Dauerfeuer in der Endlosschleife

Von Fatih Demireli
Wer wird Meister? Galatasaray, Fenerbahce, Besiktas oder Trabzonspor?
© spox

Erstmals ermittelt eine Playoff-Runde den Meister der türkischen Süper Lig: Die großen Klubs Galatasaray, Fenerbahce, Trabzonspor und Besiktas stehen sich sechs Spieltage in unzähligen Derbys gegenüber. Die Truppe von Fatih Terim geht als Favorit ins Rennen, doch die Konkurrenz rechnet sich etwas aus. Der Modus kommt nicht bei allen gut an.

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Der Modus

Für die Meister-Playoffs, die den Namen "Süper Final" bekommen haben, qualifizieren sich die ersten Vier der regulären Süper-Lig-Saison. Die qualifizierten Klubs starten mit der halben Anzahl ihrer in der Saison gesammelten Punkte. Entsteht bei der Halbierung eine Zahl mit Kommastelle, wird aufgerundet. So beendete aktuell Galatasaray die Saison mit 77 Punkten: Halbiert waren dies 38,5 Punkte - also geht Galatasaray mit 39 Zählern ins Rennen. Gibt es am Ende einen Punktegleichstand, wird der "geschenkte" halbe Punkt wieder abgezogen.

Alle Klubs spielen in Hin- und Rückspielen je zwei Mal gegeneinander. Für einen Sieg gibt es drei Punkte, für ein Remis je einen. Der Verein mit den meisten Punkten wird am Ende türkischer Meister und qualifiziert sich direkt für die Champions-League-Gruppenphase. Der Zweite erreicht die CL-Qualifikation, der Dritte landet in der Europa League. Der Viertplatzierte der Meister-Playoffs trifft auf den Sieger der Europa-Playoffs (Plätze 5 bis 8 der regulären Saison). In einem Entscheidungsspiel wird so der letzte Europa-League-Teilnehmer ermittelt. Gespielt wird am 20. Mai auf einem neutralen Platz ohne Rückspiel.

Ausgangsposition

Galatasaray erspielte sich in der regulären Saison einen Neun-Punkte-Vorsprung auf den ersten Verfolger Fenerbahce und je elf Zähler auf Trabzonspor und Besiktas. Daher geht die Truppe von Fatih Terim als klarer Favorit in die Entscheidungsspiele. Gewinnt Galatasaray am 1. Spieltag gegen Besiktas, würden die Letzteren damit auch ihre theoretischen Chancen auf die Meisterschaft verspielen. Das "Süper Final" ist aber nicht nur ein Kampf um die Meisterschaft, sondern auch um den zweiten Champions-League-Platz, der noch für alle Klubs realistisch erreichbar ist.

Der komplette Spielplan des "Süper Final"

Die Teilnehmer

Galatasaray (39 Playoff-Punkte)

So lief die Saison: Mit einer völlig neu zusammengestellten Mannschaft, in der nur ein Stammspieler der vergangenen Saison einen Platz fand, und einem neuen Trainerteam überwand Galatasaray unerwartet schnell die Eingewöhnungsphase. Die Top-Neuzugänge Johan Elmander, Felipe Melo, Tomas Ujfalusi, Emmanuel Eboue, Selcuk Inan und Fernando Muslera waren allesamt Volltreffer.

Trainer Terim verstand es aber auch, ganz junge Spieler wie Semih Kaya und Emre Colak zu Stammkräften aufzubauen. Nach dem Sieg gegen Fenerbahce im Oktober spielte sich Gala quasi in einen Rausch und hat sich mit mehreren Siegesserien oben festgebissen.

Das macht Mut: Vieles. Vor allem ist es der Fünf-Punkte-Vorsprung, der bei sechs Spielen erheblich wirkt. Aber es ist auch die "Geilheit" auf den Titel. Galatasaray macht selbst schwache Auftritte mit viel Einsatzwillen, den Trainer Fatih Terim vorlebt, wett. Dass Galatasaray in der regulären Saison kein Spiel gegen Fenerbahce, Besiktas und Trabzonspor verlor, ist gerade im Hinblick auf das Teilnehmerfeld kein schlechtes Omen.

Die Probleme: Kurz vor Saisonende kam es zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen Felipe Melo und Albert Riera. Letzerer wurde dabei sogar verletzt. Terim verbannte beide Spieler aus dem Kader und erwägte eine endgültige Suspendierung. Die komplette Mannschaft trat mit der Bitte um Begnadigung vor den Trainer, der Terim folgte. Dennoch wird abzuwarten sein, wie sich beide Spieler integrieren können.

Roberto Hilberts Einschätzung: "Der Top-Favorit. Sie haben sich einen extremen Vorsprung herausgespielt und stehen völlig zu Recht ganz oben. Bei Galatasray ist man natürlich unglücklich über die Playoffs. Trainer Fatih Terim sagt, dass sie die meisten Punkte sammeln und ihnen am meisten abgezogen wird. Ganz ehrlich, ich kann das verstehen. Wenn wir oben stehen würden, würde mich das auch wurmen. Fatih Terim selbst steht für den Erfolg Galatasarays - er verdient jedes Lob. Er hat eine richtig gute Mannschaft zusammengestellt, er hat das Zepter in die Hand genommen und jeder folgt ihm - nicht nur die Spieler, sondern alle im Verein. Er hat nochmals gezeigt, welch Top-Trainer er ist."

Fenerbahce (Playoff-Punkte 34)

So lief die Saison: Die Vorbereitung verlief denbkar schlecht. Der Manipulationsskandal suchte den Klub heim, Präsident und Vorstandsmitglieder sind immer noch in Haft. Bemerkenswert war es da, wie Trainer Aykut Kocaman auch nach den Verkäufen wichtiger Stammspieler wie Mamadou Niang, Diego Lugano oder Andre Santos eine Einheit schaffte, die in den ersten Wochen gleich die Spitze eroberte.

Zwischenzeitliche Rückschläge wurden schnell wieder repariert - vor allem ein Verdienst von Kocaman, der mitunter Trainer, Sportdirektor und sogar Präsident in einer Person war. Positiv wirkte sich der Wintertransfer Moussa Sow aus Lille aus, der sich als erhebliche Verstärkung outete.

Das macht Mut: Die Rolle des Jägers und der Vorteil des Windschattens. Fenerbahce wirkt in dieser Saison unumstößlich, was neben vielen Aspekten vor allem durch die gigantische Unterstützung der Fans gefördert wird. Gegen Trabzonspor kann Fenerbahce zum Auftakt einen wichtigen Sieg landen - und sollte Galatasaray zwischendurch patzen, kommt es womöglich am letzten Speiltag zum Showdown im eigenen Stadion.

Die Probleme: Gefestigt wirkt die Mannschaft selbst nicht, sie hat noch heftige Leistungsschwankungen gerade in der Defensive. Und sie ist nach wie vor zu abhängig von Alex, dem überragenden Spielmacher. Zudem liegen Trainer Kocaman und Leader Emre Beözoglu im Clinch. Der Mittelfeldspieler wird den Klub wohl verlassen.

Roberto Hilberts Einschätzung: "Ich sehe Fenerbahce ähnlich wie Galatasaray. Sie haben eine tolle Saison gespielt, trotz der Probleme, die man lange Zeit hatte. Sie haben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, welche Fähigkeiten die Mannschaft hat. Man muss mit Fenerbahce immer rechnen. Bei Fener steht Kapitän und Spielmacher Alex über allem. Wenn er Fenerbahce irgendwann verlassen sollte, wird es sehr schwer für den Klub. Er ist ein ganz Großer."

Trabzonspor (Playoff-Punkte 28)

So lief die Saison: Turbulent. Nach dem Aus in der Champions-Laegue-Qualifikation gegen Benfica ging es in der Europa-League-Qualifikation weiter. Vor dem Rückspiel wurde Trabzonspor dann für die Champions League gemeldet, da Fenerbahce ausgeschlossen wurde. Der enge Spielplan und der dünne Kader erbrachten die erwarteten Probleme. Vor allem in Heimspielen verlor Trabzonspor unerwartet viele Punkte. Allerdings verstand es die Mannschaft in der Endphase, wichtige Spiele wie bei Besiktas zu gewinnen oder gegen Galatasaray und Fenerbahce zu punkten.

Das macht Mut: Der Mut hat einen Namen: Burak Yilmaz. 32 Tore erzielte der Torjäger in der regulären Saison. Der Torschützenkönig brach damit den Rekord von Trabzon-Legende Fatih Tekke und ist auch in der Playoff-Runde der Hoffnungsträger Trabzonspors. Hinzu kommt die bereits erwähnte Gabe, in den Top-Spielen punktgenau konzentriert aufzutreten. Ein Vorteil für die Playoff-Runde.

Die Probleme: Die fehlende Konstanz war das Problem der gesamten Saison. Hinzu kommt, dass dem Trainer Senol Günes neben Burak Yilmaz eine zuverlässige Offensivwaffe fehlt. Halil Altintop ist die fleißige Biene, auf die immer Verlass ist. Aber torgefährlich ist weder er noch Paulo Henrique oder Adrian.

Roberto Hilberts Einschätzung: "Das ist eine sehr gut organisierte Mannschaft und ich muss sagen, dass mir Trainer Senol Günes sehr gut gefällt. Man sieht, dass er ein gutes Spielkonzept hat, mit sehr guten Mittelfeldspielern wie Didier Zokora und Gustavo Colman aus einem kompakten Mittelfeld heraus das Spiel machen will. Und ganz vorne ist natürlich Burak, der eine Riesensaison gespielt hat und nicht etwa durch Zufall seine 32 Tore geschossen hat. Es gibt Gerüchte, dass er Angebote von großen Klubs aus dem Ausland hat. Ich habe von Milan, Valencia, Sevilla gelesen. Das ist natürlich eine hohe Hausnummer, wo die Konkurrenz ungemein groß ist. Aber ich würde mich für ihn sehr freuen, wenn es klappt!"

Besiktas (Playoff-Punkte 28)

So lief die Saison: Ähnlich wie bei Fenerbahce war der Manipulationsskandal der größte Gegner. Trainer Tayfur Havutcu wurde mitten im Sommer-Trainingslager verhaftet und kam erst Ende des Jahres frei. Interimscoach Carlos Carvalhal machte sich schnell beliebt bei Spielern, Fans und Öffentlichkeit, hatte aber Probleme, seine schwierige Truppe um Quaresma, Almeida und Co. unter Kontrolle zu halten. Superstar Guti ging noch während der Hinrunde, weil man für ihn keine Verwendung mehr fand.

Die Rückrunde war pures Chaos. Präsident Yildirim Demirören trat zurück, um den Posten des Verbandschefs zu übernehmen. Der Klub blieb mehrere Wochen ohne Führung. In dieser Phase kamen auch die sportlichen Probleme dazu: Verletzte, Gesperrte, Suspendierungen und viele Punktverluste. Einen Spieltag vor Saisonende musste Carvalhal gehen und Havutcu kam zurück.

Das macht Mut: "Du hast keine Chance, also nutze sie." Lediglich dieses Motto dürfte Besiktas noch Hoffnung machen, wenigstens die Champions-League-Quali zu erreichen. Auch wenn es komisch klingt, haben Besiktas und Trabzonspor als Außenseiter den wenigsten Druck. Das könnte sich letztlich positiv auswirken.

Die Probleme: Ohne die gesperrten Egemen Korkmaz und Hugo Almeida, der drei Mal fehlen wird, geht man in die Playoffs. Zudem sind viele Spieler weit weg von ihrer Top-Form. Das gilt vor allem für Quaresma und Simao, von denen man sich mehr erhoffte. Der Punkterückstand ist wohl letztlich auch etwas zu hoch.

Roberto Hilberts Einschätzung: "Wir gehen ohne die gesperrten Egemen Korkmaz und Hugo Almeida in die ersten Spiele, aber viele andere wie Fabian Ernst oder Ismail Köybasi kehren zum Glück zurück. Für uns beginnen die Wochen der Wahrheit, wo jeder Einzelne und die Mannschaft zeigen will und muss, welche Qualität wir haben. Gegen die Top 3 der Liga können wir das beweisen."

Die Playoff-Runde "Süper Final" im Überblick