut so. Sein Statthalter Anthony Power berichtet ihm aber über alles und mit ihm stehe ich im engen Austausch. Letztens meinte er, dass Herr Ismaik mit meiner Arbeit sehr zufrieden sei.

SPOX: Was ist Ismaik für ein Typ?

Bierofka: Er ist ein Erfolgsmensch, der in der Wirtschaft schon sehr viel geleistet hat. Zwischenmenschlich ist er sehr freundlich. Ich kann mich mit ihm über alles unterhalten und er zeigt Interesse an allen Vorgängen im Klub. Als ich noch die zweite Mannschaft trainierte, wusste er immer genau, gegen wen wir spielen und wann.

SPOX: Denken Sie, er ist 1860-Fan?

Bierofka: Ja, er hat sich über die Jahre reingesteigert.

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