"Mario weckt den Hunger nach Erfolg"

Von Interview: Jochen Tittmar
Marvin Compper wechselte vergangenen Winter von Hoffenheim in die schöne Toskana
© getty
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SPOX: Was ist denn genau passiert, als Sie erfahren haben, beim damaligen Rückrundenauftakt gegen Gladbach nicht für die Startformation berücksichtigt zu sein?

Compper: Von Beginn der Wintervorbereitung an hatte ich das ganz klare Gefühl, dass künftig nicht mehr auf mich gebaut wird. Das hatte sich durch den Rückrundenstart bestätigt. Die Sachlage war, dass ich noch ein halbes Jahr Vertrag hatte. Es kam dann das Angebot des AC Florenz herein, einem aufstrebenden Verein. In der Situation, in der ich mich damals befand, war das für mich einfach eine riesige Chance und dazu die Aussicht auf Besserung meiner persönlichen Lage. Ich bin daraufhin hinter geschlossenen Türen auf die Verantwortlichen zugegangen, ohne jeglichen Druck auszuüben.

SPOX: Dann hing der Wechsel aber doch mehr mit der Chance Florenz zusammen als mit der kolportierten Geschichte, Sie könnten sich nicht mehr motivieren?

Compper: Klar. Zumal ich ja ein paar Monate später sowieso ablösefrei gewechselt wäre, da nicht mehr auf mich gesetzt wurde. Ich hatte eine saubere Lösung angestrebt. Es ist natürlich auch emotionaler geworden, weil sich der Verein am Anfang quergestellt hatte. Die Argumentation war, dass meine Sicht der Dinge nicht stimmen würde. Ich habe das aber wie erwähnt vollkommen anders wahrgenommen und daher für mich bereits die Entscheidung getroffen. Ich möchte das nun auch abhaken. Hoffenheim hat zum Glück die Klasse gehalten und ich bin glücklich bei meinem neuen Verein.

SPOX: Wie weh hat es Ihnen aber getan, vom Boulevard als "Lustlos-Profi" tituliert zu werden?

Compper: Ich bin alles, aber kein Lustlos-Profi (lacht). Gegen Kritik bin ich eigentlich relativ robust. Daher fühle ich in solchen Situationen nicht den Zwang, unbedingt alle Leute durch neue Aussagen vom Gegenteil der Berichterstattung überzeugen zu müssen - nur, um mein eigenes Gefühl zu befriedigen, dass ich da meinen Senf dazu gegeben habe. Was mir vielmehr wehgetan hat war, dass Menschen, die mich gut kennen, von diesen Meldungen irritiert waren und ich ihnen dann erst erklären musste, wie das alles abgelaufen ist.

SPOX: Ihr letztes halbes Jahr in Hoffenheim war das schwerste, das der Verein und Sie durchleben mussten. Markus Babbel ging, Andreas Müller kam, auf Frank Kramer folgte Marco Kurz als Chefcoach. Wie schwer ist es in einer solchen Situation, eine Mannschaft auf eine gemeinsame Linie zu bringen?

Compper: Das ist ganz und gar nicht einfach. Es war nicht zu viel unterschiedlicher Input, sondern es hat eben mehrfach in Folge das glückliche Händchen bei den jeweiligen Verpflichtungen gefehlt. Umso höher ist die Leistung von Markus Gisdol einzuordnen, der offensichtlich die richtigen Ansätze gefunden hat, um der Truppe zu helfen. Damit hatte ja niemand mehr gerechnet.

SPOX: Die besten Jahre erlebte Hoffenheim zweifelsohne unter Ralf Rangnick. Wieso war er der erfolgreichste Trainer im Kraichgau?

Compper: Natürlich war das Projekt an sich damals gerade für junge Spieler sehr attraktiv, aber es war vor allem das Scouting, das unter Rangnick besser war. Viele Spieler, die er holte, haben sich ja sensationell entwickelt. Es ist dazu auch deutlich einfacher, nach oben zu kommen, als sich dauerhaft oben zu halten.

SPOX: Was hat sich verändert, als Rangnick nicht mehr Trainer war?

Compper: Nach Rangnick hat sich durch die vielen Trainerwechsel der Stil der Mannschaft verändert. Durch die Chemie innerhalb des Kaders oder die Philosophien der einzelnen Trainer konnte das Team einfach nicht mehr die Qualität auf den Platz bringen, die im Kader durchaus schlummerte.

SPOX: Sie sind Hoffenheims erster Nationalspieler geworden, als Sie Ende 2008 in Berlin gegen England (1:2) das bislang einzige Mal in Ihrer Karriere im DFB-Team aufgelaufen sind. Schielen Sie intensiv Richtung Nationalelf oder denken Sie, dass dieser Zug für Sie bereits abgefahren ist?

Compper: Der letzte Kontakt mit dem Bundestrainer liegt schon ein paar Jahre zurück. Die Nationalelf ist derzeit natürlich nicht mein Thema. Ich möchte mir in Italien einen Namen machen, das steht aktuell an erster Stelle. In den Vorjahren waren meine Leistungen und die des Vereins nicht so, als dass sie eine Nominierung gerechtfertigt hätten. Ich denke, dass ich stark genug bin, mich auf höchstem Niveau - in Florenz spiele ich nun auch international - dauerhaft zu beweisen. Erst dann könnte ich auch wieder ein Thema für den DFB werden. Ich möchte kein One-Hit-Wonder mit nur einem einzigen Länderspiel bleiben, diesen Anspruch habe ich an mich.

Marvin Compper im Steckbrief