Die Rückkehr des verlorenen Sohnes

Von Johannes Heiming
Bei Ciro Immobile (M.) ist nach seiner Rückkehr nach Turin das Lachen zurück
© getty

Ciro Immobile hat nach seinem Abschied aus Italien weder in Dortmund noch in Sevilla sein Glück gefunden und ist nach eineinhalb Jahren zurück beim FC Turin. Dort will er wieder erfolgreich Fußball spielen und auch neben dem Platz glücklich werden. Spiel eins nach seiner Rückkehr macht Hoffnung auf ein Happyend.

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"Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein. Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern; denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden", heißt es bei Lukas, Kapitel 15, Vers 31.

Auch Ciro Immobile wird dieses Zitat vermutlich kennen. Es stammt aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn. Häufig bemüht, passt der Text aus dem Evangelium des Lukas auch auf die Geschichte des 25-jährigen Italieners.

Voller Hoffnung auf eine große Karriere wechselte Immobile im Sommer 2014 vom FC Turin zu Borussia Dortmund. Doch dort kam er weder sportlich noch menschlich richtig an. Zehn Tore in 34 Spielen waren zu wenig für die Ansprüche der Borussia und die Äußerungen des Italieners nach seinem Abgang nach Spanien haben gezeigt, dass es ihm nie gelungen war, in Dortmund Fuß zu fassen.

Doch auch beim FC Sevilla fand Immobile nicht sein Glück und so ist seit Mitte Januar auch das Kapitel Spanien für den Stürmer nach nur einem halben Jahr wieder beendet. Fast unvermeidlich musste auf diese schwierige Zeit die Rückkehr in eine vertraute Umgebung folgen. Für Immobile ging es dahin, wo die Reise begann, zum FC Turin. Und dort empfing man ihn mit offenen Armen.

Acht Minuten bis zum ersten Tor

Und weil der Fußball gerne besondere Geschichten schreibt, dauerte es genau acht Minuten bis Immobile den ersten Treffer für seinen alten und neuen Klub erzielte. Zwar nur vom Elfmeterpunkt, aber das ist unwichtig. Wenig später bereitete er das 2:1 durch Andrea Belotti vor und hatte so maßgeblichen Anteil am Sieg gegen Frosinone. Es war der erste Liga-Erfolg für Turin nach fast zwei Monaten.

Seitdem sind drei Wochen vergangen. Ein weiterer Treffer gelang Immobile zwar nicht mehr, aber sowohl gegen Sassuolo als auch gegen den AC Florenz und Hellas Verona stand der Stürmer in der Startelf und hat jetzt schon mehr Einsatzzeit gesammelt, als in der gesamten Halbserie der Primera Division beim FC Sevilla.

Doch warum gelang es dem Italiener auch in Spanien nicht, an die Leistung anzuknüpfen, die ihn einst überhaupt auf den Zettel von Borussia Dortmund brachte? Nach der enttäuschenden Zeit beim BVB waren wohl beide Seiten froh, das sich mit dem FC Sevilla ein Verein fand, der Immobile eine neue Chance geben wollte. Zunächst ausgeliehen, absolvierte Immobile fünf Liga-Einsätze für Sevilla und so gingen die Transferrechte für elf Millionen Euro nach Spanien.

"Ich habe sehr gelitten"

Zumindest neben dem Platz schien Immobile sich in Spanien deutlich wohler zu fühlen als im Ruhrgebiet. "Ich habe in Deutschland sehr gelitten. Wir haben keine Hilfe bekommen, ich nicht und meine Familie auch nicht", sagte der 25-Jährige der spanischen Zeitung El Pais nach seinem Abschied aus Deutschland.

Immobile und seine Frau Jessica waren darum bemüht, über die sozialen Medien zu zeigen, dass in Spanien alles anders sei. Fotos mit der Familie am Strand und vom Essen mit den Mannschaftskollegen, etwas was er in Dortmund arg vermisste, machten die Runde. Mehr Schein als Sein? Auch in Sevilla gelang es Immobile nicht, sich richtig in die Mannschaft zu integrieren und El Pais schrieb "Immobile wirkt angespannt und verkrampft."

Zudem gelang dem Italiener sportlich auch in Sevilla nicht der Durchbruch. Im Gegenteil: Im Vergleich zu seiner Zeit beim BVB verlief das Intermezzo in Spanien fast noch enttäuschender. In der Liga kam Immobile in acht von 19 möglichen Spielen zum Einsatz und brachte es insgesamt auf nur 334 Minuten Spielzeit. Wirklich in Erinnerung bleibt nur der Treffer zum 1:1 im November gegen den damaligen Tabellenführer Real Madrid.

Immobile als Fremdkörper

Als Nachfolger von Carlos Bacca nach Sevilla gekommen, musste sich Immobile zumeist hinter Fernando Llorente oder Kevin Gameiro anstellen. Die Probleme blieben dieselben wie in Dortmund: Immobile gelang es nicht, sich an das Spielsystem anzupassen und wirkte oft wie ein Fremdkörper.

Durch die schwachen Auftritte, in denen es dem Stürmer außerdem an der nötigen Torgefahr mangelte, die ihn einst auszeichnete, geriet er auch in der italienischen Nationalmannschaft ins Hintertreffen. Immobile wurde von Antonio Conte für die beiden Spiele im November nicht nominiert. Eine Tatsache, die den Stürmer im Hinblick auf die anstehende EM natürlich beunruhigt haben dürfte.

Doch jetzt soll alles besser werden. "Ich habe die letzten Spiele verpasst, aber es ist normal, dass ich da nicht nominiert wurde. Du musst konstante Leistungen für deinen Klub bringen und in Turin habe ich die Möglichkeit zu spielen und Tore zu schießen. Das steigert meine Chancen auf die Europameisterschaft", sagte Immobile kurz nach seiner Rückkehr nach Italien.

In Sevilla hofft man nun, dass in Turin wieder der "alte" Immobile zum Vorschein kommt. Denn das würde die Chancen erhöhen, den zurzeit nur verliehenen Stürmer für einen akzeptablen Preis wieder zu verkaufen.

"Enthusiasmus und frische Mentalität"

Und nach den ersten Wochen besteht in der Tat die Hoffnung, dass Immobile an seine erfolgreiche Zeit anknüpfen kann. Nach dem Sieg gegen Frosinone sagte sein Trainer Giampiero Ventura: "Immobile hat nicht nur seine Fähigkeiten sondern auch Enthusiasmus und eine frische Mentalität ins Team gebracht. Er arbeitet für die Mannschaft und ist auch im Abschluss stark."

Würde Immobiles Name nicht im Zusammenhang mit dem Steuer-Skandal, der derzeit Italien erschüttert, auftauchen, die Geschichte wäre perfekt. Vielleicht aber auch schon zu perfekt.

Im Rahmen der Pressekonferenz anlässlich seiner Rückkehr widmete Immobile einen ganz besonderen Dank seinem Präsidenten, Urbano Cairo, "der mich immer wie einen Sohn behandelt hat."

Und zu einem Sohn, das lehrt nicht zuletzt eingangs zitiertes Gleichnis, steht man und unterstützt ihn. In guten wie in schlechten Zeiten.

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