Ousmane Dembele beim FC Barcelona: Lehrjahre sind keine Herrenjahre

Ousmane Dembele ist beim FC Barcelona noch nicht so richtig angekommen.
© getty

Ousmane Dembele steht am Ende einer schwierigen ersten Saison beim FC Barcelona. Beim spanischen Meister, der am Sonntag im Clasico gegen Rivale Real Madrid antritt (20.45 Uhr live auf DAZN), ist der ehemalige BVB-Schützling für den Moment auf Normalmaß geschrumpft - und nach diversen Negativ-Schlagzeilen vor allem auf der Suche nach dem Rhythmus.

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Die Saison in der Primera Division neigt sich dem Ende, so gut wie alle sportlichen Entscheidungen sind gefallen. Am Sonntag steht mit dem 237. Pflichtspiel-Clasico zwischen dem frisch gekürten Meister FC Barcelona und Champions-League-Finalist Real Madrid (So., 20.45 Uhr live auf DAZN) noch einmal ein Highlight ohne Wert an.

Welche Rolle dabei Ousmane Dembele spielen wird, ist ungewiss. So wie ohnehin vieles ungewiss ist um den Mann, der beim BVB im vergangenen Sommer durch seinen Streik für Verwunderung und Ärger gesorgt hat. Der 20-Jährige, im Vorjahr noch der gefeierte Star der Bundesliga, ist in seinem ersten Jahr bei Barca auf Normalmaß geschrumpft.

Möchte man Dembeles Saison plakativ zusammenfassen, könnte man sich noch einmal an seine offizielle Vorstellung im Camp Nou erinnern. Wie die meisten prominenten Neuzugänge, und Dembele gehört als drittteuerster Spieler aller Zeiten gewiss in diese Riege, hielt der Franzose Ende August 2017 vor zahlreichen Fans und im Blitzlichtgewitter der Fotografen ein paar Mal den Ball hoch.

Dembele fehlte verletzt bei 27 Barca-Pflichtspielen

Diese Darbietung geriet zum Social-Media-Phänomen, da Dembele in der kurzen Zeit das eine oder andere Mal der Ball beim Jonglieren versprang und er sich die Kugel gar an den eigenen Hintern lupfte. Das Netz gröhlte und die Häme, die sich über Dembele daraufhin ergoss, hallte bis nach Dortmund.

Dembele wollte wenig gelingen in der Debütsaison für seinen Traumverein. Das lag in erster Linie daran, dass ihm ohnehin nur sehr wenig gelingen konnte. Kaum transferiert, verletzte sich Dembele in seiner zweiten Partie für die Katalanen (Muskelbündelriss im Oberschenkel), im Januar folgte eine Muskelreizung.

27 Pflichtspiele gingen ihm deshalb durch die Lappen. Seine dritte Saison als Profi, wohlgemerkt beim dritten Klub, ist vor allem von den Auswirkungen dieser Blessuren geprägt. Dembele suchte und sucht weiterhin nach seinem Rhythmus und dem Zugang zu einem durchaus speziellen Klub.

Dembele: Fast Food, Partynächte, Playstation

Und da Dembele auf dem Platz nicht auffällig werden konnte, bemühte sich der spanische Boulevard redlich, nach anderen Geschichten zu graben. Dies gelang offenbar mühelos und wurde zu einem weiteren Teil des ersten Kapitels von Dembele bei Barca.

Barbecues und Fast Food, Partynächte in Marrakesch, Zockerabende vor der Playstation - der ungesunde Lebenswandel des Nationalspielers wurde zum Dauerthema. Weit hergeholt schienen diese Geschichten jedoch nicht, denn las man zwischen den Zeilen, bestätigte der eine oder andere Barca-Spieler Dembeles Auffassung von Professionalität bereits.

Ousmane Dembele: Die Statistik seines ersten Barcelona-Jahres

WettbewerbSpieleToreAssists
Primera Division1416
Champions League31-
Copa del Rey3-1

Richtet man den Blick wieder aufs Sportliche, so konnte der ehemalige Dortmunder diese Eindrücke nicht wirklich wegwischen. Vielmehr entstand eine negative Melange, die seitdem Dembeles erstes Jahr in Katalonien konstituiert.

Debütsaison als Lehrjahr für Dembele

Mangelnde Fitness, Ärger um Trainingsleistungen, die Sprachbarriere oder fehlende Integration lauteten die Zutaten. "Es ist schwierig, sich hier zu integrieren", gab Dembele unumwunden zu. "Meine Mitspieler helfen mir aber und ich hatte viel Pech mit Verletzungen. Ich gebe nicht auf."

Seit Mitte Februar ist Dembele nun wieder spielfähig. Ein Tor ist ihm seitdem in der Liga gelungen und es hat den Anschein, dass erste Besserung in Sicht ist - auf wie neben dem Platz. Ansonsten würde ihn der prinzipientreue Trainer Ernesto Valverde, der Dembele in beiden Duellen gegen die Roma im Champions-League-Viertelfinale ganze fünf Minuten Einsatzzeit schenkte, sicherlich noch seltener einsetzen.

Es ist ein Lehrjahr für Dembele, so wie er es in seiner einzigen Spielzeit beim BVB letztlich nie hatte. Dieses hat er sich in Spanien mitunter selbst schwerer gemacht als nötig, andererseits ist sein überbordendes Talent unbestritten und Grund genug, nicht jetzt schon den Teufel an die Wand zu malen.

Barca-Trainer einig: Dembele muss defensiv besser werden

Zulegen, um in Barcas Startruppe eine tragende Rolle zu spielen, muss Dembele aber zweifelsfrei. Sein großes Tempo, die schlagartigen Drehungen, die Abschlussfreude - was man aus Dortmund von ihm kannte, ließ er auch schon in Barcelona aufblitzen. Allerdings steckt in seinen Aktionen weiterhin das Schlampige und Nervöse, das auch beim BVB jederzeit zu beobachten war.

Um die richtige Balance hinzukriegen, muss der 20-Jährige vor allem den Blick Richtung eigenes Tor richten. "Ousmane ist verpflichtet, auch nach hinten zu arbeiten. Er muss in die Verfassung kommen, dass er in der Offensive eine entscheidende Rolle einnehmen kann und auch seine Defensivaufgaben erfüllt. Das muss er beherzigen, aber er macht bereits Fortschritte", urteilte Valverde vor zwei Monaten.

Sein Co-Trainer Jon Aspiazu pflichtet ihm bei: "Er ist ein Spieler, der es nicht gewohnt war, taktisch zu arbeiten. Wir arbeiten an diesem Aspekt. Wir wollen, dass dies nach und nach mit seinem Spiel verkoppelt wird, um mehr Kontinuität zu haben."

Dembele wegen Griezmann per Leihe zu Atletico?

Gelingt es dem Trainerteam, Dembele diese Eigenschaften überzustülpen, ist er für den Klub zweifelsohne eine Bereicherung. Der Franzose, bis 2022 an den Verein gebunden, benötigt nach der WM in erster Linie eine anständige Vorbereitung und jede Menge Spielrhythmus. Vieles spricht dafür, dass ihm Barca die nötige Zeit für diesen Lernprozess gibt.

Mit den permanenten Gerüchten um seine Zukunft werden alle Parteien allerdings leben müssen. Die neueste Variante, von der Barca-nahen Sportzeitung Mundo Deportivo ins Spiel gebracht, lautet, dass Dembele an Atletico Madrid verliehen werden soll. Dort gäbe es regelmäßige Spielpraxis für ihn und sein Platz könne dann von Wunschtransfer Antoine Griezmann eingenommen werden.

Dembele sagte zu seiner Zukunft schon vor Wochen: "Ich habe hier einen Fünfjahresvertrag unterschrieben. Ich werde doch nicht nach einem Jahr schon wieder gehen." In Dortmund hat er das nie gesagt.

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