Spätzünder aus der Halle

Von Pascal De Marco
Ben Yedder kam auf 10 Scorerpunkte in 13 Ligaspielen
© getty

Der FC Sevilla versteht es, mit Transfers zu wirtschaften, hinter der jüngsten Stürmerverpflichtung steckt allerdings eine größere Geschichte. Die eines Franzosen, dessen Wurzeln in der Halle liegen und der Les Bleus als Erster überhaupt sowohl unter dem Dach als auch unter freiem Himmel vertreten könnte. Vor dem Rückspiel in der Copa del Rey gegen Real Madrid (ab 21.15 Uhr live auf DAZN) nimmt SPOX Wissam Ben Yedder genauer unter die Lupe.

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Drei Tore, ein Assist. Nach seinem Auftritt beim Gastspiel in San Sebastian scheint Wissam Ben Yedder seine Form auch im Jahr 2017 aufrecht zu erhalten. Eine Form, die Ende November unauffällig auf der Insel Formentera derart in die Höhe schoss, dass sich die Verantwortlichen in Sevilla sicher sein können, für wenig Geld schon wieder einen Toptransfer getätigt zu haben.

Das Modell scheint der Klub zu verstehen, wie es wenige andere tun. Dani Alves, gekauft für 200.000 Euro und für 36 Millionen Euro an den FC Barcelona abgegeben. Gleiches Spiel bei Ivan Rakitic: Der Kroate kam für 2,5 Millionen Euro und reiste später für 25 Millionen Euro nach Katalonien. Carlos Bacca, verpflichtet für 7,0 Millionen Euro, ließ sich der AC Mailand 30 Millionen Euro kosten. Kevin Gameiro kam für 7,5 Millionen Euro aus Paris und ging für 32 Millionen zu Atletico Madrid.

Ein Rohdiamant aus der Halle

Nun ist es also der 26-jährige Angreifer Ben Yedder, eine Neun-Millionen-Euro-Investition, die mit ihren 1,70 Meter Körpergröße im ersten Halbjahr bereits erfolgreicher im Sturmzentrum wirbelt, als es in diesem Zeitraum vorher Gameiro oder Bacca getan haben. Sein Weg war alles andere als vorgezeichnet.

Spieler, die sich erst mit 19 Jahren für den Großfeld-Fußball im Verein entscheiden, um sich dann in kürzester Zeit zu einem Star zu entwickeln, haben im europäischen Spitzenfußball eher Seltenheitswert.

Bevor Viertligist UJA d'Alfortville den aus der nördlichen Peripherie von Paris stammenden Ben Yedder vom Geruch des Rasens überzeugte, nannte er den Futsal als seine Sportart Nummer eins. Nicht ohne Grund. In der Halle war er so talentiert, dass er dort in der ersten Liga und der Nationalmannschaft spielte.

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"Im Futsal habe ich mir spezifische, technische Fähigkeiten angeeignet", sagt Ben Yedder heute über die Vorteile, die der Sport mit dem kleineren und schwereren Ball mit sich bringt. "Außerdem hat es meine Reaktionszeit, mein Ballgefühl und meine Balance verbessert. Das Wichtigste, das ich gelernt habe, ist vor dem Tor eiskalt zu sein."

Vorteile zu verstehen, ist eine Sache. Die andere ist, diese auch umzusetzen. Schon in seinem ersten halben Jahr beim heutigen UJA Maccabi Paris münzte der Franko-Tunesier seine Eiseskälte in neun Tore um. Zwar fehlte es seinem Spiel noch am nötigen taktischen Vermögen, doch sahen die Scouts des FC Toulouse darin kein Hindernis.

"Er hätte zu Arsenal gehen können"

Das Vertrauen sollte sich auszahlen. Nach zwei Jahren Adaptionszeit empfahl sich Ben Yedder in Südfrankreich für einen Stammplatz und damit für die U21-Nationalmannschaft. In den darauffolgenden vier Jahren legte Ben Yedder pro Saison konstant 16 Treffer und fünf Assists auf, die den Gameiro-Ersatz-suchenden FC Sevilla und andere Klubs aufmerksam machten.

"Er hätte zu Arsenal gehen können, einem der besten Teams", erklärte Toulouse-Coach Pascal Dupraz gegenüber Estadio Deportivo. "Aber auch Sevilla ist ein großer Verein und ich denke, die spanische Liga ist perfekt für ihn, da er ein technisch versierter und offensiv eingestellter Spieler ist." Es scheint, als ob er Recht behalten sollte.

Von einer Skizze zum Gemälde?

"Ben Yedder beginnt das zu machen, was das Team von ihm braucht und das freut mich sehr für ihn", sagte Sevillas Trainer, Jorge Sampaoli, nach dem Spiel gegen Real Sociedad am vergangenen Samstag. Wettbewerbsübergreifend verbuchte Ben Yedder bereits 15 Treffer. Noch beeindruckender: Zehn davon erzielte er in den letzten acht Pflichtspieleinsätzen. Mit dem Hattrick gegen Sociedad sorgte er dafür, dass Sevilla vor dem großen FC Barcelona als Tabellenzweiter in die wichtigste Woche des Jahres startet

Am Donnerstag (ab 21.15 Uhr live auf DAZN) und am Sonntag (ab 20.45 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER) tritt Sevilla gegen Zinedine Zidane und Real Madrid an. Überraschen wird Ben Yedder den Trainer der Königlichen mit seinen ungewöhnlichen Fähigkeiten wohl kaum, denn auch in Zidanes Werdegang hatte der Futsal bereits früh einen Platz. Das Bild, das Reals Verteidigung vom Stürmer hat, dürfte nach dessen Acht-Minuten-Einsatz im Hinspiel dagegen einer Skizze gleichen.

Dies wird sich voraussichtlich schon am Donnerstagabend, spätestens am Wochenende ändern. Auf seinen formstärksten Stürmer wird Sampaoli keinesfalls verzichten wollen, auch wenn sich Ben Yedder mit der nächsten guten Leistung noch tiefer in das Rampenlicht der ganz Großen spielen könnte. Vielleicht wird so auch Didier Deschamps aufmerksam. Einen Spieler, der in Frankreich für die A-Nationalmannschaft im Futsal und im Fußball aufgelaufen ist, gab es noch nie.

Wissam Ben Yedder im Steckbrief

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