Ein Cholo, der keiner sein will

Von Pascal De Marco
Giovanni Simeone wechselte im vergangenen Sommer in die Serie A
© getty

Vor 27 Jahren startete Diego Pablo Simeone das Abenteuer Europa in der Serie A. Im vergangenen Sommer tat es ihm Sohn Giovanni gleich, der nun beim CFC Genua die ersten Schritte geht, um das von Erfolg getragene und stets wachsende Erbe seines Vaters anzutreten. Trotz der gewöhnlich schwierigen Adaptionsphase südamerikanischer Talente war der Beginn seiner Reise ungewöhnlich erfolgreich. Als nächstes nimmt sich der beste Torjäger Liguriens der Mammutaufgabe SSC Napoli (ab 20.45 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER) an.

Cookie-Einstellungen

Egal ob als Spieler oder als Trainer, "Cholo" arbeitet kontinuierlich an seiner Legende. Sowohl die spanische als auch die italienische Meisterschaft konnte Diego Pablo Simeone als Akteur in seinem Trophäenschrank platzieren. In seiner Zeit bei Inter Mailand gewann er den UEFA-Pokal.

Heute, als Entrenador del Club Atletico de Madrid, ist der 46-Jährige nicht weniger erfolgreich. Der Gewinn der spanischen Meisterschaft und der Europa League stechen aus seiner bisherigen Amtszeit beim Arbeiterverein aus der Hauptstadt sicherlich am meisten heraus. Zwei Champions-League-Trophäen wurden den Rojiblancos unter der Führung Simeones in letzter Sekunde aus der Hand gerissen.

Die Fußstapfen, die der "Cholo" seit Anfang der Neunziger Jahre in Europas Fußballwelt hinterlässt, scheinen immer größer zu werden.

Seit Sommer 2016 ist er aber nicht mehr der einzige seines Clans, der fernab der Heimat Buenos Aires von sich reden macht. Im August vergangenen Jahres wechselte sein Sohn Giovanni Pablo Simeone zum CFC Genua. Er startete sein Abenteuer Europa wie auch Vater Diego 27 Jahre vorher in der italienischen Serie A.

Die Chance Olympia - genutzt!

Seine Ausbildung genoss Giovanni seit dem 13. Lebensjahr beim argentinischen Spitzenverein River Plate. Trainer auf der Bank der ersten Mannschaft der Millonarios damals: Vater Diego. Länger als das Familienoberhaupt allerdings, das seinen Stint nach acht Monaten auf der Trainerbank wieder abbrach, blieb der Junior bei River.

Genießen durfte er das Klima dort es jedoch nicht nur aufgrund seines Nachnamens. Das Talent des Angreifers beförderte ihn in die erste Mannschaft, in Argentiniens U20-Auswahl, in der er in zwölf Spielen gleich zehnmal traf, und später sogar zu drei Olympiaauftritten in Rio.

Es war eben jene Bühne Olympia und weniger das vorherige Leihengagement bei Atletico Banfield, auf der Giovanni Simeone nachhaltig für ein Engagement in Europa warb. Und dann schlug er CFC Genua zu, für rund fünf Millionen Euro. Kein billiges Investment, das der neunmalige italienische Meister aber keineswegs bereuen sollte.

Erlebe die Serie A Live und auf Abruf auf DAZN. Hol Dir jetzt Deinen Gratismonat

Wie Vater und ein bisschen mehr

Seit seiner Ankunft weiß Genuas neue Nummer neun zu überzeugen und die Zuschauer im Stadio Luigi Ferraris mit eben jenen Fähigkeiten zu begeistern, die Vater Diego schon in die maroden Stadien des Landes transportierte: Die Gier, sich in jeden Zweikampf zu werfen. Der Hunger nach Erfolg und die brennende Leidenschaft für das Spiel.

Es waren diese Eigenschaften, die seinem Vater Diego in frühen Jahren den Spitznamen "Cholo" einbrachten. Ein eigentlich abwertender Begriff, der in Südamerika für Menschen indigener Abstammung verwendet wird. Schon mit 14 Jahren ähnelte seine Spielweise aber der seines Namensvetters Carmelo Simeone so sehr, dass für Jugendcoach Victorio Spinetto der Vergleich auf der Hand lag. Denn auch Carmelos Spitzname war "Cholo".

Dementsprechend problemlos sollte sich später auch die Neuschöpfung des Rufnamens für einen weiteren Simeone bilden. Aus dem "Cholo" wurde schlichtweg "Cholito" - der Spitzname Giovanni Simeones. Über diesen ist der 21-Jährige allerdings nicht sonderlich glücklich. "Ich möchte nur Giovanni Simeone genannt werden und nicht anders", sagt der Gaucho, der in Italiens höchster Spielklasse das klare Ziel hat, sich einen eigenen Namen zu machen.

"Es liegt in unserem Blut!"

Nach etwas mehr als einem halben Jahr ist er auf dem besten Weg dazu. Denn anders als sein Vater ist Giovanni ein waschechter Stürmer und hat neben seinen genetisch bedingten Kämpferfähigkeiten auch die Qualität mit nach Genua gebracht, Tore zu schießen. Elf Mal hat er bereits genetzt in seinen bisherigen 22 Einsätzen.

Die bisherige Krönung war der doppelte Torerfolg gegen Serienmeister Juventus Turin. "Als ich vor dem Spiel mit meinem Vater gesprochen hatte, sagte er mir, das er sicher sei, dass ich treffe, da es im Blut der Simeones liegt", erzählte Giovanni danach über das Telefonat mit Vater Diego vor dem bemerkenswerten 3:1-Erfolg.

Lerne von Costa, Torres und Falcao

Spätestens dieser Meilenstein bescherte der Medienwelt ein fiktives Bild vom potenziellen Trainer-Sohn-Duo Diego und Giovanni. Nachdem Spekulationen über eine baldige Rückkehr des Vaters nach dessen Vertragsablauf bei Atleti 2018 zu Inter Mailand lauter wurden, war es für einige Journalisten klar, dass sein Sohn folgen würde.

Dieser Fiktion allerdings schob Giovanni jüngst einen Riegel vor. Die Geschichte sei "erfunden" und Vater Diego ist bei Atletico Madrid ohnehin "sehr glücklich". Es gibt also keinen Grund, Dinge zu überstürzen. Das weiß Giovanni, so wie es auch Diego Simeone weiß.

Dieser empfahl dem Sohnemann übrigens das Videomaterial seiner ehemaligen Schützlinge Diego Costa, Fernando Torres und Radamel Falcao zu studieren. "Es gibt viele Spieler, von denen ich mir etwas abschauen kann. Jeder hat andere Fähigkeiten und in jeder Woche versuche ich von einem anderen zu lernen", erklärt Giovanni, der außerdem über die Tipps seines Vaters aufklärt: "Er hat mir schon immer gesagt, dass man in diesem Sport stets hart arbeiten muss um Neues zu lernen und sich zu verbessern. Diesem Rat folge ich, denn ich weiß, dass es der richtige Weg ist."

Ganz offensichtlich hält er sich daran, denn auch Genua-Trainer Ivan Juric schwärmt angesprochen auf seinen besten Stürmer euphorisch von "unglaublichem Hunger" und "großer Lust zu arbeiten". Es erinnert eben doch an den "Cholo". Am Ende des Tages jedoch "möchte ich nur Giovanni Simeone genannt werden und nicht anders".

Giovanni Simeone im Steckbrief

Artikel und Videos zum Thema