Der Beginn einer Revolution

Von Fatih Demireli
Bursaspor ist seit neun Spielen in der Süper Lig ungeschlagen
© anadolu

Bursaspor hat die Tabellenführung in der Süper Lig so gut wie in der Tasche. Während in der Stadt eine unglaubliche Meister-Euphorie ausgebrochen ist, hält der Klub den Ball flach. Inzwischen schwärmt sogar die Konkurrenz.

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Der Meister der Süper Lig steht noch nicht fest. Sollte aber am 16. Mai 2010 Bursaspor den Titel holen, wäre die Meisterfeier das kleinste Problem.

Denn die Fans feiern jetzt schon jeden Sieg wie einen Titel. Nach dem Spielabbruch in Diyarbakir, als die Mannschaft eilig aus der Stadt abreisen musste, gab es in Bursa einen Empfang, den in letzter Zeit sonst nur Cristiano Ronaldo nach seinem Wechsel zu Real Madrid genießen durfte.

Erfolgsgarant Ertugrul Saglam

Spieler werden auf Schultern aus dem Bus getragen, der Trainer hat eigene Fan-Lieder und der Verkauf von Utensilien ist explodiert.

"Unsere Fans sind uns so treu und so nah am Klub, dass sie jede Feier verdienen", sagt Ertugrul Saglam. Der Bursa-Trainer ist hauptverantwortlich dafür, dass es überhaupt etwas zu feiern gibt. Der 40-Jährige formte Bursa seit seinem Wechsel im Januar 2009 akribisch und schrittweise zu einem ernsthaften Titelkandidaten der Süper Lig.

"Setzen uns nicht unter Druck"

Nach dem Sieg bei Kasimpasa (2:0) rangiert Bursa mit 49 Punkten auf Platz zwei. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis Bursa an der Spitze steht. Nach dem Spielabbruch im Spiel bei Diyarbakirspor wird der Verband wohl in den nächsten Tagen das Spiel 3:0 für Bursa werten: damit wäre der Spitzenplatz perfekt!

Doch trotz aller Euphorie wird das Thema Meisterschaft nicht offensiv behandelt. "Wir denken nicht daran, was am Ende der Saison ist und gegen wen es jetzt noch geht. Wir denken nur an das nächste Spiel", so Trainer Saglam. Auch Präsident Ibrahim Yazici hält sich zurück: "Wir setzen uns nicht unter Druck. Die Saison ist noch lang."

"Wie der neue Meister"

Stürmer Sercan Yildirim nimmt zumindest das Zauberwort in den Mund. "Jetzt können wir anfangen über die Meisterschaft nachzudenken, aber das wird ganz schwer." Die Zurückhaltung ist wohl das Erfolgsrzept der Grün-Weißen.

Im Vergleich zur Vergangenheit, als der Klub im Mittelmaß der Liga ein trostloses Dasein fristete und dennoch von großen Zielen sprach, herrscht eine gesunde Vereinspolitik. Ins Schwärmen geraten dafür die Gegner. "Sie spielen wie der neue Meister", sagte Kasimpasa-Trainer Yilmaz Vural nach dem 0:2 seiner Mannschaft gegen Bursa.

Ein neues Sivasspor

Kasimpasa-Sportdirektor Süha Sidal setzt sogar einen drauf: "Hoffentlich gelingt Bursa die Revolution!" Die erste Meisterschaft, die nicht an einen Istanbuler Top-Klub oder an Trabzonspor geht, würde in der Tat eine neue Zeitrechnung im türkischen Fußball einläuten.

Sivasspor schickte sich in den vergangenen zwei Jahren an, Geschichte zu schreiben, scheiterte aber kläglich und kämpft inzwischen gegen den Abstieg. Zahlreiche andere Klubs wie Genclerbirligi, Gaziantepspor oder Kocaelispor widerfuhr ein ähnlicher Absturz.

Saglam lobt Spieler

Nun liegt die Hoffnung der Türken bei Bursa. "Ich habe eine Gruppe von Spielern, die alles gibt und die mit aller Ernsthaftigkeit jeden Tag arbeitet. Was dabei am Ende herauskommt, ist nicht unser Thema", erklärt Trainer Saglam seine Erfolgsstory.

Für den Trainer selbst wäre der Titel mehr als eine Genugtuung. Obwohl er mit Besiktas durchaus Erfolg hatte, wurde ihm 2008 der Rücktritt nahegelegt. Die Besiktas-Fans protestierten wochenlang gegen die Entscheidung, Bursa nahm den talentierten Coach des nicht unbedingt beliebten Rivalen mit Kusshand.

Bloß kein Finale gegen Besiktas

Dass es am letzten Spieltag ausgerechnet gegen Besiktas geht und dass ein Endspiel um die Meisterschaft drohen könnte, gefällt Saglam überhaupt nicht.

"So ein Endspiel möchte ich nicht erleben. Ich hoffe, dass gewisse Entscheidungen schon vorher fallen und nicht in diesen 90 Minuten." Ob früher oder später - die Meisterfeier hätte es in sich...

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