Die Drecksau schlug zu

Von Jochen Tittmar
Nach dem Pokalsieg küsst Real-Keeper Iker Casillas die Göttin Kybele auf der Plaza de la Cibeles
© Getty

Real Madrid hat erstmals seit 1993 wieder die Copa del Rey gewonnen. Trainer Jose Mourinho fand ein Rezept, wie man die Kreise des übermächtig erscheinenden FC Barcelona einengen kann. Die Trophäe stand bei der anschließenden Feier nur kurze Zeit im Mittelpunkt.

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Irgendwann mitten in der Madrider Nacht, gegen 4.30 Uhr, war es wieder soweit. Die Real-Fans hatten dank des 1:0-Finalsiegs in der Copa del Rey gegen den Rivalen aus Barcelona endlich wieder einen Grund, sich an der Plaza de la Cibeles zu versammeln.

Dort treffen sich Anhänger und Mannschaft traditionell zur ausgelassenen Feier von Titelgewinnen. Zuletzt war dies 2008 der Fall. Wenn es nach dem Selbstverständnis der Königlichen geht, ist dies ein gefühltes halbes Jahrhundert her.

"Real Madrid verliert nie den Mut"

Keeper Iker Casillas, der sein Team wenige Stunden zuvor mit mehreren Weltklasseparaden durch die Partie rettete, machte es zu dieser vorgerückten Stunde seinem ehemaligen Mannschaftskollegen Raul anno 2008 gleich.

Casillas legte der Statue der phyrgischen Göttin Kybele einen Real-Schal um und küsste die feine Dame. "Real Madrid verliert nie den Mut. Nach zwei komplizierten Jahren ist es eine Erleichterung, die Copa del Rey zu gewinnen. Wir haben bewiesen, dass wir jeden schlagen können", sagte Casillas im Freudentaumel.

Die Fans, die davon sangen, dass an einem solch schönen Tag nur noch die Anwesenheit Rauls fehlen würde, waren aus dem Häuschen.

Ramos lässt Pokal fallen

18 lange Jahre dauerte es, bis die Madrilenen wieder den Pokal in die Höhe recken durften. Sergio Ramos fehlte dabei offensichtlich die Übung. Wie einst Schalke-Manager Rudi Assauer ließ der Rechtsverteidiger die 15 Kilo schwere Trophäe plumpsen - allerdings vom Dach des offenen Busses, der das Ding dann auch noch ein paar Meter mitschleifte (zum VIDEO).

Nach Angaben des Radiosenders "Cadena Ser" mussten mehr als zehn Teile von der Straße aufgesammelt werden. Wie schwer der Pokal beschädigt wurde, ist nicht bekannt, jedoch konnte er den Fans nicht weiter präsentiert werden. "Er ist gefallen, aber er ist okay", sagte Ramos.

Gefallen ist am Mittwochabend auch der FC Barcelona. Seit Ewigkeiten schaffte es Barca nicht, zwei Mal in Folge gegen den gleichen Gegner zu gewinnen.

Barca ist doch zu besiegen

Regisseur Xavi fasste das Spiel aus Sicht der Katalanen kurz und prägnant zusammen: "In der ersten Halbzeit fanden wir nicht zu unserem Spiel, nach der Pause haben wir sie von unserem Tor ferngehalten und das Spiel diktiert. Am Ende haben sie dann den entscheidenden Stich gesetzt."

Diese Analyse ist soweit richtig. Die wichtige Botschaft, die die gesamte Fußballwelt aus dem Aufeinandertreffen ziehen wird, ist allerdings die, dass man Barcas Spiel doch verteidigen und sie letztlich tatsächlich besiegen kann.

Das Team von Jose Mourinho hatte in der laufenden Saison die nun dritte Möglichkeit, gegen die Blaugrana anzutreten. Seine Mannschaft machte dabei eine taktische Entwicklung durch, die allen kommenden Barca-Gegnern Hoffnung machen könnte.

Di Maria gibt den Eto'o

Beim 0:5-Debakel im Liga-Hinspiel beging Mourinho noch den Fehler, sein Ensemble mitspielen zu lassen und legte es letztlich auf eine Art offenen Schlagabtausch an. Da der am Ende gehörig in die Hose ging, verordnete der Portugiese seiner Mannschaft beim Rückspiel am vergangenen Wochenende eine recht defensive Grundordnung, die durch drei defensive Mittelfeldspieler die Räume vor dem eigenen Sechzehner sehr verengte und Barca kaum Platz bot, um sich bis in die gefährliche Zone vorzuspielen.

Dieses Mittel, garniert mit einer höheren Sicherheit bei eigenem Ballbesitz und mentaler Entschlossenheit, konnte man nun auch im Pokalfinale beobachten. Wie schon in der Vorsaison bei den Champions-League-Duellen mit Inter Mailand und "Linksverteidiger" Samuel Eto'o war es diesmal Angel di Maria, den Mourinho quasi als fünften Verteidiger einbaute und damit auch das Flügelspiel der Katalanen wesentlich behinderte.

Mourinho: "Ein Titel, der Ruhe beschert"

Unter dem Strich steht die Tatsache, dass es Mourinhos Elf mit dieser Ausrichtung und natürlich auch einer Portion Spielglück gelang, in 210 Minuten gegen Barcelona nur ein Elfmetertor hinnehmen zu müssen. Pep Guardiola besann sich darauf, seine Mannschaft wie üblich agieren zu lassen und setzte kein explizites Gegenmittel gegen Mourinhos Taktik ein.

Der "Special One", der ein ausgeglichenes Spiel sah, baute seine Erfolgsserie damit ein weiteres Stück aus: "Ich bin mit mir zufrieden, denn ich habe jetzt in vier verschiedenen Ländern (Portugal, England, Italien, Spanien, Anm. d. Red.) den nationalen Pokal gewonnen. Der Titel gebührt aber nicht mir, er gebührt allen. Es ist ein Titel, der mir mehr Ruhe beschert."

Siegtorschütze Cristiano Ronaldo gab die warmen Worte an den Coach zurück: "Mourinho hat einen sehr positiven Einfluss auf uns. Er hat uns sehr geholfen, seine positive Energie hat uns auf dem Spielfeld angesteckt."

Alves: "Der Fußball ist eine Drecksau"

Der ausgecoachte Guardiola musste dagegen einsehen: "Wer gewinnt, hat Recht. Wir haben eine sehr gute zweite Halbzeit und eine sehr gute Verlängerung gespielt. Wir sehen ja noch, wie die Saison endet."

Kommende Woche hat Barcelona in der Königklasse die Möglichkeit, sich direkt für die Niederlage zu revanchieren. Für den Moment ist die Gemütslage bei den Katalanen aber erst noch so, wie es Dani Alves drastisch umschrieb: "Der Fußball ist eine Drecksau."

Barcelona - Real: Daten und Fakten

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