Mehr Ähnlichkeiten als gewünscht

Schlüsselfiguren: Ronaldo auf Seiten Reals, Sergio Busquets und Neymar bei Enriques Barca
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Der letztjährige Clasico brachte allerdings noch mehr Erkenntnisse ein. Real Madrid und der FC Barcelona müssen sich nicht zwingend eine Schlacht zwischen Ballbesitzfußball (Barcelona) und Konterfußball (Real) liefern. Schon zu seinem Amtsantritt sprach Zidane seine Idee von einem gepflegten eigenen Positionsspiel und sicherem Spielaufbau an und hat dies bisher auch stets forciert.

Auch am Wochenende wird Real wieder weniger Ballbesitzzeiten haben als der FC Barcelona. Doch die Königlichen sind sicher im Spielaufbau bis hinein ins zweite Drittel und werden somit auch den ein oder anderen Angriff vom eigenen Abstoß aus starten. Hier setzt der französische Trainer am Seitenrand vor allem auf eine zahlreiche Besetzung im Aufbau.

Oft halten sich die Außenverteidiger mit Vorstößen zurück, das 4-3-3 wird etwas anders interpretiert als beim FC Barcelona, es ähnelt mehr einem 4-2-1-3 und hat damit einen Mann mehr im Spielaufbau zur Verfügung. Gegen Atletico Madrid zeigten die Königlichen hier durchaus eine Stärke, wechselten mehrfach die Seiten, spielten die Stürmer der Rojiblancos geschickt aus und brachten die Bälle somit zu ihren Stürmern.

Kombinieren und Isolieren

Das funktioniert ohne den verletzten Toni Kroos nicht ganz reibungslos, war aber zumindest gegen Atletico kein Hindernis. Immer wieder war ein Muster zu erkennen, dass Zidane auch in anderen Partien einbringt. Dadurch, dass seine beiden Starspieler Ronaldo und Bale nicht in engen Räumen sondern in geöffneten Spielsituationen ihre Stärke haben, setzte er oft auf das Prinzip Kombinieren & Isolieren.

Der Zehner im Spiel Reals stellt auf einer Seite Überzahl her, während der Rest des Teams nahe an den Ball heranschiebt. Einzig der ballferne Flügelspieler, meist Bale, bleibt breit und bekommt so Pass für Pass mehr Raum. Ein plötzlicher Seitenwechsel kann den Waliser dann auf die Reise schicken und eventuell in eine gefährliche Eins-gegen-Eins-Situation am gegnerischen Strafraum bringen.

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Mit Karim Benzema könnte das noch verstärkt werden, ist der Franzose doch sehr beweglich und fällt gerne tiefer. Dann schiebt Ronaldo auf und das Team kann leicht Überzahl herstellen. Alles in allem muss jedoch festgehalten werden, dass bei Real Madrid im letzten Drittel kaum Interaktion stattfindet. Während Barcelona über kurze Pässe kommt, spielt sich Madrid auf einer Seite fest und wechselt diese dann, um Richtung Tor zu marschieren.

MSN wie BBC?

Dabei bleibt der Zehnerraum meist unbesetzt, beziehungsweise wird genutzt, um den Weg auf die andere Seite zu öffnen. Schnelle Kombinationen vor dem Tor werden kaum gespielt, es spielt sich mehr alles ohne Ronaldo und Bale auf den Seiten und in den Halbräumen ab, um diese zu isolieren und schließlich gewinnbringend einzusetzen.

Der FC Barcelona wird hier Probleme in seinem hohen Anlaufen gegen die numerische Überzahl in Reals erster Aufbaulinie haben. Auch bei den Katalanen gilt es anschließend, die Außenverteidiger im Eins-gegen-Eins abzusichern und schnell zum Doppeln herauszurücken. Und auch hier wird sich der Trainer fragen müssen, wie viele seiner Offensivspieler er für die Defensive opfert.

Zuletzt fuhr Enrique gut damit, ganz MSN von defensiven Aufgaben zu befreien. Damit rückte der Gegner kaum auf und das Trio konnte seine Konter ausspielen. Ob das auch gegen Madrid zu empfehlen ist, ist zumindest fraglich. Einerseits können die wichtigen Außenverteidiger gebunden werden, andererseits ist das Mittelfeld mit Luka Modric, Mateo Kovacic oder Isco deutlich besser als das der meisten bisherigen Gegner.

Ähnlichkeit nicht zu leugnen

Wer vor einiger Zeit davon gesprochen hätte, dass der FC Barcelona und Real Madrid sich binnen kurzer Zeit in ihrer Spielweise sehr ähneln würden, der wäre wohl für verrückt erklärt worden. Tatsächlich sind die Ähnlichkeiten aber nicht mehr von der Hand zu weisen. Beide Teams verfügen über einen sicheren Spielaufbau und gehen bevorzugt den Weg über die Flügel.

Beide versuchen, ihre Einzelkönner in den bestmöglichen Situationen einzusetzen und draus Gewinn zu ziehen. Sie beide lauern gerne mit zwei oder mehr Spielern auf Konter nach gegnerischem Ballbesitz und stellen ihre Gegner mit individueller Qualität vor weitreichenden Fragen im Defensivkonzept. Doch letztlich werden die wenigen Unterschiede im kommenden Clasico entscheidend sein.

Während Barcelona vor dem Tor enge Kombinationen sucht, setzt Real Madrid diese lieber dezentral ein und verlagert dann schnell die Seite. Während Real über eine starke Besetzung der ersten Reihen ihr Spiel aufzieht, schiebt Barca mehr Spieler in die Höhe und setzt auf seine ballsicheren Innenverteidiger und Marc-Andre ter Stegen. Und dann wären da ja noch die X-Faktoren Lionel Messi und Cristiano Ronaldo.