"Die Profis sind keine Lichtjahre mehr entfernt"

Von Interview: Daniel Börlein
Hat sich im DFB-Nachwuchs und beim FC Liverpool zu einer festen Größe entwickelt: Stephen Sama
© Getty

Stephen Sama wechselte 2009 aus der Jugend von Borussia Dortmund auf die Insel zum FC Liverpool. Im SPOX-Interview spricht der deutsche Juniorennationalspieler über die Unterschiede zum deutschen Fußball, englische Härte und seine Zukunft.

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SPOX: Herr Sama, 2009 haben wir ein Interview mit Ihnen geführt. Damals waren Sie gerade ein paar Wochen beim FC Liverpool. Wie ist es Ihnen seither ergangen?

Sama: Sehr gut, danke! Ich habe mich recht schnell akklimatisiert, die Umstellung ist mir insgesamt leicht gefallen.

SPOX: Sie haben in der Nachwuchsmannschaft der Reds den Sprung zum Stammspieler geschafft. Wenn man sich in Liverpool umhört, dann heißt es, Sie seien mittlerweile ein wichtiger Spieler innerhalb der Mannschaft. Wie würden Sie es bewerten?

Sama: Wie Sie richtig sagen, habe ich mich schnell in die Stammelf gespielt. Ich muss diesen Status Woche für Woche mit Leistung untermauern und denke, dass mir dies bis jetzt gut gelungen ist und man mit meinen bislang gezeigten Spielen zufrieden ist.

SPOX: Vor allem Ihre Führungsqualitäten werden gelobt, was für einen jungen Spieler, in einem fremden Land doch recht erstaunlich ist. Woher kommt's, dass Sie so schnell und offenbar auch gerne Verantwortung übernehmen?

Sama: Ich denke, es ist wichtig, als Abwehrspieler mit seinen Kollegen zu kommunizieren und Kommandos zu geben. Ich komme mit der Sprache gut klar und habe die Akzeptanz meiner Mitspieler. Ich weiß aber auch, dass ein guter Abwehrspieler Verantwortung übernehmen muss, um weiterzukommen und sich später einmal auf Topniveau zu etablieren. Von daher versuche ich jetzt schon, Führungsaufgaben zu übernehmen.

SPOX: Zu Beginn, so heißt es aus Liverpool, haben Sie ein bisschen gebraucht, um in die Gänge zu kommen. Warum?

Sama: Natürlich war es eine Umstellung für mich. Ein neues Land, eine neue Sprache und selbstverständlich auch neue sportliche Anforderungen im Vergleich zu Deutschland. Aber wie schon gesagt, habe ich mich relativ schnell an das neue Umfeld gewöhnt und dann ja auch nach wenigen Wochen den Sprung in die Stammformation geschafft.

SPOX: Mit den bisherigen Erfahrungen: Würden Sie die Entscheidung, nach Liverpool zu gehen, jederzeit wieder treffen - oder bedauern Sie vielleicht sogar, dass Sie den Entschluss nicht schon früher getroffen haben?

Sama: Ich würde diese Entscheidung jederzeit wieder so treffen. Ich habe mich weiterentwickelt und verbessert, zudem den Sprung in die DFB-Auswahl geschafft. Der zweite Teil Ihrer Frage ist hypothetisch, da es im Sommer 2009 erstmals Kontakt zum FC Liverpool gab. Ich denke aber auch, dass ich mit damals 16 Jahren schon recht jung war, aber ich glaube trotz des Alters, dass der Schritt zur richtigen Zeit erfolgt ist.

SPOX: Können Sie ein wenig über Ihre sportlichen Erfahrungen erzählen: Spielen Sie immer in der Innenverteidigung? Wie verteidigt es sich gegen die englischen Stürmer? Was waren aus sportlicher Sicht bislang Ihre Highlights?

Sama: Ich spiele immer in der Innenverteidigung, auf dieser Position fühle ich mich auch am wohlsten. Viele Spieler hier sind physisch stark und haben eine gute Schnelligkeit. Zweikampfstärke und ein gutes Kopfballspiel sind im englischen Fußball extrem wichtig. Aber im Endeffekt sind die Anforderungen an einen guten Innenverteidiger doch überall mehr oder weniger gleich. Zu meinen sportlichen Highlights in der letzten Zeit zählen die Nominierung für die deutsche U-17 -und U-18-Nationalmannschaft und die Teilnahme an der Eliterunde in der Schweiz im Frühjahr. Auch das Training hier in Liverpool mit der ersten Mannschaft sowie die Youth-Cup-Spiele, die für Jugendspiele vor verhältnismäßig vielen Zuschauern an der Anfield Road gespielt wurden, waren wertvolle Erfahrungen.

SPOX: Wie ist der Kontakt zu den Profis?

Sama: Kontakt zu den Profis gibt es nur, wenn ich mit der ersten Mannschaft trainiere, da das Trainingsgelände der Jugend und der Profis an verschiedenen Orten angesiedelt ist. Sicher gibt einem der eine oder andere erfahrene Haudegen im Trainingsspiel mal einen Hinweis, wie man sich auf diesem Niveau cleverer verhalten kann.

SPOX: Was fehlt noch, um den Sprung nach oben zu schaffen?

Sama: Damit beschäftige ich mich zurzeit noch nicht. Ich habe in den Trainingseinheiten schon das Gefühl, dass der Abstand zu den Profis keine Lichtjahre mehr entfernt ist. Ich weiß aber, dass ich zuerst in meinen Mannschaften Tag für Tag und Spiel für Spiel meine Hausaufgaben machen und meine Leistung bestätigen muss, um kontinuierlich oben dabei zu sein. Dass ich dafür noch einige Dinge lernen und verbessern muss, ist aber auch klar.

SPOX: Ist der englische Nachwuchsfußball besser als der deutsche?

Sama: Er ist anders. Das Spiel hier ist schnell und sehr körperbetont. Wir haben eine sehr spielstarke Mannschaft. Aber auch in Deutschland wird im Nachwuchs guter Fußball gespielt.

SPOX: Ganz grundsätzlich: Wo liegen die Unterschiede zwischen Deutschland und England - auf dem Platz und auch im täglichen Leben?

Sama: Ich wiederhole mich, wenn ich die zum Teil schon sehr raue Gangart hier auf den Plätzen anspreche, die von den Schiedsrichtern weniger geahndet wird. Daran muss man sich aber erst einmal gewöhnen und konsequent dagegen halten. Anfangs dachte ich, für dieses Foul bewegst Du dich am Rande einer Roten Karte, aber das Spiel lief ganz normal weiter. Aber grundsätzlich denke ich, dass in beiden Ligen auf sehr hohem Niveau mit viel Tempo gespielt wird. Ansonsten - es regnet mehr und der Verkehr läuft auf der falschen Seite. Ich habe kürzlich in Deutschland meinen Führerschein gemacht und muss mich hieran noch gewöhnen.

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SPOX: Wie kommen Sie privat zurecht?

Sama: Mir geht es hier gut. Ich bin im Sommer nach einem Jahr in eine neue Gastfamilie gekommen und wohne nun näher an der Akademie. Ich wurde gut aufgenommen und habe keinerlei Probleme. Privat bin ich viel im Internet unterwegs, auch um in Deutschland auf dem Laufenden zu bleiben und Kontakt zu meinen Freunden zu halten. Ansonsten steht auch Lernen auf meinem Programm, denn ich bilde mich hier per Fernstudium schulisch weiter.

SPOX: Wie häufig kommen Sie noch nach Deutschland?

Sama: Regelmäßig. Wenn wir spielfrei haben und kein Training angesetzt ist, komme ich nach Deutschland. Auch wegen Länderspielen oder Lehrgängen bin ich öfter in der Heimat.

SPOX: Mit welchen Kollegen aus Deutschland haben Sie noch Kontakt?

Sama: Mit vielen meiner ehemaligen Mitspieler vom BVB, ansonsten mit meinen Freunden, der Familie aus Bochum und meinem Berater. Wir tauschen uns regelmäßig aus.

SPOX: Der BVB setzt jetzt auch wieder vermehrt auf eigene Talente, siehe Mario Götze. Wäre das womöglich auch die Chance für Sie gewesen?

Sama: Womöglich, ja. Wobei die Innenverteidigung in Dortmund mit jungen Leuten schon sehr gut besetzt ist, deshalb wäre es auf dieser Position sicher sehr schwer geworden.

SPOX: Wenn Sie es sich aussuchen könnten: Lieber Premier League spielen oder doch eher Bundesliga?

Sama: Beide Ligen sind sehr attraktiv. Allerdings habe ich meinen Vertrag soeben in Liverpool um weitere drei Jahre verlängert. Das Rundum-Paket hat mich in Liverpool einfach überzeugt. Allerdings schließe ich eine Rückkehr nach Deutschland auch nicht aus, wenn sie sportlich für mich sinnvoll ist.

Stephen Sama im Steckbrief

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