"In München keine Chance bekommen"

Von Matthias Faidt
Leistungsträger: Auch dank Roberto Soriano spielt Sampdoria eine starke Saison.
© getty

Mit 19 verließ der Italiener den FC Bayern. Heute ist der Nationalspieler Italiens. Im SPOX-Interview spricht Soriano über fehlende Perspektive in München, ein Abendessen mit Luca Toni und verrät die Vorzüge der stets kritisierten Serie A.

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SPOX: Roberto, Sie haben als Jugendlicher beim FC Bayern vorgespielt. Erinnern Sie sich noch an den Tag?

Roberto Soriano: Ja natürlich, das war ein ganz aufregender Tag für mich. Meine ganze Familie war dabei und ich war etwas ängstlich. Aber der Trainer sagte mir gleich zu Beginn, dass ich ruhig bleiben solle. Sie wollten mich gleich mehrere Tage in München beobachten, um zu sehen, ob ich ins Team passe.

SPOX: Letztlich klappte der Wechsel und sie spielten insgesamt vier Jahre für Jugendabteilung des FCB. Damals hat Sie sogar Luca Toni zum Essen eingeladen.

Soriano: Ja, das stimmt. Mann, war ich da aufgeregt, ich habe kein Wort herausgebracht. Zum Glück war mein Berater dabei, der Luca schon kannte und uns deshalb bekannt machen wollte. Den Abend werde ich nie vergessen.

SPOX: Sie trainierten beispielsweise unter Stephan Beckenbauer und Hermann Gerland. Ihre Meinung zu ihnen?

Soriano: Um ehrlich zu sein habe ich vor allem unter Stephan Beckenbauer trainiert und viel gelernt. Hermann Gerland war damals Trainer der 2. Mannschaft und wir trainierten manchmal zusammen. Beckenbauer ist ein hervorragender Coach, der ein sehr gutes Klima im Team erreicht hat. Das hat uns in Kombination mit viel Arbeit auch die Meisterschaft gebracht.

SPOX: Im Jahr 2009 begründeten Sie Ihren Abschied recht offensiv und warfen dem FC Bayern mangelndes Vertrauen in Sie vor. Hätten Sie im Rückblick nicht länger auf Ihre Chance warten sollen?

Soriano: Nicht wirklich. Damals trainierten die jungen Spieler nie zusammen mit den Profis, sie bekamen keine Chance. Als ich dann das Angebot von Sampdoria bekommen habe, wusste ich sofort, dass ich es annehmen werde. Sie wollten mich für das Profiteam und ich habe mich gut entwickelt. Sechs Monate danach wurde Louis van Gaal Trainer und seitdem trainieren auch die jungen Spieler häufiger bei den Profis mit. Ich freue mich für meine damaligen Mitspieler, die dadurch ihre Chance bekommen haben. Für mich war der Wechsel nach Genua aber genau die richtige Wahl.

SPOX: Nicola Sansone spielte früher in München und jetzt für Sassuolo. Haben Sie sich häufiger beraten?

Soriano: Ich erinnere mich noch, dass mir Nicola damals zum Abschied alles Gute gewünscht hat. Man hat seine Fähigkeiten früh gesehen und wir waren auch danach regelmäßig in Kontakt. Wir haben dann zusammen in der Serie B wichtige Erfahrung gesammelt. Wir sind wirklich gute Freunde und ich freue mich sehr über seine starke Entwicklung.

SPOX: Als vorläufigen Höhepunkt Ihrer starken Entwicklung berief Sie Antonio Conte ins Nationalteam. Was war das für ein Gefühl?

Soriano: Jeder Italiener träumt davon, für die Azzurri aufzulaufen. Meine Freunde kamen extra nach Mailand um das Spiel zu sehen. Sie fragten mich auch, ob ich es überhaupt glauben könne. In diesem Moment ist ein Traum wahrgeworden und es motiviert mich unglaublich, jedes Wochenende alles zu geben.

SPOX: Mit Verratti und Marchisio ist die Konkurrenz aber nicht gerade klein.

Soriano: Die Nominierung ziegt mir, dass Conte mich schätzt. Natürlich haben wir großartige Spieler, aber ich hoffe, dass ich im Team bleiben kann. Wenn du mit den besten Spielern arbeitest, bringt dich das sehr weiter.

SPOX: Sie sind in Darmstadt geboren und aufgewachsen, fühlen sich aber als Italiener. Haben Sie nie an eine Karriere im DFB-Team gedacht?

Soriano: Damals in Darmstadt wurde ich mal in eine Regional-Auswahl eingeladen. Wir spielten mehrere Spiele und danach fragten Junioren-Trainer des DFB, ob ich gerne für Deutschland spielen würde. Ich dachte aber nie ernsthaft darüber nach. Ich war zu stolz und wollte für Italien spielen. Die Rivalität zwischen den Nationalteams ist groß und ich freue mich, dass ich mich für Italien entschieden habe.

SPOX: Mittlerweile hat Darmstadt eine gute Entwicklung genommen. Verfolgen Sie das noch?

Soriano: Ja, ich folge Ihnen auf Facebook und bin dadurch gut informiert. In Darmstadt habe ich ohnehin noch viele Bekannte. Es ist wirklich unglaublich, dass sie so knapp vor dem zweiten Aufstieg in Folge stehen. Ich wünsche ihnen, dass sie das schaffen.

SPOX: Ihr Bruder Elia spielt für die Stuttgarter Kickers. Sehen Sie manchmal seine Spiele?

Soriano: Manchmal verfolge ich seine Spiele online. Ich mag seine Art zu spielen. Er ist sehr stark und hat gute Technik. Leider hat er durch seine Verltzung einige Monate verpasst. Trotzdem spielt er eine starke Saison.

SPOX: Trotz diverser Probleme scheint die Seria A nach wie vor eine attraktive Liga zu sein. Erst im Winter kamen mit Podolski und Shaqiri zwei große Namen nach Italien. Wie sehen Sie das?

Soriano: Es wird immer gesagt, dass die Liga jährlich schlechter wird. Ich finde aber, dass das Niveau steigt. Das zeigt auch der Blick auf die neuen Spieler. Ich denke, dass weitere große Spieler folgen werden und ich freue mich über jeden von ihnen. Natürlich hat die Bundesliga mit den vollen Stadien auch viel zu bieten, aber auch im taktischen Spiel der Seria A können junge Spieler sehr viel lernen.

SPOX: Sampdoria spielte vor drei jahren noch in der Serie B und kämpft jetzt um die internationalen Plätze. Wie erklären Sie diese Entwicklung?

Soriano: Das hängt eng mit unserem Trainer Sinisa Mihajlovic zusammen. Er ist sehr entschlossen und will immer Erfolg haben. Die starke Entwicklung spricht für ihn und wir können ihm total vertrauen. Das macht uns so stark.

SPOX: Dazu haben Sie mit Samuel Eto'o einen echten Hochkaräter verpflichtet. Was ist Ihr Eindruck von ihm?

Soriano: Er hat sich hier sofort gut eingelebt und toll ins Team eingefügt. Wenn er Ratschläge gibt, hört das ganze Team zu. Ich bin mir sicher, dass wir viel von ihm profitieren werden.

Roberto Soriano im Steckbrief