Real Madrid in der Kaderanalyse: Die Fehler im Erfolg

Von Leon Willner
Real Madrids "BBC-Sturm" enttäuschte in dieser Saison. Wie lange spielen die drei noch in Madrid?
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Angriff

Personal: Cristiano Ronaldo, Marco Asensio, Gareth Bale, Lucas Vazquez, Karim Benzema, Borja Mayoral

Kandidaten: Neymar, Eden Hazard, Robert Lewandowski, Mohamed Salah, Mauro Icardi, Harry Kane

Situation: Beim Stand von 2:1 wechselte Zidane gegen Levante Cristiano Ronaldo aus. Der rümpfte die Nase, verzog die Augenbrauen und zeigte dem Trainer seine ganze Enttäuschung. Zidane glaubte nicht mehr, dass der fünffache Weltfußballer dem Spiel noch seinen Stempel aufdrücken kann. Levante gelang der Ausgleich. Die Kritik der Fans wurde lauter.

Die Marca resümierte: "Aus der besten Mannschaft der Welt ist innerhalb von sechs Monaten die schlechteste der Vereinsgeschichte geworden." Das sitzt. Es hapert vor allem im Angriff. Im Vorjahr hatte Madrid zum selben Zeitpunkt elf Treffer mehr erzielt.

Allein Ronaldo hatte trotz verletzungsbedingen Ausfällen in der Vorsaison zu diesem Zeitpunkt bereits vier LaLiga-Tore mehr auf dem Konto. Perez, der bei Real neben der Rolle des Präsidenten auch das Amt des Sportdirektors zur Chefsache erklärt hat, schraubt angeblich schon an der Post-Ronaldo-Ära.

Perez ist nicht mehr zufrieden mit seinem BBC-Sturm, das Ablaufdatum von Karim Benzema, Gareth Bale und Cristiano Ronaldo naht. Das stärkste Offensivtrio in Europa spielt nicht mehr in Madrid, sondern ausgerechnet beim Champions-League-Gegner Paris.

Kylian Mbappe, Edinson Cavani und Neymar kommen in Liga und CL auf satte 64 Treffer und 34 Assists - 33 Treffer mehr als BBC. Aus Protest schreibt die AS nur noch "bbC", sprich von Ronaldo und seinen kleinen Begleitern.

Marco Asensio, der nach zwei Traumtoren gegen Barcelona im vergangenen Jahr schon mit Lionel Messi verglichen wurde, enttäuschte in der Rolle des Bale-Vertreters. Mit 22 Jahren steckt er aber auch noch im Entwicklungsprozess.

In eine besonders unangenehme Richtung entwickelt sich die Beziehung von Real zu Benzema. Erst zwei Tore hat der Franzose in LaLiga erzielt, die Fans nennen ihn spöttisch nur noch "Benzemalo". Für mehr Selbstvertrauen sorgt das nicht. Dabei ist Benzema seit dem Abgang von Alvaro Morata im Sturmzentrum quasi alternativlos.

Das Offensivgerüst wurde im Sommer eher geschwächt als gestärkt. Moratas Wechsel wiegt schwerer als angenommen. Der Spanier verließ den Klub, da er ihm nicht die Perspektive eines Stammplatzes bieten konnte. Der zuletzt an Wolfsburg verliehene Borja Mayoral spielt keine Rolle. Lucas Vazquez zeigte immer wieder vielversprechende Ansätze, bekam aber selten das Vertrauen über 90 Minuten.

"Real hat im Sommer mit Alvaro Morata, Pepe und James Rodriguez drei sehr gute Spieler abgegeben, um vielleicht auch Gehälter zu sparen. Sie haben nicht großartig eingekauft und gedacht: Mit den jungen Spielern kompensieren wir das. Nein, Sie brauchen eine richtig gute Mischung zwischen jungen und alten, zwischen erfahrenen und hungrigen Spielern. Da hat es ein bisschen gehakt", sagte Bayern-Trainer Jupp Heynckes unlängst im Interview mit Goal.

Perez will nur die besten Spieler Europas holen und gibt mit Aussagen in der Presse teils wilden Gerüchten freien Lauf. "NHL" soll der neue Sturm bestehend aus Neymar, Eden Hazard und Robert Lewandowski heißen. Dafür müsste Real aber erst einmal Platz schaffen. Auch Ronaldo ist in Madrid nicht mehr unantastbar.

Signale für Transfers dieser Spieler gibt es reichlich: Hazard betonte in Interviews immer wieder seinen Wunsch, irgendwann für Real zu spielen. Bei Neymar halten sich Gerüchte, dass er sich in Paris nicht wirklich wohlfühlen soll. Und bei Lewandowski kocht das Thema auch immer wieder hoch. Mit Mauro Icardi von Inter und Harry Kane von Tottenham hält sich Real geeinigte Kandidaten in der Hinterhand bereit.