Aus den Trümmern des Größenwahns

Von Daniel Reimann
Verstöße gegen Financial Fairplay: Der FC Malaga darf diese Saison nicht am Europacup teilnehmen
© getty

Scheich Abdullah bin Nasser Al Thani wollte mit dem FC Malaga die Liga aufmischen. Doch nach kurzer Zeit wandte er sich vom Verein ab - und hinterließ einen Scherbenhaufen. Nun rettet Bernd Schuster, was noch zu retten ist - mit einem neuen Erfolgsrezept.

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Es sollte nicht weniger als ein riesiger Sportkomplex werden. Ein neues Stadion für 65.000 Zuschauer. Ein eigenes Nachwuchsleistungszentrum nach dem Modell der berühmten La Masia. Trainingsplätze auf einer Fläche von zwölf Hektar. Scheich Abdullah bin Nasser Al Thani hatte große Pläne, als er im Juni 2010 den FC Malaga übernahm.

Auch in die erste Mannschaft wurde investiert. Schuldentilgung auf einen Schlag. Star-Verpflichtungen. Der FC Malaga sollte die drittstärkste Kraft der Primera Division werden. Scheich Abdullah bin Nasser Al Thani prophezeite eine glorreiche Zukunft.

Gut zwei Jahre später wich der Größenwahn der Lustlosigkeit. Urplötzlich drehte der Scheich den Geldhahn zu. Ohne Ankündigung oder erkennbaren Grund. Seitdem kämpft Malaga ums Überleben.

Dramatische Etatkürzung und schwerwiegende Abgänge

Die unmittelbaren Folgen trafen den Verein ins Mark: Die Andalusier konnten Gehälter und Ablösesummen nicht mehr rechtzeitig zahlen. Die UEFA reagierte und legte dem Klub wegen Verstößen gegen das Financial Fairplay eine einjährige Europacup-Sperre auf.

Doch die langfristigen Folgen wiegen noch schwerer: Der Etat für die aktuelle Spielzeit wurde von 100 auf 40 Millionen Euro gesenkt. Trainer Manuel Pellegrini ging zu den noch immer zahlungskräftigen Citizens nach Manchester, Stars wie Isco, Jeremy Toulalan oder Joaquin mussten den Verein verlassen.

Und all die ehrgeizigen, nachhaltigen Bauprojekte? Keines davon wurde bis heute realisiert. Malaga stand im Sommer vor einem Scherbenhaufen.

Fünfjahresvertrag für Schuster

Doch zwischen den Trümmern der gescheiterten, wenn auch nach wie vor andauernden Liaison mit Scheich Al Thani wagte der FC Malaga einen mutigen Schritt. Als Erbe von Erfolgscoach Pellegrini, der die Boquerones bis ins Viertelfinale der Champions League geführt hatte, wurde Bernd Schuster verpflichtet.

Schuster, der in den vorhergehenden zwei Jahren keinen Verein trainiert hatte, erhielt einen Fünfjahresvertrag. Selbst er war darüber verblüfft: "Tatsächlich hat es auch mich überrascht, als mir Malaga einen Vertrag über fünf Jahre angeboten hat", gestand er bei seiner offiziellen Vorstellung.

"Sie haben mir klar gemacht, wie die Situation aussieht. Das ist etwas Positives", so Schuster. Vor dem Hintergrund der dramatischen finanziellen Schieflage, der Unberechenbarkeit des Scheichs und einer unklaren Zukunft ein erstaunliches Statement. Nicht viele Trainer hätten der damaligen Situation des FC Malaga Positives abgewinnen können.

Bescheidenheit statt Transferwahn

Doch Schuster akzeptierte die Gegebenheiten. "Ich bin nicht hierhergekommen, um Sonne zu tanken, sondern um die Herausforderung anzunehmen", zeigte er sich kämpferisch. Seither predigt er Bescheidenheit und versucht, dem über die Jahre zuvor eingekehrten Größenwahn entgegenzuwirken.

Er selbst kassiert beispielsweise "nur" eine halbe Million Euro im Jahr. Was für Normalverdiener nach einem Wunschtraum klingt, ist verglichen mit dem Salär seines Vorgängers beinahe lächerlich gering: Pellegrini soll diese Summe jeden Monat erhalten haben.

Auch in Sachen Transfers herrschen mittlerweile andere Zustände in Malaga. Während Pellegrini zwei Jahre zuvor noch mit einem 60 Millionen Euro schweren Budget den Markt sondieren durfte, nahm Schuster lediglich 3,6 Millionen für Neuzugänge in die Hand.

An Stelle fertiger Stars oder heißbegehrter Youngster holte er eine Handvoll unbekannter Talente. Mehr war nicht drin. Schuster waren finanziell die Hände gebunden. Ihm blieb nichts anderes übrig, als aufrichtig um Geduld zu bitten: "Wir haben sehr junge, hungrige Spieler geholt. Aber sie müssen reifen und brauchen Geduld." Schuster macht seine Transfers nicht größer, als sie sind. Die Zeit der Luftschlösser ist Geschichte.

"Ich hatte ohnehin mit null Punkten gerechnet"

Das wurde spätestens nach dem Saisonstart deutlich: Schusters generalüberholte Truppe holte nur einen Punkt aus den ersten drei Spielen - doch die Trauer darüber hielt sich in Grenzen. Einerseits, weil die Gegner Barcelona, Valencia und Sevilla hießen. Andererseits, so gab Schuster offen zu, hatte er "ohnehin mit null Punkten aus den ersten drei Spielen gerechnet".

Eine mutige, wenn auch ehrlich Einschätzung. Eine, die im Gegensatz zum Größenwahn der vergangenen Jahre steht. Auch auf Platz 17 blieb Schuster realistisch und erbat sich mehr Zeit: "Das schöne Spiel kommt noch, ohne jeden Zweifel. Aber zuallererst müssen wir kompakt verteidigen."

Gesagt, getan. Fünf Spiele später liegt Malaga auf Rang zehn und stellt sogar die drittbeste Abwehr der Liga - was Schuster abermals verblüffte: "Das überrascht mich ein wenig. Wir haben eine komplett neue Abwehr mit Ausnahme von Jesus Gamez."

Diese wird am kommenden Spieltag auf eine weitere, harte Prüfung gestellt. Am Samstag gastiert Malaga bei Real Madrid (16 Uhr im LIVE-TICKER) - wo die Andalusier noch nie ein Ligaspiel gewinnen konnten. Real Madrid, hinter dem man sich noch vor wenigen Jahren als dritte Kraft Spaniens einordnen wollte. Doch dieser Traum liegt vorerst auf Eis. Unter Schuster werden bescheidenere Ziele formuliert: "Hoffentlich kann ich die fünf Jahre bleiben, für die ich unterschrieben habe. Das würde bedeuten, dass alles gut gelaufen ist."

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