Kommentar zum Fenerbahce-Wechsel von Max Kruse: Ein Abenteuer zur falschen Zeit

Max Kruse wechselt zu Fenerbahce Istanbul.
© getty

Nach seinem Vertragsende bei Werder Bremen kehrt Max Kruse der Bundesliga den Rücken und heuert trotz seines Wunsches, international zu spielen, beim krisengeplagten Türkei-Klub Fenerbahce Istanbul an. Ein Schritt, der zu früh kommt, findet SPOX-Reporter Kerry Hau.

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Schenkt man Fredi Bobic Glauben, hatte Max Kruse nach seinem Abschied von Werder Bremen die Qual der Wahl. "Max ist sehr beliebt und gefragt auf dem Markt", sagte der Sportvorstand von Eintracht Frankfurt zu Beginn der Woche im Podcast Der Sechzehner und fügte an, der Angreifer habe Offerten, die für ihn interessanter seien als die vom Main.

Wenige Tage später sind auch die letzten Hoffnungen der Eintracht-Fans verflogen: Kruse wird kein Adler. Er verlässt die Bundesliga und sucht eine neue Herausforderung in einer ausländischen Liga. Was auf den ersten Blick reizvoll klingen mag, ist in Wirklichkeit ein Abenteuer zur falschen Zeit. Denn Kruse, mit elf Toren und zehn Vorlagen einer der besten Offensivspieler der abgelaufenen Bundesliga-Saison, wechselt nicht in eine Topliga.

Er wechselt in eine durchschnittliche Liga, in die Süper Lig, und obendrein noch zu einem (aktuell) durchschnittlichen Klub, zu Fenerbahce. Einem Klub mit großer Tradition, das ist klar, aber eben auch mit großen Problemen.

Fenerbahce plagen sportliche und wirtschaftliche Probleme

Fener hat seinen sportlichen Glanz der Vergangenheit verloren. Die Mannschaft von Trainer Ersun Yanal quälte sich in der vergangenen Saison auf Platz sechs, nachdem sie in der Hinrunde zwischenzeitlich sogar noch gegen den Abstieg gekämpft hatte. Neu verpflichtete Stars wie Islam Slimani enttäuschten auf ganzer Linie, dazu vergrößerten die hohen Gehälter von überalterten Spielern wie Martin Skrtel, Mathieu Valbuena oder Roberto Soldado den Schuldenberg.

Das Sükrü-Saracoglu-Stadion war aufgrund der sportlichen Misserfolge nicht einmal zur Hälfte gefüllt. So sah sich Ali Koc, seit Juni 2018 Präsident von Fener, sogar gezwungen, im Mai eine Crowdfunding-Kampagne zu starten. Er bat die Fans um Spenden per SMS. Acht (!) Millionen Euro kamen dabei angeblich zusammen - an zwei Tagen. Der Klub soll aber nach wie vor mit 200 Millionen Euro in der Kreide stehen. Umso überraschender, dass die Verantwortlichen Medienberichten zufolge eingewilligt haben, Kruse zuzüglich eines lukrativen Jahresgehaltes von knapp 2,5 Millionen Euro auch noch ein Handgeld von 1,5 Millionen Euro zu zahlen.

Max Kruses Wechsel in die Türkei kommt zu früh

Am Bosporus hoffen sie scheinbar, dass der 14-malige Nationalspieler zum neuen Fanliebling avanciert, der für Aufbruchstimmung sorgt und die Mannschaft zurück ins umsatzstarke europäische Geschäft führt. Die Frage, ob er dazu fähig ist, muss man sich nach seinen fußballerisch hochklassigen Leistungen und menschlich tadellosem Verhalten bei Werder nicht stellen. Vielmehr muss man sich die Frage stellen, warum Kruse, der nach eigenen Angaben ja international spielen wollte, sich das antut.

Auch wenn es sich in der Sonne von Istanbul entspannt leben lässt, wäre er mit seinen 31 Jahren noch stark genug gewesen, um in eine Topliga zu wechseln oder Frankfurt durch das nächste Europa-League-Märchen zu begleiten. Kruses Entscheidung raus aus dem Konzert der Großen kommt zu früh.

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