Diego: "Del Piero ist eine Inspiration"

Von Interview: Florian Bogner
Diego wechselte für 24,5 Millionen Euro von Werder Bremen zu Juventus Turin
© Getty

In der Bundesliga begeisterte Diego drei Jahre lang die Fans mit Dribblings und Traumtoren. Nach seinem Wechsel zu Juventus Turin knüpft er in der Serie A an seine Leistungen an. Im SPOX-Interview spricht der Brasilianer über den hohen Erwartungsdruck bei Juve und erklärt, warum er nicht zum Champions-League-Gegner Bayern München wechselte. Für 2010 peilt der 24-Jährige ein großes Ziel an. Auch eine Rückkehr in die Bundesliga schließt Diego nicht aus.

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SPOX: Wie geht es Ihnen in Turin, fühlen Sie sich schon heimisch?

Diego: Mir geht es hier sehr gut, ich bin glücklich. Ich hatte einen sehr guten Start bei Juventus und die Fans geben mir dafür sehr viel zurück. Der Kontakt zu meinen Mitspielern ist gut, ich habe bereits ein eigenes Haus bezogen und schnell Anschluss gefunden. So langsam fühle ich mich richtig zu Hause.

SPOX: Was waren Ihre ersten Eindrücke von der Stadt?

Diego: Ich mag das Wetter und diesen ganz speziellen italienischen Humor. Die Leute hier sind so freundlich und offen. Die Sprache ist nicht so schwer zu lernen wie deutsch, das macht die Kommunikation für mich einfacher. Juventus ist ein großer Klub, Turin ist eine schöne Stadt - ich bin sicher, dass ich für mich und meine Karriere die richtige Wahl getroffen habe.

SPOX: Wie hat Sie die Mannschaft aufgenommen?

Diego: Sehr warmherzig. Ich finde hier beste Bedingungen vor, die Ausrichtung des Trainers lässt mir viel Spielraum für mein Spiel. Ich musste meinen Stil nicht verändern und kann die Dinge mit einbringen, die ich in Bremen gelernt habe. Nur muss ich noch mehr über Taktik lernen.

SPOX: Sie tragen die Rückennummer 28. Warum?

Diego: Ich finde, das ist eine schöne Zahl. Aus 2 und 8 ergibt sich in der Addition die 10, also die Nummer, die ich sonst immer getragen habe. Außerdem habe ich an einem 28. im Februar Geburtstag.

SPOX: Vermissen Sie Bremen schon?

Diego: Natürlich. Bremen ist eine wirklich lebenswerte Stadt und ich hatte dort drei wunderschöne Jahre.

SPOX: Sind Sie noch mit einigen ehemaligen Mitspielern in Kontakt?

Diego: Ich will mich nicht so sehr mit den Dingen beschäftigen, die ich jetzt nicht mehr habe. Bremen hat ein großes Team und ich hatte gute Freunde und eine tolle Zeit dort. Es werden immer meine Freunde bleiben. An diesem Gefühl ändert sich nichts. Dasselbe gilt für die Fans, die mich immer unterstützt haben. Nur baue ich mir gerade ein neues Leben und eine neue Karriere auf. Ich bin glücklich hier in Turin, die Tifosi sind enthusiastisch und ich darf jetzt für die Mannschaft spielen, von der ich als kleines Kind schon geträumt habe.

SPOX: Mit ein paar Monaten Abstand - welche fünf Worte fallen Ihnen zu Bremen ein?

Diego: Werder. Organisiert. Grau. Historisch. Erinnerungen.

SPOX: Wo liegen die Unterschiede in der Trainingsarbeit in Italien und in Deutschland?

Diego: Es ist noch zu früh, das abschließend zu beurteilen. Ein Unterschied ist sicherlich die Technikarbeit. Aber fragen Sie mich bitte später nochmal dazu.

SPOX: Wir merken es uns. Wie würden Sie Ciro Ferrara beschreiben - es ist seine erste Saison als Cheftrainer und dann gleich bei einem so großen Klub wie Juve...

Diego: Das ist richtig. Aber er hat so viel Potenzial. Er weiß genau, wie er die Spieler anpacken muss, um bei jedem das Maximum herauszukitzeln. Er hat sich sofort um mich gekümmert und mir gleich das Gefühl gegeben, ein Teil der Mannschaft zu sein. Das ist wichtig für einen Spieler, gerade wenn er neu ist. Ich bewundere ihn und kann noch viel von ihm lernen.

SPOX: Bei Juve gibt es die Brasilianer-Achse mit Melo, Diego und Amauri. Hilft so etwas auch bei der Integration?

Diego: Natürlich sind einem seine Landsleute sehr nahe, auch bei der Eingewöhnung. Das fängt beim gemeinsamen kulturellen Hintergrund an und hört bei der Sprache auf. Aber so langsam lerne ich auch den Rest der Mannschaft außerhalb des Platzes immer besser kennen.

SPOX: Wie sind Ihre Eindrücke von Mister Juventus, Alessandro Del Piero?

Diego: Er ist eine Inspiration für mich. Ich fühle mich geehrt, mit einem Spieler seiner Klasse zusammenspielen zu dürfen.

SPOX: Sie sind für 24 Millionen Euro nach Turin gewechselt. Ihr Teamkollege aus der Selecao, Kaka, ging für 65 Millionen von Milan zu Real Madrid. Provokant gefragt: Sind Sie wirklich so wenig wert?

Diego: Man sollte das nicht vergleichen. Ich habe meine Wahl getroffen und bin sehr glücklich mit meiner Entscheidung. Der Transfer ist gut für mich, gut für Werder und gut für Juventus. Basta.

SPOX: Ferrara hat wegen Ihnen das System umgestellt und darf sich bestätigt fühlen: "Ich wusste, dass er gut ist. Aber ich wusste nicht, dass er so gut ist", hat er Sie gelobt. Fühlen Sie sich geschmeichelt?

Diego: Ich bin glücklich und motiviert, immer meinen besten Fußball zu zeigen. Es ist natürlich immer schön, so positiv gelobt zu werden. Aber peinlich war mir das nicht. Es war ein Kompliment: Ich übertreffe die Erwartungen, obwohl die schon sehr hoch waren. Also kann ich davon ausgehen, dass ich gute Arbeit abliefere.

SPOX: Hat der Wechsel zu Juve auch Ihre Chancen erhöht, bei der WM im nächsten Jahr dabei zu sein?

Diego: Es ist mein größter Traum, mit Brasilien nächstes Jahr den Titel zu holen. Dafür gebe ich jeden Tag mein Bestes, um in Südafrika auch dabei zu sein. Die Serie A steht international noch mehr im Fokus als die Bundesliga, trotzdem denke ich nicht, dass das ein entscheidender Faktor sein kann.

SPOX: Ihr Mitspieler Melo hat sich für Ihren Einsatz in der Selecao stark gemacht. Aber auf welcher Position eigentlich? Kaka ist im zentralen Mittelfeld unantastbar.

Diego: Ich respektiere jeden Spieler der Selecao. Aber ich glaube auch an mein Potenzial und meine Stärken. Wo mich Carlos Dunga dann auch aufstellt - ich will ein Teil der Mannschaft sein und ich bin mir sicher, dass ich dem Team sehr viel geben kann.

SPOX: Argentinien hat es in letzter Sekunde zur WM geschafft. Ganz ehrlich: Hätten Sie sich gefreut, wenn die Albiceleste sich nicht qualifiziert hätte?

Diego: Die Rivalität lässt sich natürlich nicht leugnen. Aber ich kenne nur ein Ziel: Weltmeister zu werden. Und da sind mir die Gegner auf dem Weg dorthin egal.

SPOX: Wie war Ihre Reaktion, als Juve den Bayern in der Champions League zugelost wurde? Immerhin haben Sie für Werder sehr viele gute Spiele gegen die Bayern gemacht...

Diego: Bayern München hat eine Top-Mannschaft, die für uns eine ganz spezielle Herausforderung ist. Ein harter Gegner in der Gruppenphase. Ich respektiere sie, man hat beim 0:0 in München gesehen, was sie können. Aber im Rückspiel in Turin müssen wir sie schlagen.

SPOX: Wie sehen Sie die ausgeglichene Gruppe?

Diego: Ich hatte keine Zeit, mir alle Spiele komplett anzusehen. Also gestehe ich mir auch keine tiefgründige Analyse zu. Zwischen Bordeaux, den Bayern und uns wird es ein hartes Rennen um die beiden ersten Plätze geben.

SPOX: Ist es nicht Schicksal, dass Sie ausgerechnet den Bayern begegnen? Sie wären beinahe selbst in München gelandet.

Diego: Ich hoffe, mein Schicksal wird es sein, die Bayern in Turin zu bezwingen...

SPOX: Woran lag es, dass Sie in Turin und nicht in München unterschrieben haben? Haben sich die Bayern zu wenig oder zu spät um Sie bemüht?

Diego: Ich habe Juventus schon immer bewundert. Schon als Kind war ich Fan der Alten Dame und habe die Serie A verfolgt. Jetzt bin ich selbst ein Teil dieser Liga und trage das Trikot von Juventus. Für mich ist ein Kindheitstraum endlich wahr geworden. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

SPOX: Können Sie es sich vorstellen, irgendwann auch wieder in die Bundesliga zurückzukehren?

Diego: Mir geht es in Turin blendend. Ich bin gerade erst dabei, hier meine Geschichte fortzuschreiben. Aber wer kann schon wissen, was die Zukunft alles bringt...?

Diego im Steckbrief