Parma Calcio zurück in der Serie A: Aufstieg, Manipulationsskandal, Minuspunkte

Von Christoph Franz
Parma Calcio droht nach dem Durchmarsch von der vierten Liga zurück in die Serie A wegen möglicher Spielmanipulation der bittere Weg zurück in die Serie B
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Parma Calcio drohte nach dem Durchmarsch von der vierten Liga zurück in die Serie A (ab Freitag live auf DAZN) wegen möglicher Spielmanipulation der bittere Weg zurück in die Serie B. Doch der italienische Verband blieb gnädig und verhängte lediglich einen Punktabzug für die kommende Saison. Es war nicht der einzige Skandal des einstigen Europapokalsiegers in den vergangenen Jahren.

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19 Jahre ist es her, dass ein Fußballklub aus Parma zuletzt den UEFA Cup gewann. Im Finale gegen Olympique Marseille standen für den AC Parma unter anderem Gianluigi Buffon, Fabio Cannavaro, Lilian Thuram und Hernan Crespo auf dem Platz. Letzterer leitete mit dem 1:0 den 3:0-Erfolg gegen den französischen Topklub ein.

Mit einem zusätzlichen vierten Platz in der Serie A und dem Gewinn des italienischen Pokals war dies die erfolgreichste Spielzeit der Vereinsgeschichte. Was in den nächsten zwei Jahrzehnten folgte, waren keine Erfolgsgeschichten mehr - sondern eine Achterbahnfahrt.

Die erfolgreiche Zeit hielt gerade einmal bis zum Sommer 2004. Dann kam der gewaltige Knall: Der Geldgeber Parmalat meldete Insolvenz an. Es drohte der komplette Niedergang des Vereins, nur dank eines Gesetzes konnte sich der Klub aus der Konkursmasse von Parmalat lösen und so unter Gläubigerschutz gestellt werden. Unter dem neuen Namen FC Parma ging der Verein weiter in der Serie A an den Start.

Buffon, Crespo und Co.: Die bekanntesten Spieler von Parma

SpielerPositionZeitraum
Gianluigi BuffonTorwart1995-2001
Fabio CannavaroAbwehr1995-2002
Lilian ThuramAbwehr1996-2001
Juan Sebastian VeronMittelfeld1998-1999
AdrianoAngriff2002-2004
Marcio AmorosoAngriff1999-2001
Hernan CrespoAngriff1996-2002 und 2010-2012
Alberto GilardinoAngriff2002-2005
Adrian MutuAngriff2002-2003
Johann MicoudAngriff2000-2002

FC Parma: Hunderte Leihspieler und Ausschluss von der Europa League

Lange war es daraufhin ruhig um das "neue" Parma, doch das nächste Problem folgte 2009 mit der Verpflichtung von Geschäftsführer Pietro Leonardi. Der Italiener wendete bereits in seiner Zeit bei Udinese Calcio ein ungewöhnliches Transferkonzept an. Er kaufte eine Vielzahl von Spielern (2013 nahm Parma 166 neue Profis unter Vertrag), verlieh den Großteil wieder weiter, um sie später gewinnbringend zu verkaufen. "Wenn wir mit 30 bis 40 Prozent unserer Einkäufe richtig liegen, ist das für uns ein großer Erfolg", sagte Leonardi damals. Zunächst sah auch alles danach aus.

Doch 2014 suchten die Fans den FC Parma auf der Liste der Vereine mit UEFA-Lizenz vergeblich, obwohl sich die Italiener sportlich für die Europa League qualifiziert hatten. Das Problem: Es gab ausstehende Steuergelder, die für die Gehälter der Leihspieler geltend gemacht wurden. Die UEFA bestrafte den Klub mit dem Ausschluss von europäischen Wettbewerben.

Parma: Lizenzentzug durch die UEFA

Präsident Tommaso Ghirardi reagierte mit Unverständnis und trat zurück: "Ich habe die Nase voll. Nie wieder Fußball!" Erneut stellte sich Parma zum Verkauf, schließlich warteten die Spieler seit Juli 2014 auf ihre Gehälter. Doch das scheint in Italien Usus zu sein. "Wenn in Italien die Gehälter ausbleiben, für einen, zwei oder sogar drei Monate ist das noch kein Grund, sich Sorgen zu machen. Der Präsident wird schon bezahlen, irgendwann", sagte Ben Gladwell, Italien-Korrespondent bei ESPN.

Nach zwei Panikverkäufen des Klubs blieb der UEFA aber nichts anderes übrig, als dem bankrotten Verein die Lizenz zu entziehen. Für Gladwell war es gar nicht überraschend, dass der Lizenzentzug erst durch die UEFA erfolgte. Der italienische Verband neigt dazu, die "Dinge einfach zu akzeptieren, wie sie sind. Man weiß, die Zustände sind nicht perfekt, hofft aber stets, dass es sich schon irgendwie finden werde", sagte Gladwell.

Selbst die Medien kehren das Problem unter den Teppich. Sie hätten schlichtweg kein Interesse daran, "unter diesen ganzen aufeinanderfolgenden Skandalen ein Schema erkennen zu lassen", schrieb Italien-Experte Kai Tippmann auf seinem Blog altravita.com.

Und die Fans? Für sie ist es kein "so großer Gau, wie er etwa in Deutschland wahrgenommen wird. Die große Mehrheit der Vereine hat teils schon ein Dutzend 'Neugründungen' hinter sich, jedes Jahr gehen acht bis zehn Vereine pleite. Andere werden etwa wegen Betrugs in den Amateursport verschoben", sagte Tippmann.

Neustart als Parma Calcio in der vierten Liga

Der Verein gründete sich wieder mal neu und hieß ab dem 30. Juni 2015 Parma Calcio 1913. Durch den Lizenzentzug musste der Klub allerdings den Weg in den Amateurbereich antreten. In Italien also in die vierte Liga.

Nur drei Jahre später durfte aber wieder gejubelt werden: Nach dem grandiosen Durchmarsch kehrte der Fußballklub aus Parma in die Serie A zurück. "Vor drei Jahren haben sie uns für tot erklärt, sie haben sich geirrt", schrieb der Klub nach dem Triumph auf Twitter.

Doch wenige Wochen vor dem Saisonstart trübte der nächste Skandal die Stimmung. Dem Verein wurde vorgeworfen, eine versuchte Einflussnahme auf den Ausgang des letzten Saisonspiels vorgenommen zu haben.

Der Ankläger forderte einen Zwei-Punkte-Abzug für die vergangene Serie-B-Saison, was den Nicht-Aufstieg bedeutet hätte. Denn erst am letzten Spieltag sicherte sich Parma mit einem 2:0-Auswärtserfolg bei Spezia Calcio den Aufstieg als Tabellenzweiter der Serie B.

Grund für die Vorwürfe waren WhatsApp-Nachrichten des Stürmers Emanuele Calaio. Er soll seinen ehemaligen Mitspielern - Calaio spielte zwischen 2015 und 2016 für Spezia Calcio - gebeten haben, zurückhaltender zu spielen. Spezia verschoss in dieser Partie einen Elfmeter beim Stand von 1:0 für Parma. Der Schütze: Ex-Parma-Spieler Alberto Gilardino.

Parma Calcio: Punktabzug für die kommende Saison

Calaio sagte in mehreren Interviews, dass die Nachrichten nur Spaß gewesen seien. Doch das schien unglaubwürdig - und ein Nicht-Aufstieg war plötzlich eine realistische Option. Doch nicht in Italien. Denn "die Presse und die Offiziellen kehren letztendlich alle neuen Skandale unter den Tisch", sagte Tippmann bereits 2015. Und so kam es auch.

Parma Calcio darf in der kommenden Saison in der Serie A starten, muss aber mit fünf Minuspunkten die neue Spielzeit angehen. Eine vergleichsweise milde Strafe bei einer angeblichen Spielmanipulation. Lediglich der Stürmer Calaio wird die Nachrichten bitter bereuen, denn der 36-Jährige erhielt eine Sperre von zwei Jahren.

Parma profitiert also von den Gegebenheiten im italienischen Profifußball sowie in den Medien. Und so wird der Klub beim ersten Heimspiel gegen Udinese Calcio erneut den Versuch wagen, ein Verein mit Ruhe und ohne Skandale zu werden.

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