Reifeprüfung im Beckham-Land

Von Carsten Germann
Schon mit 14 Jahren spielte Matthew James für die Manchester United Academy
© Imago

Matthew James steht seit Anfang Januar wieder im Kader von Manchester United. Der englische Junioren-Nationalspieler ist zwar nur den Experten des englischen Fußballs ein Begriff, doch er steht bei Sir Alex Ferguson hoch im Kurs. James ging einen ähnlichen Weg wie David Beckham und will wie Becks nun durchstarten. Bei SPOX erinnert er sich an eine Mondlandung in Wolfsburg.

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Den bitterkalten Dezemberabend in Wolfsburg wird Matthew James wohl nie vergessen. Für den Ausflug mit Manchester United in die Volkswagen Arena zum Champions-League-Vorrundenfinale gegen den VfL (3:1 für United) musste der englische Junioren-Nationalspieler lange nach neuen Begrifflichkeiten suchen.

James stand Ende 2009 zum ersten Mal im Aufgebot des großen United und schnupperte in Niedersachsen den Duft der Königsklasse. Ein Riesenschritt für einen Jungspund, der noch viel vor hat.

Mondlandung in Wolfsburg

"Es war ein unglaublicher Moment für mich, wie eine Mondlandung", erzählt James im Gespräch mit SPOX, "ich werde immer daran denken, wie ich zwei Tage zuvor in Old Trafford von Sir Alex Ferguson für dieses Spiel nominiert wurde. Es reicht dir dann schon, einfach nur auf der Bank zu sitzen, das Trikot mit dem Champions-League-Logo tragen zu dürfen, dem Trainer zuzuhören."

Champions League mit ManUnited - eine massive Bilderflut für den Nachwuchsmann aus der Grafschaft Lancashire, der am Ende nur Bankdrücker blieb.

Ferguson holt das Talent zurück

Aber Matty James wollte bei ManUnited kein Statist bleiben. Dafür nahm er einen schwierigen Umweg in Kauf. Seit Februar 2010 stählte sich der Mittelfeld-Allrounder in der zweiten englischen Liga für höhere Aufgaben. Manchester United verlieh James an Preston North End und verlängerte den Leih-Vertrag im Sommer 2010 um ein weiteres Jahr.

Seit dem 4. Januar 2011 ist James wieder zu Hause. Nach der Entlassung von Preston-Coach Darren Ferguson holte ihn ManUnited gemeinsam mit dem ebenfalls an North End ausgeliehenen norwegischen Stürmer Joshua King (18) und dem belgischen Verteidiger Ritchie De Laet (22) vorzeitig zurück nach Old Trafford - mit einer Menge an neuen Erfahrungen im Gepäck.

"Gras fressen!"

Den Respekt vor der tollen Kulisse im Stadion Deepdale in Preston (12.000 Fans im Schnitt) musste er erst ablegen. "Anfangs", so berichtet James lachend, "wusste ich beim Torjubel gar nicht, wohin ich laufen soll. Ich hoffe, dass das bei United nicht genauso werden wird."

Schon mit 14 machte der clevere Bursche sein erstes Spiel für die berühmte Manchester United Academy, mit 16 schrubbte er die Kabine der Profis, durfte auch mit den Großen trainieren. "Es ist nicht mehr so, dass die jungen Spieler nur die Schuhe der Stars putzen müssen", räumt James mit einem Klischee des englischen Fußballs auf, "aber man muss schon hart schuften".

Uniteds Trainerfuchs Sir Alex Ferguson (69) weiß um die Effektivität des "Exils" im Deepdale: "Hier müssen die Jungen Gras fressen." Mit Stürmer Danny Welbeck (20) hatte Fergie zuvor noch ein Supertalent auf die unbequeme Bildungsreise geschickt. Und auch seinen einstigen Musterschüler gab der Altmeister kurzfristig an Preston North End ab: David Beckham (35).

Beckham: Ein Popstar in Preston

Becks spielte im März 1995 insgesamt fünf Mal für Preston, erzielte dabei zwei spektakuläre Tore. Gegen Doncaster verwandelte der spätere Superstar des englischen Fußballs einen Eckball direkt.

David Moyes, ehemaliger Coach von Preston North End, erinnert sich an Beckhams Ankunft in Deepdale: "David war ein bisschen schwach auf den Rippen, aber er wurde bei uns zur großen Entdeckung."

Beckham selbst schmeckte der Wechsel ins Deepdale anfangs gar nicht. "Damals war ich irritiert", erzählte er später in einem Fernseh-Interview über seine Zeit in Preston, "ich war der Meinung, dass ausgeliehene Spieler aussortiert sind. Aber Prestons Manager Gary Peters hat mich vom Gegenteil überzeugt und so war der Schritt insgesamt einer der wichtigsten Entscheidungen meiner Karriere."

In Preston schwärmen sie auch 15 Jahre später noch vom Kurz-Gastspiel des Fußball-Popstars: "David Beckham war ohne Zweifel der berühmteste Spieler, der jemals unser Trikot trug", erklärt Klubsprecher Matt Morris gegenüber SPOX, "die Fans haben ihn vom ersten Moment an geliebt."

Liebling der Fans

Wie wichtig es ist, von den heißblütigen Anhängern auf der Insel angenommen zu werden, hat auch Matthew James in seinem Lehrjahr bei Preston erfahren. "In dieser Liga bist du jede Woche bereit für ein hartes Spiel - für die Fans musst du einfach alles geben, du musst sie in jeder Partie zufriedenstellen."

Das gelang James gleich in seinem Debüt gegen Sheffield United (2:1) am 9. Februar 2010: Schon nach zehn Minuten gelang ihm sein erstes Tor. "Von der United-Reserve in die erste Mannschaft von Preston zu kommen, war ein riesengroßer Schritt für mich", so James, "und es war immer wieder großartig für mich, am Spieltag aufzuwachen und zu wissen, dass ich wieder vor einer tollen Kulisse spielen werde."

Zwei Fergusons, ein James

Die Anhänger der Lilywhites hatten es James besonders angetan: "Die Fans zeigen totale Leidenschaft. Wenn du ein Spiel gewinnst, ist es so, als würdest du die Meisterschaft gewinnen." In dieser Saison hatten sie allerdings nur wenig Grund zum Jubeln: Anfang Januar stehen in der Championship Division nur fünf Siege zu Buche, Preston droht als derzeitiger Tabellenletzter der Sturz in die Drittklassigkeit.

James gehört zu den wenigen Spielern, die in dieser Saison überzeugten - und die sowohl bei Sir Alex Ferguson als auch unter seinem Sohn Darren auf dem Trainingsplatz standen. Kann er Gemeinsamkeiten zwischen Fergie und Sohn erkennen? "Absolut", erklärt James schmunzelnd, "beide können zum richtigen Zeitpunkt Witze machen, aber beide akzeptieren vor allem eins nicht: Disziplinlosigkeit. Sie verlangen beide absolute Konzentration auf das Spiel."

Hoch konzentriert sein und die Fehlerquote gering halten - für Matthew James sind das mit die wichtigsten Erfahrungswerte aus seiner Zeit in Preston: "Ich hoffe, dass mir diese Dinge auch helfen werden, wenn ich nun wieder bei Manchester United bin."

Und noch eins hat James im Exil in Preston gelernt: "Es gibt im Fußball nicht viel Platz für Fehler."

Matthew James im Steckbrief

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