Marc-Andre ter Stegen im Interview: "Ich war vielleicht ein bisschen nervig"

Von Jan Platte
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Sie sind gebürtiger Mönchengladbacher, durchliefen bis zu den Profis die gesamte Jugendabteilung der Borussia. Anfangs spielten Sie aber noch im Feld. Wie kam es, dass Sie Torhüter wurden?

Ter Stegen: Ich mochte die Position generell und fand Torhüter eigentlich immer lustig, weil sie besonders waren und Handschuhe anhatten. Unser Torwart hatte leider Gottes ständig Nasenbluten - vielleicht hat der mal schräg in der Nase gepopelt. Kein anderer wollte so wirklich, alle haben sich weggedreht und dann habe ich gesagt: 'Dann gehe ich halt mal ins Tor.' Im Alter von zehn, elf Jahren - wenn die zum ersten Mal so richtig aussortieren - sagte mein Trainer bei der Borussia dann zu mir: 'Entweder du gehst zu einem anderen Verein oder du gehst fix ins Tor.' Da musste ich nicht lange überlegen. So fing das an und hat sich nicht mehr verändert.

Sie erhielten im Alter von 17 Jahren Ihren ersten Profivertrag. Ihr Weg ins Tor der Gladbacher war dennoch kein Selbstläufer. Michael Frontzeck verzichtete trotz guter Leistungen in der Vorbereitung auf die Rückrunde der Saison 2010/11 darauf, Sie zur Nummer eins zu machen.

Ter Stegen: Michael Frontzeck hat mir mal erzählt, was damals in seinen Gedanken vorging. Nachdem ich bei einem Testspiel im Trainingslager gegen Wolfsburg im Tor gestanden hatte, hat er darüber nachgedacht, mich zu bringen. Aber letztlich hat er sich dann doch gesagt: 'Ich traue mich nicht. Ich will den noch nicht verbrennen.' Ich habe Respekt, dass er so dachte. Denn es hätte ja genau so kommen können. Ich bin aber froh, dass Lucien Favre mich dann zur Nummer eins machte.

Favre machte nicht nur Sie, sondern auch Marco Reus groß. Reus zählt in dieser Saison zu den besten Bundesliga-Spielern. Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an ihn denken?

Ter Stegen: Ich muss mich immer wieder fragen: 'Was spielt der denn für einen Fußball?' Das ist verrückt. Er wäre auch einer für Barca gewesen, auf jeden Fall einer für die ganz großen Teams. Aber er ist auch einer - und das muss man hoch anerkennen -, der gesagt hat: 'Nein, ich bleibe hier, wo ich hingehöre, wo meine Familie ist, wo ich meinen Halt habe.' Das ist eine geile Entscheidung von einem geilen Typen.

Mario Götze ist ebenfalls ein Kumpel von Ihnen. Wie sehr freut es Sie, dass es auch für ihn wieder aufwärts geht beim BVB?

Ter Stegen: Bei Mario sind zuletzt auch viele private Dinge positiv gelaufen. Das ist eine tolle Situation für ihn. Für mich ist es einfach schön, ihn wieder da zu sehen, wo er hingehört.

Im Gegensatz zu Reus und Götze haben Sie den Schritt ins Ausland gewagt, schon viele Titel mit Barca gewonnen. Ihre Sternstunde: der Champions-League-Sieg 2015. Seitdem erreichten Sie aber kein Finale mehr. Wie groß ist der Wunsch, diesen Titel erneut zu gewinnen?

Ter Stegen: Sehr groß. Das Aus gegen Rom in der vergangenen Saison war extrem bitter für uns, da war sicher mehr drin. Die Champions League ist unser großes Ziel. Es ist wichtig, dieses Ziel vor Augen zu haben, aber das heißt nicht, dass wir unsere Hausaufgaben in der Liga vernachlässigen dürfen. Wir haben noch viele harte Spiele vor der Brust. Der Vorsprung wirkt komfortabel, mit Real und Atletico ist aber immer zu rechnen.

Was ist der Schlüssel zum Champions-League-Sieg?

Ter Stegen: Gut zu verteidigen. Vorne haben wir unsere Stärken und sind immer für ein Tor gut, aber gerade in der K.o.-Phase ist es wichtig, so wenige Gegentore wie möglich zu kassieren. Und man muss natürlich im richtigen Moment zur Stelle sein. Real hat vergangenes Jahr nicht überragend gespielt, war aber da, als es darauf ankam. Dafür muss man ihnen auch Respekt zollen.

Die Königsklasse ist eines Ihrer großen Ziele in diesem Jahr. Sie wollen aber auch endlich ins Tor der deutschen Nationalmannschaft. Wie bewerten Sie Ihre Situation als Nummer zwei hinter Manuel Neuer?

Ter Stegen: Die Situation ist, wie sie ist. Gute Leistungen im Klub bilden die Voraussetzung, um den Anspruch stellen zu können, ins Tor der Nationalmannschaft zu kommen. Da bin ich mit meiner Persönlichkeit und Qualität in einer guten Position, wie ich finde. Wichtig ist, dass ich weiterhin gute Leistungen bei Barca zeige und fit bleibe. Ich will Druck machen.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Neuer?

Ter Stegen: Gut. Wir unterhalten uns ganz normal und gut miteinander, sprechen auch mal über Spielsituationen, geben uns gegenseitig Feedback. Ich schätze Manu und das, was er für den DFB geleistet hat. Er hat tolle Turniere gespielt, ich habe großen Respekt vor ihm. Das heißt aber nicht, dass ich nicht ins Tor möchte. Ich habe schon einmal gesagt: Ich will den Umbruch auch auf der Torwartposition vollziehen. Dafür arbeite ich.

Wie sehen Sie ihre Zukunft bei Barca?

Ter Stegen: Ich habe noch dreieinhalb Jahre Vertrag. Wie es dann aussieht, kann ich jetzt nicht sagen. Aber was ich jetzt sagen kann, ist, dass ich die aktuelle Situation genieße und Spaß daran habe, jeden Tag auf den Platz zu gehen.

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