Willkommen zur Mourinho-Show

Von Christian Bernhard
inter-mailland
© Getty

München - Anfang Juni feierte Jose Mourinho seinen Einstand bei Inter Mailand und hatte dabei gleich alle Lacher auf seiner Seite.

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Auf die Frage, ob er sich Frank Lampard gut in der Serie A vorstellen könnte, antwortete der Portugiese: "Wieso fragen Sie mich Dinge zu einem Chelsea-Spieler? Ich sage dazu gar nichts, ich bin ja kein pirla." Ein "pirla" ist im Italienischen nicht die weibliche Form von Pirlo, sondern steht für Dummkopf.

Am Tag nach seiner Präsentation schwärmte die gesamte italienische Presse von seiner Schlagfertigkeit und Ironie, die "Gazzetta dello Sport" titelte sogar mit Mourinhos " Pirla-Aussage" und bezeichnete den Portugiesen als legitimen Nachfolger von Inters Trainer-Legende Helenio Herrera.

Der Ball ist bei jeder Trainingseinheit dabei

Es dauerte nur kurz, und Mourinho hatte auch seine neuen Fans und Spieler auf seiner Seite. Zu Tausenden strömten die Interisti zum Trainingslager nach Südtirol und verfolgten in Reischach die Trainingseinheiten von The Special One.

Auf dem Rasen sorgte Mourinho mit neuartigen Trainingsmethoden für Begeisterung bei den Spielern. Sein wichtigstes Credo: Trainiert wird immer mit Ball, auch beim Konditionstraining.

"Das ist unsere Philosophie, denn bei allem Respekt für alle anderen Trainer: Fußball wird mit dem Ball gespielt, deshalb machen wir keine reinen Lauf- und Krafteinheiten", betont Rui Faria, Mourinhos Konditionstrainer.

90 Minuten vor Trainingsbeginn auf dem Platz

Die Inter-Spieler stehen auf ihr "neues" Training. "Die Einheiten gehen viel schneller vorbei", meinte Esteban Cambiasso. Der Brasilianer Maxwell sprach sogar von "wunderschönem" Training.

Mourinho selbst ist bereits 90 Minuten vor Trainingsbeginn auf dem Platz und bereitet die anstehende Einheit minutiös vor. Um der Langeweile vorzubeugen hat er über 200 Übungen auf Lager, keine Trainingseinheit soll so wie die vorherige sein.

Kritik von Trainerkollegen

Das ist die eine Seite des Portugiesen, akribisch, innovativ, konzentriert. Seine selbstverliebte und provozierende Art ist die andere, die ihn oft ins Kreuzfeuer der Kritik bringt.

"Mourinho hat die italienischen Trainer nicht zu belehren. Seine Mannschaft ist eine nahezu perfekte Maschine, da muss man nicht viel ändern", konnte sich Englands Nationaltrainer Fabio Capello einen Seitenhieb auf den 45-jährigen Lebemann nicht verkneifen.

Catania-Trainer und Ex-Inter-Torhüter Walter Zenga schlug in die gleiche Kerbe: "Mourinho tut so, als wären alle anderen Trainer Faulpelze. Jeder Coach verlangt Pünktlichkeit und Präzision, aber wenn er das sagt, wird es gleich als bahnbrechende Neuerung verkauft."

Spitze gegen Klinsmann

Vor dem Testspiel gegen den FC Bayern (1:0-Sieg) machte Mourinhos spitze Zunge auch nicht vor Jürgen Klinsmann halt. Auf einen Vergleich mit Klinsi angesprochen sagte der Portugiese: "Uns kann man so nicht vergleichen. Ich war bereits vor meiner Inter-Zeit erfolgreich, Klinsmann hingegen ist noch jung und muss noch einiges gewinnen."

Trotzdem gibt es Parallelen zwischen Klinsi und Jose. Zum einen haben sie mit ihrer innovativen Art zu trainieren und der entschlossenen Auffassung ihres Berufes ihr neues Umfeld von Beginn an jeweils kräftig durcheinander gewirbelt.

Champions League als Prüfstand

Zum anderen ist ihr Schicksal fest mit der Champions League verknüpft. Besonders jenes von Mourinho. Der Triumph 2004 mit dem FC Porto war sein großer Durchbruch, bei Chelsea musste er gehen, weil er es nicht schaffte, den Pokal zu holen; und den Posten bei Inter bekam er aufgrund des fehlenden Erfolges von Roberto Mancini in der Königsklasse.

Klinsmanns Auftrag ist ebenfalls klar: Die Meisterschaft und der DFB-Pokal sollen her, ein erfolgreiches Abschneiden in der Champions League ist nach einem Jahr Pause für den FC Bayern aber mindestens genauso wichtig. Kurz: Sowohl Klinsmann als auch Mourinho sind zum Siegen verdammt.

Bei der Präsentation der Trikots für die neue Saison sagte Mourinho: "Die Shirts sind sehr schön, aber jetzt müssen wir gewinnen, denn ohne Siege wären sie katastrophal." Einzig und allein daran wird sich der Portugiese messen lassen müssen. Denn ohne Erfolg kann The Special One gerade in Mailand mit seinem Netto-Jahreseinkommen von neun Millionen Euro schnell zum "pirla" werden.

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